Der Alpen-Bote vom 23. September 1880

Seite 2 ____________________Der Alpen - Kote.____________________ >?r. 76 II. Section. 4. CasseamlSbcncht Über die Cassegebarung im Juli 1880. 5. CasseamlSbcncht, womit die Jahrcö.Rechuungcn über die Der- mogeuSgcbannig bei den Nlt - Feuzl'scheu und Wolfgaug Pscfferl'schcn Slipcndicn-Stiftnugen pro 1879 jur Ueberprüsung vorgcteqt werden. G. Gesuch dc« Herrn Ferdinand Waldbauer »m Bewilligung, da« von ihm gemiethete Lerschleißgewölbe beim Biirgerspitalc au Herrn Joses Saumwald für den Rest der Miethezeit in Aflerpacht geben zu dürfen. 7. Gesuch der Frau Josesa Bcrgcr, Zuckerbäckerin, um Anweisung cincö neuen VerkausSplatze« beim Theatcr-Eingange. 8. Ersuchschreiben dcö Fest-Ceutral-Comite« dc« Bürgercorpö um Erlassuug der Abfuhr deS für die auSgegebeueu Fesikartcu erzielten Er, löseS an die Stadlcassc. 9. Bericht deS städt. Polizei-CommissörS mit einem Voranschläge der Kosten der Volkszählung pro 1881III. Section. 10. Bericht des siädt. GesangenaufseherS wegen nothwendig gewordenen Adaptirungeu iin städt. Gcfaugenhause behufs Herstellung neuer Arrestlocale. 11. Offerte für Kohlen!ieferuug. In vertraulicher Sitzung: Mittheilungen. (Ernennung.) Der Bürgerschullehrer Herr Franz H o f m a n n in Klügenfurt wurde zum Fachlehrer an der hiesigen Mädchenbürgerschule ernannt. (Zinsertrags «Bekenntnisie.) Diejenigen Hausbesitzer, welche ihre ZinScrtagS-Bekenntnisie pro 1881 noch nicht abgegeben haben, feien hiemit aufmerksam gemacht, dies unverzüglich bei der Gemeinde -Vorstehung Steyr (im Expedit) zu thun, da sie sonst die Verhängung eines Pönalcs zu gewärtigen hätten. (Oberösterreichischer Parteitag.) Wie wir vernehmen, wird von Seite der verfasiuugstreuen Partei bis Mitte October ein oberösterreichischer Parteitag einberufen werden. (Kronprinz Rudolf-Bahn.) Vom I. October an werden liachfolgende Personenzüge des Fahrplanes vom 15. Juni l. I. eingestellt: Die Eilzüge Nr. 111, 12, 312 (Amstctten-Klein-Neifling-Selzthal-Jschl), 311, 1t, 112 (Jschl- Selzthal-Klein-Ncifling-Amstetten), 309 (Attnang-Jschl), die Personenzüge 303 (Attnang-Jschl), 306 (Aussee-Jschl), 312 (Jschl-Attnang), 305 (Jschl- Aussee), 325 (Traimsee- Obertraun), 326 (Obettraun-Ebensee). Außerdem wird der vor Sonn- und Feiertagen bisher voll Anlstetten nad; Waid- hosen verkehrende Zug Nr. 113 am 25. d. M. zum letzten Male verkehren. Dieser Neduction im Verkehre der Personenzüge entsprechend, werden vom 1. October an auch blos bei den Zügen Nr. 304, 305, 310 und 315, beziehungsweise bei den Anschlußzügen der Kaiserin Elisabeth-Bahn Nr. 202/2, 13/213, 204/4, 11/211 directe Personenwagen 1. und 2. Elaste zwischen Wien unb Jschl über Attnang verkehren. Der Verkehr der dirccten Wagen 2. und 3. Classe zwischen Wien und Steyr wird gleichfalls vom 1. October an eingestellt. Durch die ab 1. October erfolgte Einstellung der Südbahnzüge Nr. 417 und 418 finden von diesein Tage an die Nudolfbahn-Züge Nr. 5 und 6 keinen Auschluß in Villach von und nach Franzensfeste und ist auch der bei diesen Zügen bisher stattfindende Verkehr der directen Wagen von, resp, llach Wien eingestellt. (Stenographen-Verein.) Anläßlich des Valets des scheidenden Mitgliedes Herrn Tschernilschek ergab sich die erwünschte Gelegenheit, den Beitritt des hiesigen Steno- graphen-Vereines zum deutschen Schulvereine anzu- regen. Man veranstaltete sofort eine Sammlllng, welche ein erfreuliches Ergebniß brächte. Beiträge von Freunden und Förderern des deutschen Schulvereines nimmt Herr M. Christ, Buchhalter der Traunthaler-Kohlengcwerks-Gesellschast, gegen Bestätigung bereitwilligst entgegen. (Versuchs - Anstalt.) Die vom Landtage bewilligten neuen vier Stipendien für Zöglinge der Eisenw^^ü.ien- Schule in Steyr wurden den Be^^rn Alois Schell- mann aus Steinbach^, Mo'Lackner aus Goisern, Franz H a g e n a u e.V^ug Steyr und Max O r t l e r alls ^U.