Der Alpen-Bote vom 23. September 1880

Nr. 76 ____________________ _____________________________ Der Willen-lote. Seite 3 Es wird beschlossen, den Privatankläger wol nicht als Zeugen, aber behufs Aufklärung über seine letzte Bestellung bei Slaina zn vernehmen. . . , A ndreav Hcrs cl) erklärt auf das Bestmimteste, daß er die letzte Bestellung bei Slaina — es war im März d. I. - brieflich gemacht habe. Vertheidiger Dr. Trotz er: Herr Hirsch! Sind Sie berechtiget mit Pretiosen zu handeln? A. Hirsch: Ja wol! Aber nur mit Kikaratiaen Goldsachen. Vertheidiger: Sie sind ja einmal wegen schuldbarer Crida gerichtlich abgcstraft worden? A. Hirsch: Ja. Ich war damals Kaufmann in Gmnnden. Vertheidiger: Sind Sie beim Militär? A. Hirsch: Ja, Landwehrmann. Vertheidiger: Heißen Sie wirklich Hirsch? Haben Sie eine Frau, die Frauciska heißt? Haben Sie drei Kinder? A. Hirsch:, Das ist wol richtig, aber ich heiße nicht Hirsch, sondern „Hiris", seit 12 Jahren nenne id) m ich Hirsch. Vertheidiger weist ein polizeiliches Attest vor, wornach der Privatanklägcr nicht Hirsch, sondern Hiris heißt. Dr. Ha ran t: Sie, Herr Slama! Hat Hirsch zu Ihnen gesagt, er sei Pretiosenhändler und aus Weißcnbach? Angekl. Slama: Ja. Es wird das Verhörs - Protocoll mit Emil Haas vorgelescu; wir geben hiemit dessen Inhalt: Ich habe diesen Artikel aus der Linzer Tagespost entnommen und zwar, weil der geschilderte Vorfall sich in Oberösterreich ereignete. Ich that es nur deßhalb, weil ich glaubte, diese Sache könnte für euren oder den andern Leser interessant sein; dabei dachte ich aber an gar keine bestimmte Person. Ich kenne keinen A. I. Hirsch, Pretiosenhändler aus Weißen- bach, und keinen Hansirer dieses Namens, der in Steyr wohnen sollte; ich kenne anch Niemanden, auf welchen die in diesem Artikel aufgenommenc Personsbeschreibnng paßt und habe überhaupt bei der Ausnahme und Drucklegung dieses Artikels an keine bestimmte Person gedacht. Wie bereits angegeben, habe ich diesen Artikel nicht von Leopold Slama eingeschickt erhalten; mir ist Niemand unter dem Namen Slama bekannt. Der Vorsitzende erklärt das Bcwcisvcrfahren für geschlossen und erklärt, daß sich der Gerichtshof zur Berathung über die Fragestellung znrückzichcn werde. Dr. Harant beantragt, Hiebei auch auf jene Gesetzesstelle Rücksicht zu nehmen, welche anch die Vernachlässigung der pflichtmäßigen Obsorge als strafbar erklärt. Der Gerichtshof zieht sich zurück. Um V» 12 Uhr kehrt der Gerichtshof in den Verhandlungssaal zurück. Dr. Harant bittet um das Wort und führt aus: Während der hohe Gerichtshof mit der Fragestellung beschäftigt war, hat Herr Slama meinem Clienten eine Ehrenerklärung abgegeben: ich ziehe daher gegen Herrn Slama die Anklage zurück und halte sie nur mehr gegen Herrn Emil Haas aufrecht. Der Vorsitzende erklärt sodann die Verhandlung wegen vorgerückter Mittagstunde bis 4 Uhr Nachmittags vertagt. Um 4 Uhr wird die Verhandlung wieder eröffnet und werden die vom Gerichtshöfe beschlossenen Fragen durch den Schriftführer vorgelesen. Dieselben lauten: l. Hauptfrage: Ist der Angeklagte Emil Haas schuldig, daß er als verantwortlicher Redacteur der periodischen Druckschrift „Der Alpenbote" den Artikel mit der Uebcrschrift „Ein Schwindler", beginnend mit den Worten „Ein ungefähr .48jähriger Mann" und endigend mit den Worten „entschiedenes Auftreten", in die am 15. April 1880 erschienene Nummer 30 des genannten Blattes auf- nchmen ließ, und durch den Inhalt des