2. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Steyr 1974/75

formationiskette macht es den Schülern leicht, auch schwierige Kapitel der Graimmatik (e twa die sprachliche Leistung des Gliedsatzes) in eigener sprach- licher Tätigkeit zu erfassen. Der O b e r f ö r s t e r, e i n h a r t h e r z i g e r M an n, wurde von einem Wilddieb erschossen. + Subjektgrnppe mit nachgetragener Apposition als Attribut Der h a r t h e r z i g e Oberförster wurde .- . . erschossen. + attributiv gebrauchtes Adje'kt,iv Der Oberförster, d e r e i n h a r t h e r z i g e r M a n n w a r, wurde erschossen. + Gliedsatz (Attributsatz.), Entfaltungssatz, Ausbausatz, Einbet- tungssatz (Hs = Trägersatz) Der Oberförster war ein h a r t herziger Mann; daher wurde er . . . erschossen. + Gleichsetzun-gsglied, Satzreihe, Folgerung Der Oberförster war ein hartherziger Mann. Er wurde ... erschossen. + zwei Hauptsätze, Asyndetische Reihe D a d e r Ob e rf ö r S1 t er e 1i n h a r t her z i gier M an n war, wurde er . . . erschc,ts·sen. + Beziehungssatz, Kausalsatz, da = Signalwort. Di e Wahl ,des syntaktischen Aufbaus des Textes bei einem Aufsatz, der von den Schülern im Anschluß an di ese Übung als Hausauf-gabe zu schreiben war, fiel zugunsten der asyndetischen Reihe iaus. Der Ertra·g dieser Haus- übung hat me<ine Erwartungen übertroffen. Die selbsttätige Arbeit in der Werkistatt der Sprache hat die Schüler in den Bann gezogen . Ausblick Es ließen sid1 noch viele Einzelkapitel einer funktionalen Betuachtungsweise der Grammatik erarbeiten. Wichtig wäre eine g,rüllidl,iche Erörterung des deutschen Tempusgebrauchs urnd der Verwendung des Konjunktivs in der Gegenwartsspr-ache ; wichtig wäre auch die Untersuchung der Wo,rtarten in Bezug auf ihre Leistung im Satz umd als sprachliches Bild. All-e diese Erörterungen müssen zur Einsid1t in ,di,e Sprachform der Dichtung, zur Einsicht in d,ie Darste-llungsabsicht eines Textes und zm Schäirfung des eigenen Sprachgebrauchs führen. Düe Beschäftigung mit deutscher Grammatik darf nicht Selbstzweck werden. Sie darf audi nicht nur ,als Übung für die Erlernung einer Fremdsprache aufgefaßt w,erden. Der Umgang mit dem Ma- terial ,des Mediums Sprache muß das Verständnis bringen für die Hgenart der vielen spr,achlichen Formen , denen wir täglich begegnen, amigefangen von moderner Dichtung bis zu den Texten der Massenmedien und der Gesetze. Die Funktionsgrammiatik, die s·ich nicht unbedingt an die Zeilen eines Sprach- buchs fesseln läßt, hat siich das zum Ziel -gesetzt . Vielleicht hilft siie mit, daß trockene Grammatikstunden zum lebendigen Umgang mit -der Sp.rache werden. 15

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