^ I^Vlig" verliehen. (Von der Gewerbe-Ausstellung.) Demnächst wird in der permanenten Gewerbe - Ausstellung das von den Obmännern des historischen Festzuges dem Herrn Franz Tomitz gespendete Erinnerungsblld zur allgemeinen Besich- tigung ausgestellt. — Bei dieser Gelegenheit machen wir aufmerksam, daß das Blatt des Gedenkbuches der Gewerbe- Ausstellung, auf welches Se. Majestät der Kaiser huldvollst Seinen Allerhöchsten NamenSzug zu zeichneu geruhten, vom Obmanne der Gewerbe-Ausstellung, Herrn Franz Toinitz, mit dem Datum und entsprechender kalligraphischer Einrahmung versehen lassen wurde. — In demselben Buche besinden sich auch die Unterschriften Sr. k. Hoheit deS Erzherzogs Johann und Sr. kaif. Hoheit weiland Erzherzogs Franz Carl, des Vaters unseres allergnädigsten Monarchen. — Dasselbe ist ebenfalls zur Besichtigung ausgestellt. B- (Vom Bürgercorps.) Wie wir nachträglich erfahren, so waren die kleinen Erinnerungsbänder, welche jeder einheimische und sremde Gardist am Festtage, d. i. am 22. Augnft, bekam, eine Spende des Bürger - Corps - Mitgliedes Herrn Schau of sky; ebenso wurden von demselben Herrn die Druck- und Ausstattungskosten der Fahnen - Erinnerungö- bänder aus Eigenem bestellten. (Mcercstaucher.) Wie vor etlichen Jahren der Tapitän Boyton in ganz Denlfchlaud seine Echwimmkiinstc zeigte, so wird nächsten Freitag, Sanistag und Sonntag Nachmittag« 5 Uhr der in wei- ten Kreisen bekannte Taucher Mr. John Kocl hier seine submarinen Arbeiten vorsühren. SUtr. Kork, der drei Jahre hindillch bei der deutschen Torpedo-Abtheilung m Kiel beschäftigt, ebenso längere Jahre in Japan, China, holländ. Ostindien und Amerika an unterseeischen Arbeiten in hervorragender Weise thätig war, wird in der EnnS am Schoppc» Platz inEnnSdors seine Vorstellungen geben. Vermittelst dieses neue- sten Tancher-ApparateS, welcher bei Hebung deö verunglückten großen Curfürsten in Anwendung kommt, kann der Taucher trotz des Gewichte« von 200 Pfund stundenlang unter Wasser verweilen und die manuig- fachsten Arbeiten vornehmen. Da sich die Gelegenheit wol kaum wieder bieten möchte, einem so seltenen Schauspiele in so unmittelbarer Nähe ivieder beiivohnen zn können, versänmen wir nicht, unsere Leser nnf diese belchrenden und interessanten Productionen ganz besonder« aufmerksam zn machen. (Gefunden) wltrde eine lederne Brieslasche, enthaltend Noten, dann ein goldener Ring mit Stein und im Gemeinde- Amte deponirt. (Consiscirt.) Bei einer gestern Vormittags in Eysn- feld vorgenommenen Milchrevision wurden circa 30 Liter als nicht gradhältig consiscirt, und, da selbe doch noch zitm Genusse geeignet waren, unter die Armen im Josef - Lazareth vertheilt. (Verstorbene.) Den 17. September: Carl Schreiner, verehel. Hausbesitzer und Waffenfabriks - Beamter, Badgasie Nr. 3, 59 Jahre alt, Lungenlähmung. Anna Doppler, Messerermeisters-Gattin, Hammerschmiedberg Nr. 1,51 Jahre alt, Schlagflnß. Den 19.: Barbara Schützinger, verehel. Fabriksarbeiters - Gattin, Mehlgrabengasie Nr. 1, 38 Jahre alt, im Krankenhause zu St. Anna, Entartung der Bauch- Organe. Den 20.: Maria Heinrich, Partiesührers-Kind, Mitlergasse Nr. 21, 2 Jahre alt, häutige Bräune. Den 21.: Franz Papsch, Armaturarbeiters-Kind, Gleinkergasse Nr. 16, 1 Monat alt, brandige Asten. Aus dem Herichtssaale. III. S ch w u r g e r i ch t s - S e f f l o n 1880. Pretzprocetz des„Alpen-Koten". Steyr, 20. September. fOrig.