bezeichneten Artikels den Privatanklägcr Andreas Hirsch in einem Druckwerke fälschlich beschuldigt, einen Andern durch listige Vorstellungen oder Handlungen in Irrthum geführt zu haben, wodurch Jemand einen den Betrag von 25 Gnlden übcrsteigenden Schaden erleiden sollte? ll. Frage — Eventualfrage im Falle der Verneinung der 1. Frage: Ist der Angeklagte Emil Haas schuldig, daß er als verantwortlicher Redacteur der periodischen Druckschrift „Der Alpenbote" den in der ersten Frage bezeichneten Artikel in die Nummer 30 des „Alpenboten" vom 15. Llpril 1880 aufuehmen ließ, und in diesem Artikel durch Mittheilung von erdichteten und entstellten Thatsachen den Privatanklägcr Andreas Hirsch namentlich, oder durch auf ihn passende Kennzeichen fälschlich einer bestimmte» unehrenhaften oder solchen unsittttchen Handlung, welche diesen in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabznsctzcn geeignet ist, in einem Druckwerke beschuldigte? III. Frage — Eventualfrage im Falle der Verneinung der 1. und 2. Frage: Ist der Angeklagte Emil Haas schuldig, daß er als verantwortlicher Redacteur der periodischen Druckschrift „Der Alpenbote" den in der l. Frage bezeichneten Artikel in die Nummer 30 des „Alpenboten" vom 15. April 1880 aufuehmen ließ, und burd? diesen Artikel, so weit es sich um die Ausdrücke „Schwindler nnb Betrüger" handelt, ohne Anführung bestimmter Thatsachen den Privatanklägcr Andreas Hirsch namentlich, oder durch auf ihn passende Kennzeichen verächtlicher Eigenschaften oder Gesinnungen in einem Druckwerke zieh? IV. Frage — Eventualfrage im Falle der Verneinung der vorausaehcnden Fragen: Ist der Angeklagte Emil Haas schuldig, als Redacteur der periodischen Druckschrift „Der Alpenbote" jene Aufmerksamkeit vernachlässiget zu haben, bei bereu pflichtmäßigen Anwendung die Aufnahme des in der I. Frage bezeichneten Artikels in die Rnmmcr 30 des „Alpenboten" vom 15. April 1880 unterblieben wäre? V. Frage — Zusatzfrage im Falle der Bejahung der 1V. Frage: Ist durch den vorbezeichneten Artikel der Privatankläger Andreas Hirsch in einem Druckwerke fälschlich eines Verbreche ns, oder, sei es namentlich, oder durch auf ihn passende Kennzeichen eimer bestimmten unehrenhaften oder unsittlichen Handlung, welche die seu in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabznseh cn !geeignet ist, beschuldiget; — oder in eben solcher Weise ohne Ä n- ührung bestimmter Thatsachen verächtlicher Eigenschaften oder (s se innnngen geziehen worden? Nach der Vorlesung der Fragen frägt der Vorsitzende die beiden Parteien, ob sie mit dieser Fragestellung einverstanden sei« m, und als sie dies bejaht hatten, ertheilt er dem Herrn Dr. Haro nt als Vertreter des Privat Anklägers das Wort. Herr Dr. Harant fuhrt aus: „Meine Herren Geschwornen! Sie haben heute vernommen, daß im Alpenboten vom 15. April d.lZ. ein mit ,ein Schwindler' betitelter Artikel erschienen ist, worin e in gewisser A. I. Hirsch beschuldiget wird, daß er ein Schwindler sei, daß er einem gewissen Leopold Slama, Uhrketten - Fabrikanten i ll Wien, Uhrketten herausgeschwindelt, sowie auch andere Pretiosen Händler auf ähnliche Art beschwindelt habe. Diesen Artikel brauch ich ihnen wol nicht erst zn wiederholen, da er ja ohnedies vorge- lesen worden ist. „Meine Herren Geschwornen! Ich weiß von vorueherein, das; von der Vertheidigung die Jdendität des A. I. Hirsch und des Privat-Anklägers A. Hirsch bestritten werden wird, aber Sie werden nicht