2. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Steyr 1974/75
ist als Luftschwingung oder Druckerschwärze, <laß Geist mehr ist als e:in elektrochemischer Vorgang in den Gehirnnervenzellen, daß Liebe mehr ist als ,die Wirkung bestinunter Honnone, und wir müssen das nicht erst be- weisen, sondern wissen es au,s eigener Erfahrung, wenn wir dje Natur und uns selbst nicht nach einzelnen Teils tücken, sondern möglichst ganzheitlich betrachten unrd von unserem eigenen Er-leben (freilich mit allen kritisd1en Vorbehalten) auf solche innere Einhejt auch bei anderen Organismen sd1lie- ßen, und zwar in abnehmendem Maß , je weiter wir von der eigenen OrganJ- sation und menschlichem Bewußtsein weggehen zu immer men5chenferneren Lebewesen hin. Es liegt .aber auch hier eine alte Versudrnng: daß der Verstand, dog- matisd1 auf das Funktionelle besdu·änkt, einzig und ausschließlich ,das ver- soandesmäßig Feststellbare gelten lassen will und eher die Wirklichkeit, statt sich nach i/1r zu riditen, auf das reduziert, was er an ihr nod1 verstehen ka 1111. Er hat ,dann vergessen, daß -seine Betrachtungsweise abstrakt ist, und fixiert seine Ergebnisse sd1on als ,die volle Wahrheit über ,die Natur, die nur noch, ohnehin eine endlose At11fgabe, ,durd1 weitere Inhalte (die jedoch alle, nach der gleichen Betrad1tungsmethode ,behandelt, aud1 in der gleichen Weise abstrakt bleiben) zu vervollständigen sei. Das Wesen ,der Natur tmd des Lebendigen und Geistigen ist aber kein Din.g unter anderen Dü1gen in der Nanir, das man als ein solches beobad1ten könnte, und solange die Betrach- tungsweise nur auf dinghafte Gegenstände abgestellt ist, bleibt aud1 alle Forschung, sei sie noch so weit ausgedehnt oder noch ,so kompliziert oder nod1 so weit ins su'bmikroskopi.sch Kleinste reichend, doch immer an der Oberfläch e der Wirklichkeit und unzureichend, vor allem dann, wenn es darum geht, die konkrete Wirklichkeit des Lebendigen zu erfassen. Die Abstraktion des Verstandes kann jedod1 nicht überwunden werden dadurch, daß man an ,das mithilfe wissensdiaftlidier Erklärungsmodelle ver- standesmäßig Festgestellte nod1 eine Gespensterwelt anschließt (ohnedie,s wiedemm nur Dinge und Gegenstände, allerdings etwas absonderlid1er Art ...) und das Lebendige zusanunenstückt aus Stoff un,d Gespensterseele, welche, als ein lebloses Dirrg gedad1t, Leben nicht erklären kö1mte, urnd als lebendes Ding gedacht, Leben schon voraussetzen wü~de, wodurch die Frage nach ,der Begründung des Lebendigen nur hinausgeschoben wäre; auch nicht dadurch, daß man, sei es als ausgleid1ende Zugabe und Trost für ein schlech- tes Gewissen oder als vollstäJ1digen Ersatz ullld Scheinalternative , den Rück- fall in die Unmittelbarkeit eines inhaltsleeren und ,deshalb bloß schwärme- rischen Gefühls empfiehlt, sondern indem man zumindest die Grenze des Versta11des eiMsieht und durdisdrnut: <laß er bei aller verdienten Anerken- nung der für e:in red1tes Verständnis der Natur notwendigen Erkenntnis inui1er dazu neigt und als Sad1- und Hausversta1td nur dazu imstande ist, dinghafte Gegenstände z.u besd1reiben und das äußere Aufeinanderwirken des einen auf einen anderen, daß er aber gerade deshalb die innere (nid1t aus Gegenständen zusammengesetzte) Einheit von Innerlid1keit als Leben, Seele, Geist und äußerer Erscheinung als leibhaftiger Gestalt nicht zu denken vermag, weil hier innen und außen nicht beide bloß dingh af t-ä ußerlich, son- dern so zu denken sind, daß das Innerliche zugleich als ein Äußerliches und das Äußerliche zugleich als ein Inneruches erscheint und beide Seiten einan- der in der Weise bedingen, daß die eine nJcht wahr gedad1t ist, wenn nid1t die andere zugleich mitgedacht wird. 20
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