-Ber.j Wie schwer es für einen Redacteur ist, ja nirgends anzustoßen, zeigt der heute zur Verhandlung gekommene Schwurgerichtsfall. Der Gerichtshof ist gebildet aus den Herren: k. k. .Preisgerichts- Präsidenten Weismayr als Vorsitzenden, den k. k. Laudesgerichts- rathen Kamptuer und Niedl als Beisitzern, dem k. k. Anscnltauten Stöbuer als Schriftführer. Von den Parteien sind erschienen der Privatankläger A n d r e a s Hirsch, zn Tanbcnbnrg in Kram geboren, 31 Jahre alt, katholisch, verehelicht, Vater von drei Kindern, Hansirer in Steyr, einmal wegen schnldbarer Crida abgestraft, mit seinem Vertreter Herrn Dr. Harant. Von den beiden Angeklagten, Herren Emil Haas und Leopold Slama, ist nur Letzterer erschienen. Als Vertheidiger fnnglrt Herr Dr. Troyer. Nachstehende Herren wurden als Geschworne ansgelost: Alois Haindl, Ferdinand Kargl, Josef Offenaner, Simon Karlhuber, Johann Schiefer, Alois Schwingenschns, Mathias Pilat, Johann Bräner, Blasins Rücker, Franz Wvchcualt, Josef Huber und Mathias Achhammer. Der Vorsitzende constatirt das Nichterscheinen des Angeklagten Emil Haas und bringt ein Telegramm des Consulatcs in Venedig vom 14. September 1880 znr Verlesung; dasselbe lautet: „Emil Haas hat hieramts das Ansuchen gestellt', daß die Hauptverhandlnng vom 20. September in seiner Abwesenheit durchgcführt werden möge. Derselbe verzichtet auf persönliche Ladung, aus die achttägige Frist und nochmalige Vernehmung und macht als Vertheidiger Dr. Troyer namhaft. — Gsilleo, k. und k. Vicc - Consnl." Der Vertheidiger beantragt, die Verhandlung in Abwesenheit des Angeklagten Emil Haas dnrchznführen, dafür aber dessen Verhörs -Protocoll von der Vornntcrsuchnng vorzulesen. Dr. Harant hat nichts dagegen vorzubringen. Der Gerichtshof beschließt gegen Emil Haas in contumaciam vorzugehen. Der Vorsitzende vernimmt sodann den Angeklagten Leopold Slama um seine persönlichen Verhältnisse; derselbe ist zu Wien geboren, 38 Jahre alt, katholisch, verehelicht, hat für zwei Kinder zu sorgen, ist Goldketten - Fabrikant in Wien und wurde im Jahre 1878 wegen Wachebeleidigung mit vier Tagen Arrest abgestraft.. Darauf wird die Anklageschrift vorgelesen, welche lapJA: Andreas Hirsch, Hansirer in Steyr, erhehf. AgeiOEmil Haas und Leopold Slama die Anklage: 1. Emil Haas habe dadurch, oaß er in Nr. 30 der von ihm rcdigirten vcr/obifchen Zeitschrift „Der Alpen'Bote" vom 15. April J^50 unter' der Rubrik „Verschiedenes" folgenden Artikel einrückte „Ein Schwindler. Ein ungefähr 38jähriger Mann, von großer Statur, mit dunklen Haaren, kleinem Schuurbarte, mit steierischem Lodeurocke bekleidet, welcher sich für den Pretioseuhäudler A. I. Hirsch aus Weißenbach im Mühlviertel ausgab, bestellte im December v. I. bei dem iu der Schotteufcldgassc Nr. 77 iu Wien etablirteu Goldketteusabrikauten Leopold Slama zwei goldene vierzehnkaratige Uhrkcttcn nn Werthe von 48 Gulden mit dem Ansuchen, dieselben unter der obigen Adresse