bezweifeln, daß diese beiden Personen identisch sind. „Damit Sie die Schwere der Beleidigilng. welche meinem Clienten angethan worden ist, ermessen können, bleibt mir nichts Anderes übrig, als Ihnen zu erzählen, was wirklich vorgcgangen ist. Im December v. I. und im Februar d. I. feinste mein Client beim Slama Uhrketten und zahlte gleich per compt-ant. Wie Slama angibt, hat Hirsch einen sehr guten Eindruck auf ihn gemacht lind war nichts naheliegender, als daß es dem Slam.a wünschenswerth I | erschien, mit dem Hirsch in Geschäfts - Verbindung zu trete«. Im I März d. I. bestellte Hirsch bei Slama wieder Uhrketteu — Slama i sagt persönlich, Hirsch brieflich, was sich übrigens gleich bleibt — I 1 genug; es ist über allem Zweifel erhoben, daß die Uhrketten im ! März bestellt worden sind. Weiters ist noch acteumäßig constatirt, | daß Slama dem Hirsch die Uhrketten ohne Nachnahme nach Weißen ; bad) schickte. Hirsch ließ sich die Sendung nach Königswiesen nachsenden und behob sie dort. Auf einmal, am 5. April d. I., geht I Slama in Wien zur Polizei, sagt: ,Hirsch ist ein Schwindler, er ' hat mich betrügen wollen'. Was lag vor? Hirsch hat sich doch gar | nichts Unredliches zu Schulden kommen lassen! Wer nur zwei Monate schuldig bleibt, ist noch kein schlechter Zahler, auch nicht, | wenn er vier Monate schuldig bleibt. Es lag daher keine Ursache vor, den Hirsch einer betrügerischen Handlungsweise zu beschuldigen! „Hirsch hat nun den Herrn Emil Haas in dreifacher Richtung ! wegen Ehrenbeleidigung angeklagt und zwar nach 88 487, 488 und 1 491 St.-G.-Bl. Es erübrigt mir nun nichts Anderes, als Ihnen । diese Gesetzesstcllen zu erklären. 8 487 St.-G.-Bl. sagt: .Einer > Ehrenbeleidigung macht sich schuldig, wer einen Anderen fälschlich eines Verbrechens, olmc daß die Beschuldigung soweit gegau^'n ist, um die zum Verbrechen der Verleumdung erforderlichen Eigeuschasien zu erreichen oder fälschlich eines Vergehens oder einer Uebcrtretung beschuldiget'. Ich frage nun, ob dies nicht dem Hirsch in erster , Linie passirt ist? Er wurde beschuldiget, daß er dem Slama Uhrketten herausgeschwindelt, daß er einen Betrug verübt habe. Emil Haas ist aber in der Beschuldigung noch weiter gegangen, da es im betreffenden Artikel anch heißt, daß Hirsch den Slama um einen Betrag von sechzig Gulden beschwindelt habe. Das hohe Präsidium wird Ihnen sagen, daß derjenige, welcher einen Anderen um einen Betrag über 25 Gulden beschwindelt, ein Verbrechen begeht: Hirsch ist daher eines Verbrechens beschuldiget worden. — 8 488 St.-G.-Bl. sagt: ,Wer auch sonst durch Mittheilung von erdichteten oder enl stellten Thatsachen Jemanden namentlich oder bnvdj auf ihn passende Kennzeichen fälschlich einer bestimmten unehrenhaften oder solchen unsittlichen Handlnng beschuldiget, welche diesen in der öffentlichen Meinung verächtlich zn machen oder herabzusetzen geeignet ist' und 8 491 St.-G.-Bl.: .Ebenso begeht eine Chrenbeleidignug, wer einen Andern öffentlich oder vor mehreren Leuten, in Druckwerken, verbreiteten Schmähschriften oder bildlichen Darstellungen von was immer für Art, es sei namentlich oder durch auf ihn passende Kennzeichen, ohne Anführung bestimmter Thatsachen, verächtlicher Eigenschaften oder Gesinnungen zeiht oder dem öffentlichen Spotte aus setzt.' — Meine Herren! Wenn ich Jemanden einen Schwindler und Betrüger nenne, so zeihe ich ihn denn doch verächtlicher Eigen schalten! Ich bin daher der Ansicht, daß mein Client in