Leopold Arthofer - Geschichte von Garsten

59 den Besitz der Klosterkirche kamen, ist nicht aufgeklärt. Die Gobelinstickereien haben als Gegenstand einen Bilderzyklus, und zwar wie die meisten vermuten, aus dem Leben Alexander des Großen. Auf der Evangelienseite hängt der größte, zehn Meter lange Gobelin, eine prächtige Gartenanlage mit phanta¬ sievollen, perspektivisch ganz hervorragenden Springbrunnen und Pavillon, belebt und bevölkert von schillernden Vögeln. Aus dem Palaste tritt der jugendliche Alexander mit seiner Braut, einer persischen Königstochter. Der Gobelin ist durch den in der Mitte befindlichen Raum in zwei Teile geteilt; der rechte Teil stellt eine Szene aus dem orientalischen Hof¬ leben dar. Am gegenüber liegenden, ungemein farbenprächtigen Wandteppich schauen wir den Triumphzug Alexanders. Sieg¬ umrauscht, auf einem goldenen Wagen thronend, umgeben von Gefangenen und von Beute tragenden Kriegern hält Ale¬ rander seinen festlichen Einzug in die eroberte Stadt Babylon. Zwischen Sakristeitür und Kommuniongitter ist ein Wand¬ teppich gespannt, der aus drei Teilen besteht. Die beiden kleineren Teile bringen wahrscheinlich Abschiedsszenen anlä߬ lich der Vermählung Alexanders. Der größere Teil, gegen das Schiff gewendet, läßt deutlich die Krönung Alexanders erkennen. Auf dem gegenüberliegenden Gobelin finden zwei Szenen ihre Darstellung: ein reich gewandeter Krieger wird in sterbendem Zustande vor den hoch zu Roß sitzenden Sieger getragen. Angeblich stellt der sterbende Krieger den König Darius dar oder auch den indischen Fürsten Porus. Die zweite wird. Szene zeigt uns einen Jüngling, der zu Tode geschleift Es soll ein Edelknabe sein, der für die Anzettelung einer Verschwörung derart gestraft wurde. Der dem Hochaltar zu¬ nächst hängende Gobelin auf der Evangelienseite führt uns Alexander vor, wie er den hochmütigen Brief des indischen Fürsten Porus liest. Die Garstener Gobelins waren durch die Länge der Zeit schon sehr schadhaft geworden, wie es ja einige noch sind. Es ist ein großes Verdienst des verstorbenen Herrn Pfarrers Sigl, der, kräftig unterstützt von Meister Blümelhuber und vielen anderen Kunstfreunden, die Renovierung der beiden großen Gobelins durch Wiener Künstlerinnen bewerkstelligt hat. In der Advent= und Fastenzeit sind die Gobelins sowie die Altarbilder und Kirchenwände mit gemalten Wandtapeten bekleidet, die wahre Meisterwerke in Entwurf und Aus¬ führung sind. Im Advent führen sie dem Beschauer das Leben Mariens, in der Fastenzeit das Leiden und Sterben Christi vor Augen. Maurus Gordon, der letzte Abt von Garsten, ließ sie durch den Kremser Maler Johann Martin Schmidt verfertigen.

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