au das Postamt Weißcubach abzuscuden; bei diesem reguirirte der Schwindler die Uebcrsenduug des bezüglichen Packet's an das Postamt nach Königswiesen, wo er es am 14. v. M. persönlich behob. Wie die Wiener Polizeibehörde constatirte, hat dieses Individuum bei mehreren anderen' Gvldarbeiteru auf dem Wicnerplatze auf dieselbe Art Pretiosen herausgeschwindelt. Der Bc" trüger, dessen steckbriefliche Verfolgung angeorduet wurde, besitzt gc wandle Umgaugsformen und hat ein offenes, entschiedenes Auftreten", wodurch er mich namentlich und durch auf mich passende Kennzeichen a) fälschlich eines Verbrechens beschuldigte, 6) durch Mittheilung von erdichteten und entstellten Thatsachen fälschlich einer bestimmten uu ehrenhaften Handlung beschuldigte, welche mich iu der öffentlichen Meinung herabzusetzcn und verächtlich zn machen geeignet ist und >0 soweit es sich um dre Ausdrücke Schwindler und Betrüger handelt, mich öffentlich, weil in einem Zeitnngsblatte, ohne Anführung bestimmter Thatsachen verächtlicher Eigenschaften und Gesinnungen zieh, das Vergehen gegen die Sicherheit der Ehre im Sinne der $$ 487, 488 und 491 des St. G. B., strafbar nach $ 493 St.-G. B. begangen. 2) Leopold Slama habe sich dadurch, daß er die Eiurückung dieses Schmähartikels iu die Zeitschrift „Der Alpenbote" vorsätzlich veranlaßte, des Vergehens gegen die Sicherheit der Ehre nach denselben Gesetzesftellen nnd § 5 des St.-G.-B., strafbar nach 88 5 und 493 St.-G. B. mitschuldig gemacht. (Folgen einige Anträge.) G r ü u d e: In Nr. 30 der unter der verantwortlichen Redaction des Herrn Emil Haas stehenden periodischen Zeitschrift „Der Alpenbote" vom 15. April 1880 ist unter der Rubrik „Verschiedenes" ein Artikel anfgenommeu, worin behauptet wird, daß ein gewisser A. I. Hirsch dem Goldschmied - Fabrikanten Stama, richtig Slama iu Wien zwei goldene Uhrketten im Werthe von 48 Gnlden herausgeschwindelt habe. Derselbe A. I. Hirsch habe noch bei mehreren anderen Gold arbeitern auf dem Wienerplatze auf gleiche Weise Pretiosen heraus geschwindelt. Zugleich wird derselbe wiederholt ein Schwindler und Betrüger geheimen und von ihm behauptet, daß seine steckbriefliche Verfolgung cingeleitet worden sei. Dieser Artikel kann nur anf mich gemünzt sem, denn: 1) heiße ich A. Hirsch, 2- paßt die Persous - Beschreibung vollkommen auf mich, 3) bin ich, wenn auch nicht Pretioseuhändler, so doch Hansirer, 4) hab ich in der That anf meinen Touren Weißenbach nnd Königswiesen besticht nnd endlich 5) habe ich wirklich bei Leopold Slama in der fraglichen Zeit zwei Uhrketten zum Preise von 4F Gnlden 50 Kreuzer angekanft. Da ich aber weder Herrn Slama, noch sonst einen Goldarbeiter anf dem Wienerplatze beschwindelt oder betrogen nnd anch keine Veraulasfung zn einer steckbrieflichen Verfolgung gegeben habe, die auch nie eingeleitet worden ist, so enthält der fragliche Schmälz artikel objectiv den Thatbestand des Vergehens gegen die Sicherheit der Ebre im Sinne der 88 487, 488 nnd 491 St. G.