dreifacher Richtung beleidigt worden ist, daß Emil Haas sich in dreifacher Richtung des Vergehens der Ehrenbeleidigung schuldig gemacht hat. „Sie, meine Herren Geschwornen, sind davon unterrichtet, ob diese Beschnldignng fälschlich war oder nicht; Sie wissen, daß nicht die entfernteste Idee von einem Betrüge vorhanden war. Der betreffende Artikel begründet daher einmal objectiv jedenfalls den Thatbestand des Vergehens gegen die Sicherheit der Ehre. „Die Einwendungen der Vertheidigung werden sein: „der Privat - Ankläger Hirsch ist nicht jener I. A. Hirsch und dem Redacteur Haas mangelte die Absicht zu beleidigen". Meine Herren! Sehen wir uns einmal die Personsbeschreibnng in jenem Artikel an; sie paßt doch ganz gewiß anf meinen Clienten. Wir haben weiter gehört, daß Hirsch im März d. I. beim Slama Uhr- ketten bestellt hat: Hirsch weiß sehr gut, daß gegen ihn wegen dieser Anzeige des Slama die peinliche Untersuchung eingeleitct worden war. Können Sie noch zweifeln, daß dies ein anderer Hirsch war? Dazu hat uns Slama heute diesen Hirsch als den genannten I. A. Hirsch bezeichnet; Slama hätte wol einen Witz machen nnb sagen können: ,Ja, der Hirsch, welcher bei mir gewesen ist, war ein ganz Anderer'. Eine weit wichtigere Frage ist aber, ob die Vertheidigung des Emil Haas vielleicht die beleidigende Absicht bestreitet! Haas sagt in seinem Verhöre: ,Jch hatte gar keine beleidigende Absicht, ich kenne den Hirsch gar nicht, ich dachte überhaupt nichts dabei, als ich jenen Artikel in dem Alpen-Boten einrücken ließ, ich wollte nur das Publicum warnen'. Diese Verantwortung des Emil Haas ist aber .unrichtig, denn, wenn ich mir dies thun will, so nenne ich nicht den Hainen, sondern sage höchstens ,A. H.'. Glauben Sie, meine Harren Geschwornen, daß ich Einen nicht beleidigen kann, wenn ich ihu nicht kenne? Nehmen Sie an: Ich kenne Ihre Angehörigen gar nicht, aber Sie würden sich doch gewaltig anfhalten, wenn ich etwas Unehrenhaftes über sie sagen würde! — Wenn ich Jemanden einen Schwindler und Betrüger nenne, so mnß ich mir doch dabei denken, daß dieser Jemand wirklich ein Schwindler nnb Betrüger ist; ebenso muß sich Haas gedacht haben, daß Hirsch ein Schwindler ist. Würden Sie, meine Herren Geschwornen, wenn Ihnen dies passirt wäre, es sich so ruhlg haben gefallen lassen? Gewiß nicht! Dann: Hirsch wird im Alpen-Boten, der dort circnlirt, wo er seine Geschäfte ausübt, ein Schwindler und,Betrüger genannt. „Ich bin daher der Ansicht, daß Sie schlechtweg jede dieser Fragen bejahend beantworten können nnd dies auch thnn werden. Der hohe Gerichtshof hat aber für den Fall, daß Ihr Mitleid Grenzen erreichen sollte, die ich wol nicht begreifen würde, noch eine Frage gestellt (Redner verliest die 4. Frage). Wenn nun die Herren der Ansicht sein sollten, daß Haas keine beleidigende Absicht hatte, so werden Sie doch bejahen, daß er die pflichtmäßige Obsorge vernachlässigt nnd den Vater einer Familie ohne allen Grund an den Pranger gestellt hat." Hierauf ergreift der Vertheidiger Herr Dr. Trotzer das Wort: „Meine Herren Geschwornen! Die Privatanklage hat Ihnen das Verhältniß der Bestellung nnd des Bezuges der Goldketten auseinander gesetzt. Dies aber war dem Herrn Emil Haas eine ganz unbekannte Sache. Ich erlaube mir daher, Ihnen den Sachverhalt auseinander zu setzen. Hirsch reete Hiris bestellte im März d. I. beim Goldarbeiter Slaina in Wien eine Uhrkettc. Bezüglich der Bestellung gehen die Aussagen des Slama