Leopold Arthofer - Geschichte von Garsten

65 des gefallenen Menschengeschlechtes. Auf den gebrochenen Gie¬ beln knien zwei Engelgestalten: der eine mit geschlossenen Fingern scheint um Barmherzigkeit zu bitten, der andere mit ausgebreiteten Armen sagt gleichsam: „Aber Gerechtigkeit muß sein!“ Der dreieinige Gott beschließt die Erlösung durch den Tod des eingeborenen Sohnes, wodurch sowohl der Gerech¬ tigkeit als auch der Barmherzigkeit Genüge geleistet wird. Nun hebt sich der Vorhang und wir sehen Jesus am Kreuze von Reselfeldt, ein Gemälde, das uns umso schöner vor¬ kommt, je länger wir es betrachten. Zwei Engel ober dem Bilde halten das Schweißtuch, der eine weint, der andere zeigt mit dem Finger auf das Kreuz, als wollte er sagen: „So sehr hat Gott die Welt geliebt!“ Ueber dem Altarbild sehen wir die Grablegung und in weiterer Auslegung des Erlösungsgedankens den Abstieg zur Vorhölle und die Auf¬ erstehung. Ringsherum finden wir Medaillons, eines mit der Darstellung, wie die Hohenpriester den Soldaten Geld geben, die anderen mit Szenen aus der Auferstehungsgeschichte Jesu Christi. Die Segnungen der Erlösung teilen sich der Menschheit hauptsächlich im Gottesdienste mit. Darum finden wir als Stukkoornamente liturgische Gegenstände, und zwar in solcher Fülle, daß fast kein liturgisches Gewand oder Gefäß fehlt. So sehen wir Weihwasserkessel, Lichter, Kreuz, Tauf¬ schüssel, Himmel, Vespermantel, Handschuhe, Stola, Rauchsaß, Mitra, Kardinalshut, päpstliche Tiara, Windlichter, Buch, Jah¬ nen, Ampel, Glocken, Ziborium, Meßgewänder, Hirtenstab, Fackeln, Osterkerze, Kanontafeln usw. Das ist die in Kunst gekleidete Idee der Erlösung. Am Altartisch des Kreuzaltares steht eine ungemein innige Pietà aus Steingut, die nach dem einen aus der Gußwerk¬ stätte des Erzbischofs Thiemo von Salzburg, nach anderen aus der Reformationszeit stammt. Rechts und links sehen wir zwei wunderschöne Holz¬ schnitzereien, die unbefleckte Empfängnis in Ahorn von Frater Stadler und die Himmelfahrt Mariä von Frater Ober¬ müller. vier An der Südwand der Sakristei hängen Ent¬ Bilder von Reselfeldt. Das mittlere stellt die hauptung des heiligen Johannes dar, welche auf den grau¬ samen Befehl der Tochter der Herodias hin erfolgte. Das rechte Bild zeigt die Strafe für dieses sittenlose Weib. Links ist die unbefleckte Empfängnis abgebildet. Diese drei Bil¬ der haben leider durch eine unglückliche Farbenauffrischung sehr der gelitten. Unter dem letzteren hängt das vierte Bild, als Leichnam Christi, welches jedes nur etwas geübte Auge Kunstwerk erkennt. Welch eine Plastik des Körpers, welch

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