-B. nnd sub- jectiv fällt dieses Vergehen dem Herrn Emil Haas als dem verantwortlichen Redacteur jenes Blattes znr Last, welches diesen Schmäh artikel gegen mich gebracht hat. Herr Leopold Slama hat sich aber derselben Vergehen, und zwar als Beranlaffer des fraglichen Artikels schuldig gemacht. Es resultirt die Vermuthung, daß mir er Urheber desselben sein könne, schon daraus, daß Niemandem als ihm die Thatsachen, welche der verleumderischen Notiz zu Gründe liegen, bekannt waren und bekannt sein konnten, daß unr er allein bei dem fraglichen Uhrketteu- Verkanfe interessirt war nnd daß er gegen mich eine Strafanzeige erstattete, welche völlig identisch mit dem incriminirten Artikel lautete. Endlich wirkt die große Unwahrscheinlichkeit seiner Behauptung weit eher belastend als entlastend und zwar nmsomehr als es gewiß höchst auffällig ist, daß der fragliche Artikel gerade iu oberöstcrreichi- scheu Blättern eingeschaltet wurde. Steyr, am 28. Juli 1880. A. Hirsch. Nunmehr wird zum Verhöre des Angeklagten Leopold Slama geschritten. Derselbe bekennt sich nicht schuldig nnd verantwortet sich dahin: Glaublich Ende April bekam ich eine Vorladung zum Laudes- gerichte iu Wieu, wo ich gefragt wurde, ob ich ciueu Artikel über deu Hansirer Andreas Hirsch in den zn Steyr erscheinenden Alven- boten gegeben habe; ich verneinte dies, da ich weder dieses Blatt noch den Redacteur desselben kenne. — Jene Anzeige habe ich beim Polizei Commissariate Neubau erstattet. — Im December v. I., um Weihnachten herum, kam Hirsch zu mir, gab sich für deu Pretioseuhäudler A. I. Hirsch aus Weißenbach ans, nud kaufte ciue goldene Uhrkette, die er gleich bezahlte. Im Februar oder März kam Hirsch wieder zu mir, uud bat mich, ihm Uhrkcttcn nach Weißcubach im Mühlviertel zu seudeu. Da Hirsch ciueu sehr guten Eindruck auf mich gemacht hat, so schickte ich ihm die Waare uach Weißcubach, und zwar ohne Nachnahme. Da er unr keine Empfangs- bestätignug schickte, auch sonst gar nichts von sich hören ließ, dachte ich mir, das; ich beschwindelt sei, nud machte die Anzeige. Dr. Harant: Hat Hirsch bei der Bestellung etwas davon gesagt, daß Sie die Uhrketten mit Nachnahme senden sollen? A n g e k l. S l a m a: Er hat nichts davon erwähnt. Dr. Harant: Warum haben Sie so bald schon die Anzeige bei der Polizei gemacht? Angekl. Slama: Weil mir erst vor Kurzem ein Bekannter im Kaffeehause gesagt hatte, daß er von einem gewissen Hirsch beschwindelt worden sei; ich habe tvvl iu dem Polizeiauzeiger Hirsch einen Schwindler genannt, aber in keiner Weise veranlaßt, daß diese Anzeige in die Zeünng kam. Verth. Dr. Troyer: Ist Ihnen bekannt, daß ein ähnlicher Artikel anch im Wiener Jllnstrirtcn Extrablatte erschienen ist? Angekl. Slama: Ja. Am 10. April stand ein gleicher oder ähnlicher Artikel in diesein Blatte; wann aber jener Artikel im Alpenbote« erschienen ist, weiß ich nicht. Es wird die Pvlizcianzeige des Leopold Slama vorgelesen, sie lantet: „Im December v. I. erschien bei mir im Geschäfte ein Mann, der sich Hirsch nannte und sich für einen Pretioseuhändler aus Weißcubach im Mühlviertel ausgab uud sich zwei goldene 14karatige Uhrkcttcn im Werthe von 47 fl. 50 kr. ans der Muster- karte aussuchte uud von mir verlangte, ich möchte ihm diese Waare offen uud nicht gegen Postnachnahme nach Weißenbach senden. Diesen Menschen, der mir dnrch sein offenes nnd entschiedenem; Auftreten, sowie dnrch seine Geschäftskenntuiß Vertrauen emflößte, versprach mir sofort nach Empfang der Waare das Geld zn übersenden. Da ich anf drei an ihn gerichtete Briefe keine Antwort, sondern die Briefe selbst mit der Bemerknng, daß der Adressat dort nicht bekannt sei, znrückerhiclt, schrieb ich an das Postamt in Weißenbach nnd erhielt die Nachricht, daß das fragliche Packet in Königswiesen von einem unbekannten Manne behoben