nnb des Hirsch reete Hiris auseinander; Slama behauptete eine mündliche, Hiris eine schriftliche Bestellung. Uebereiustimmend ist aber, daß die Waare nach Weißenbach bestellt wurde. Slama sagt, Hirsch habe sich als A. I. Hirsch aus Weißenbach im Mühlviertel ansgegebcn und au ihn habe er anch die beiden Goldkelten anfgegeben: mit den beiden Goldketten zugleich habe er auch einen Bries abgeschickt, worin er den Hirsch bat, den Empfang der Waare zn bestätigen. Hirsch ließ sich die Waare von Weißenbach nach Königswiesen nachschickcn, behob |ic sodann in Königswiesen, aber ohne dem Slama eine Empfangs Bestätigung oder das Geld zu senden. Meine Herren! Ich bin wol auch der Ansicht, daß ein Termin von zwei Monaten kein langer ist, daß, wer in zwei Monaten zahlt, noch ein guter Zahler ist.' Aber in diesem Falle paßt diese Auffüllung nicht, denn Hirsch hätte doch, nachdem er die Sendung behoben hatte, dem Slama schreiben können .ich habe die Goldketten erhalten nnd werde, bis zn der und der Zeit zahlen.' Slama schickte einen Brief an Hirsch nach Weißenbach, dann einen zweiten, einen dritten Brief; aber alle diese Briefe kamen zurück mit der Weisung, daß lie unbestellbar seien. Slama fragte sich nun beim Postamte in Weißenbach an nnd es wurde von diesem Postamte nach erfolgter Erknndignug belin Posl amte in Königswiesen dem Slama Mitgetherlt, daß die betreffende Sendung behoben worden sei, aber von wem? wisse man nicht. Slama glaubte sich daher betrogen, ging zur Polizei und machte die Anzeige. Das Polizei Commiffariat Neuban, >vo eben Slama gegen Hirsch die Anzeige erstattet hatte, hat diese Anzeige am 6. April d. I. der k. k. Staatsanwaltschaft in Wien abgetreten nnd zwar mit dem Bemerken, daß die genaue Pcrsous und Thatbeschreibung im Polizei Anzeiger erfolgen werde. Slama war nun angeklagt gewesen, daß e.r jenen Artikel in den Alpenboten gegeben habe; aber durch «lama ist er auf keinen Fall hineulgekommen. Wie aber die Zeitungen zu jener Sache gekommen sind, weiß ich nicht. Entweder haben die Zeitungen den Polizeianzeiger erhalten oder cs hat sich ein Reporter in Wien, wie dies öfters geschieht, jene Anzeige durch untergeordnete Polizeiorgane verschafft. Diese Anzeige kam in mehrere Wiener Blätter, kam dann in die Linzer Tagespost nnd hierauf in den Alpenboten, aber gewiß ohne alles Zuthun des Slama. Der Alpen böte bat diesen Artikel am 15. April, die Linzer Tagespost am 13. April, nnd am 11. April hat das Rene Wiener Jllustrirte Extra blatt einen ähnlichen Artikel gebracht. „Emil Haas wird nun wegen jenes Artikels im Alpenboten von Hiris angeklagt. Bevor ich nun in die Vertheidigung näher cingehe, halte ich Ihnen, meine Herren, den Artikel vor. (Redner citirt den Artikel.) Der Artikel sagt nicht, daß der Privatankläger Andreas Hirsch die Uhrkette bestellt habe, daß er bei einem Gold- arbeiter Uhrketten nnd Pretiosen herausgeschwindelt habe. Der Privatanklägcr stellt sich sohin auf einen ganz falschen Boden; er sagt: .mich hat der Artikel beschuldigt, daß ich auch bei einem andern Goldarbeiter Goldketten herausgeschwindelt habe.' Das aber steht nicht im Artikel; es steht nicht drinnen, daß cs dieser Hirsch war, sondern, daß cs Einer war, der sich für einen Hirsch ausgegeben hat. Nun sagt der Privatanklägcr .ich bin es doch' nnd zwar aus verschiedenen Gründen. .Einmal heiße ich Hirsch!' Nun, meine Herren Geschwornen! Es ist durch ein Attest der hiesigen Polizei constatirt worden, daß er .Hiris' heiße und hat er selbst zugegeben, daß er sich den Namen .Hirsch' nur anmaße; er hat sich daher einfach eines falschen Namens bemächtigt. In jenem Artikel steht aber nicht Hiris, sondern Hirsch; er heißt nicht I. A. Hirsch, auch überhaupt nicht Hirsch, darum paßt der Artikel auch nicht auf ihn. Es sind gewiß Herren aus dem Kanfmannsstande unter Ihnen, die wissen, daß A. I. Hirsch nnb Andreas Hiris nicht dasselbe ist. „Dann sagt der Privatanklägcr ,es kann nur ich gemeint sein, weil die Personsbeschreibnng ganz auf mich paßt. Meine Herren! Wenn nun Sie den Artikel gelesen hätten und der Privat ankläger, ohne daß Sie es wüßten, zufällig vor Ihnen gestanden wäre, so hätten Sie ihn gewiß nicht erkannt. Zn einer solchen Per sousbeschreibnug könnten sich aber Tausende melden. Es heißt in dieser Personsbeschreibnng .ein 38 jähriger Mann', während) Hiris erst .">1 Jahre alt ist. Gerade in diesen Jahren ist das Alter, be sonders bei Männern gnt erkennbar. Meine Herren Geschwornen! Damit will ich aber nicht sagen, daß der Privatanklägcr nicht derselbe sei, welcher die Uhrketten bei Slama bestellt hat. Der Privatanklägcr muß genannt und so beschrieben sein, daß man ihn erkennt, denn sonst kaun er nicht beleidigt sein. Ich bin vollkommen über zeugt, daß Niemand in Stctzr gedacht hat, daß dies der Hansirer Hiris sei. „Meine Herren! Es ist wol kein Zweifel, daß Slaina mir denjenigen bei der Anzeige gemeint hat, welcher die Uhrkette bei ihm bestellt hat. Aber das war für den Redacteur des Alpenboten eine unbekannte Sache, denn derselbe wußte gar nicht, daß hier ein A. Hirsch, reale Hiris existirt, daß ein Slama in Wien existirt, daß Hiris bei Slama Uhrketten bestellt habe; so war es anch jedem Leser unbekannt. Es ist daher geradezu unbegreiflich, wie der Privatankläger diese Beschnldignng anf sich münzen kann. Aber, meine Herren! das ist doch keine Ehrenbeleidigung, wenn die ge meinte Person nicht erkenntlich gemacht worden ist. Diese Personsbeschreibnng paßt anf hundertmal Tausende. Aber wenn Sie schon so weil gehen und meinen würden .der Aanle Hirsch ist doch dabei', so wollen Sie »nr bedenken, daß Hunderte kommen können nnd sagen .ich heiße and) Hirsch und fühle mich durch diesen Artikel beleidigt.' „Also meine Herren Geschwornen! Ich behaupte, daß der Redacteur des Alpenboten Herr Emil Haas sich unmöglich einer strafbaren Handlungsweise hat schuldig machen können, dadurch, daß er jenen Artikel aus der Linzer Tagespost zum Wiederabdrucke ge bracht hat, welcher bereits in verschiedenen Blättern enthalten war, denn er hatte nicht im Entferntesten die Absicht. Jemanden zu kränken; derlei Notizen haben einfach als Warnung für das Publi cnm zn dienen. Haas konnte sohin nicht die Absicht haben, den Privatanklägcr zn kränken; cs fehlt daher die zu jedem Verbrechen und zn jedem Vergehen nöthige .böse Absicht'. Wäre es etwas Strafbares, so müßte Haas die Absicht gehabt haben, wirklich Jemanden zn beleidigen. Meine Herren! Es ist nicht richtig,, daß Haas damals an gar nichts gedacht hat. Wenn dies auch in seiner Aussage vorkommt, so hat Haas damit nur gemeint, er habe einfach an Niemand Bestimmten gedacht, den er beleidigen könnte. „Uebergehend auf die eiuzeluen Fragen, so kann ich Ihnen nnr die Bitte vorlegen, sämmtliche Fragen zn verneinen.Die erste Frage geht dahin (Redner liest die 1. Frage). Meine Herren Ge schwornen! Lesen Sie den Artikel nnd Sie werden sagen, daß der Privatankläger nicht genannt