Leopold Arthofer - Geschichte von Garsten

25 Um diese Zeit führten die Mönche von Garsten bereits heftige Klagen über die Erpressungen der Vögte. Die Vögte (das Wort Vogt kommt von advocatus und bedeutet so viel wie „Schutzherr“) waren Beamte, die in ihrem zugewiesenen Amts¬ bereich über ihre Untergebenen (Hinterfassen) zur Zeit der damaligen Kaiser die niedrige Gerichtsbarkeit ausübten. Nach dem Willen der Stifter war zwar der Landesfürst selbst der Obervogt über das Kloster Garsten, aber Untervögte waren für die Untertanen des Stiftes nötig, da sich die Mönche selbst in gerichtliche Streitigkeiten nicht einlassen durften und der Abt die Gerichtsbarkeit nur über die Infassen des Klosters hatte. Die Vögte hatten nur die bürgerliche Gerichtsbarkeit zu verwalten, die „peinliche" (über Leben und Tod) hatte ein Adeliger, der mit dem „Blutbann“ belehnt war. Es drängten sich oft mehrere Vögte zugleich in das Klostergebiet ein, er¬ hoben ungerechte Forderungen, hielten längere Zeit Gericht, wozu alle bei Strafe erscheinen mußten, und forderten den nicht geringen Unterhalt für sich und ihr zahlreiches Ge¬ leite von den Gemeinden. Die Ungerechtigkeiten und Ueber¬ griffe dieser Vögte wurden allmählich so groß, daß Syrus und seine Mönche Ottokar erklärten, sie würden, wenn nicht Abhilfe geschaffen werde, das Kloster verlassen und in ruhigere Gegenden ziehen, denn sie könnten den Anblick dieser Gewalt¬ tätigkeiten und Erpressungen nicht mehr ertragen. Wie mächtig die Vögte damals waren, geht daraus hervor, daß Ottokar VII. es auf diese Klagen hin nicht wagte, die Schuldigen zu strafen, sondern nur eine Versammlung seiner Ministerialen und Vasallen einberief, um zu untersuchen, welche Vorschriften früher bezüglich der Vögte gegolten hätten, und die Sache wieder auf den alten Fuß einzurichten. Auf dieser Ver¬ sammlung wurde nun folgendes festgesetzt: Obervogt ist der Landesfürst selbst. Der Untervogt darf nur dreimal im Jahre öffentlich Gericht halten. Die Termine sind jedesmal von Frohnleuten des Abtes zu verkünden. Vom Strafgelde ge¬ hören zwei Drittel dem Kloster, ein Drittel dem Richter. Vergehen der Klosterangehörigen gehören nur vor den Richter¬ stuhl des Abtes. Der Abt ist bei jedem Gerichte des Vogtes Beisitzender. Die Verköstigung des Vogtes und eines kleinen Gefolges wird von den nächstliegenden Bauern übernommen. Das Kloster selbst darf der Vogt nicht betreten, außer um dort zu beten. Die Aufnahme von Untervögten soll der Vogt in Zukunft unterlassen. Ottokar bestätigte alle diese Festlegungen und schaffte auf diese Weise die drückenden Mißbräuche ab. Unter Abt Syrus übergab Bischof Konrad von Passau dem Kloster Garsten den Pfarrzehent von Gaflenz und er¬ 4

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