worden sei; ich dürfte daher von diesem Manne beschwindelt worden sein. Derselbe war in einem Alter von 37 bis 38 Jahren, von großer, starker Statur, hatte dunkle Haare, kleinen Schunrbart, ein angenehmes Aeußere nnd einnehmende Manieren und war mit einer lichtgrauen Lodenjacke nach All bey Swierer, für deu ich ihn auch uach seiner Aussprache hielt, bekleidet. Ich weiß auch von eiuigeu anderen Pretiosenhändlern, daß derselbe Mann anch bei ihnen gleiche Schwindeleien verübte." Angekl. Slama: Ich habe mich geirrt; erst im Fcbrnar hat Hirsch Waaren bestellt, welche er nicht gleich bezahlte. 9tad) Verlesung des Artikels im Alpenbvten vom 15. April d. I.: Angekl. Slama: So genau war es nicht iin Extrablatte, aber im Extrablatte ist es richtig. Es wird hierauf der Artikel aus dem Jllustrirteu Wiener Extrablatle vom 1!. April d. I. vorgclescu: „Ein neuer Schwindel. Ein ungefähr 38jähriger Mann, welcher sich für den Pretiosen- händler I. I. Hirsch ans Weißcubach im Mühlviertel iu Oberösterreich ausgab, bestellte im December v. I. bei dem Schottenfeldgasse 77 etablirteu Goldketteu Fabrikauteu Leopold Slama zwei goldene Uhrketten im Werthe von 48 Gulden mit dem Ansuchen, dieselben unter seiner obigen Adresse an das Postamt Weißenbach abznsenden; bei diesem reguirirte der Schwindler die Ucberscndnng des bezüglichen Packeis an das Postamt nach Königswiesen, wo er es am 14. v. M. behob. Wie die Polizei constatirte, hat dieses Individuum bei mehreren anderen Goldarbeitern auf dem Wiener Platze anf dieselbe Art Pretiosen heransgeschwindelt." Angekl. Slama: An demselben Tage, au welchem diese Nummer aufgelcgeu ist, las ich deu Artikel im Extrablatte, da mir ein Nachbar sagte, daß ich iu der Zeitung stehe. Es kaun nicht sein, daß der Alpenbote den Artikel vom Extrablatte abdruckte, da er es viel genauer brächte. Es wird das beim k. k. Laudesgerichte iu Linz mit Herrn Dr. Josef Hiuterhölzl, Redacteur der Liuzer Tagespost, aufge- uommeue Protocoll vvrgeleseu; derselbe sagt aus: „Ich eriunerc mich, daß ciu gleichlautender Artikel wie der in der Nummer 30 des Alpenboten mit der Aufschrift .eiu Schwindler' anch in die von mir redigirte Liuzer Tagespost Aufnahme gefunden hat, nnd wurde dieser Artikel aus einem der Wiener Blätter — ans welchem, kann ich mich nicht erinnern, entweder Borstadtzeitnng oder Wiener Tag blatt — in der Linzer Tagespost abgedrnckt. Ich erinnere mich, daß dieser Artikel in mehreren Wiener Blättern enthalten war; der Alpenbote dürfte diesen Artikel ans der Linzer Tagespost abgedruckt haben. Von wem der fragliche Artikel ursprünglich herrührt, darüber kaun ich keine Anskunft geben." Es wird darauf der Artikel aus der Linzer Tagespost vom 13. April d. I. vvrgeleseu; derselbe ist gleichlautend mit dem Artikel im Alpenboten. Angekl. Slama: Hirsch war nur zweimal bei mir; brieflich hat er nie etwas bestellt. Slama, der in seinen Aeußerungen sehr schwankend llnb un sicher sich benimmt, widerspricht sich einige Male iu seinen Angaben. Dr. Harant beantragt die Vernehmung des ohnedies üh Saale anwesenden Privatanklägers Andreas Hirsch als Zeugen znr Aufklärnug darüber, ob er die letzte Bestellung bei Slama mündlich oder schriftlich gemacht habe. Da sich der Vertheidiger Dr. Troyer gegen diesen Antrag verwahrt, : zieht sich der Gerichtshof zur Beschlußfassung iu das Berathungszimmer zurück.

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