ist; daher hat der Privatankläger kein Recht, die Privatanklage zu erheben. Sollten Sie jedoch annehmen, daß der Privatankläger so bezeichnet war, daß das Publicum ihn erkennen konnte, so müssen Sie diese Frage anch deßhalb verneinen, weil dazu gehören würde, den Privatankläger fälschlich zu beschuldi gen. Aus diesen Gründen müssen ^ie die l. Frage verneinen. Dieselben Gründe liegen auch für die Verneinung der zweiten Frage vor, da ja die vom Gesetze geforderte Absichtllchkcit der fälsch lichen Beschuldigung nicht vorlicgt. Ebendasselbe gilt auch bei der dritten Frage, welche anch schon darum verneint werden mnß, da es darin heißt .ohne Anführung bestimmter Thatsachen'; lesen Sie den Artikel, worin aber bestimmte Thatsachen angeführt werden. Ich bin vollkommen überzeugt, daß, wenn Sie diesen Artikel rubig lesen, Sie sich wundern werben, daß der Privatankläger Andreas Hirsch, reete Hiris sich für jenen Hirsch hält; Sie werden nicht darauf kommen, daß in diesem I. A. Hirsch Jemand den Andreas Hiris hätte erkennen können. Nie ine Herren! Es ist Ihnen auch eine vierte Frage vorgelegt worden, welche dahin lautet, ob >ich denn Emil Haas nicht einer gewissen Nachlässigkeit schuldig gemacht habe, dadurch, daß er durch Aufnahme jenes Artikels jene pflichtmäßige Obsorge verletzt hat, ohne welche der Artikel nicht bineingekommen wäre. Meine' Herren! Wenn ein Redacteur einen geschriebenen Artikel bekommt, so liest er ihn oftmals durch, damit ja gegen Nie «landen etwas Ehrenrühriges darin gesagt wird. Aber in diesem Falle bat Niemand dem Redacteur den Artikel hinterbracht, denn dieser Artikel stand schon in der Linzer Tagespost, welche fast in allen Orten Oberösterreichs ansliegt. Die 1. Frage behandelt eben, ob der Redacteur es au der nothwendigen Aufmerksam keil habe mangeln lassen. Ich sage: .Keineswegs', da dieser Artikel kein geheimer mehr war, sondern bereits ein öffentlicher; die Nummer der Linzer Tagespost, in welcher jener Artikel enthalten ist, war ja schon am 13. April erschienen, und _ bie Linzer Tagespost ist in Stevr sehr verbreitet. Der Redacteur Emil Haas konnte anch eine Beunruhigung nicht erblicken, da die Linzer Tagespost ein viel mehr verbreitetes Blatt ist als der Alpenbote. Er wußte, daß der Redacteur der Liuzer Tagespost Herr Dr. Hinter hölzl sehr gewissenhaft vorgeht, und daß dieser Artikel überhaupt schon int Publicum bekannt war; er konnte daher kein besonderes Bedenken fühlen, dem Artikel Eingang in sein Blatt zu verschaffen. Aber nicht der Alpenbote mib die Linzer Tagespost allein, sondern auch mehrere Wiener Blätter haben nach der Aussage des Redac teurs der Linzer Tagespost Herrn Dr. Hiuterhölzl dielen oder einen ähnlichen Artikel gebracht. Einem jeden Menschen muß doch zuge mulhet werden, daß er jene Aufmerksamkeit anwende, die ihm geziemt. Es zeigt sich, daß der Artikel für Niemanden etwas Auf fälliges enthielt, und es bat spielte ja in dem ganzen Artikel nichts aus Steyr uud seine Umgebung an. Im Artikel ist einfach nur von der Geschichte in Wien die Rede, ivelche sich dann im Mühlviertel weiter ablvickelte. Wie konnte doch der Redacteur des Alpenboten daran denken, das; er hiemit Jemanden beleidige oder verletze? Selbstverständlich ist auch die 5. Frage (Zusatzfrage' zu verneinen, weil in dieser Frage zu entscheiden kommt, ob der Privatankläger Andreas Hiris eines Verbrechens oder sonst einer nnehreuhaften

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2