Der Alpen-Bote vom 23. September 1880

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Steyr, Donnerstag den 23. September 1880. 26. Jahrgang. wird, gewinnen alle Symptome an Jnteresie, die aus die Festigung der deutsch-österreichischen Allianz Hinweisen. Der Besuch des Kronprinzen Erzherzogs Rudolf wird in Berlin gewissermaßen als der osficielle Abschluß der im September vorigen Jahres inaugurirten Politik betrachtet, welche zu dem, nicht blos für einen bestimmten Zweck abge- schlosscuen, sondern für alle Zukunft beständigen und in den beiderseitigen Verhältnissen begründeten Bündnis; geführt hat. Man constatirt, daß der Erzherzog bei mannigfachen Gelegenheiten eine große Sympathie für Deutschland und deutsche Verhältnisse gezeigt habe. Namentlich habe er sich auch mit großer Anerkennung und Bewunderung über die deutschen militärischen Verhältniße ausgesprochen, eingehende Studien gemacht und sich über alle einschlägigen Verhältniße sehr genau insormirt. Deutscherseits sei dem österreichischen Thronfolger bei seinen militärischen Besuchen das größte Entgegengekommen bewiesen worden. Aus Frankreich kommt die Nachricht, daß die Minister des Innern, der Justiz und des Krieges, also die Herren Sonst aus, Cazot und Farre, ihre Entlassung gegeben haben. Diese Functionäre haben sich, wie bekannt, für die unverzügliche Ausführung der März-Decrete erklärt; sie sind als die gambettistische Partei im Cabinet zu betrachten und treten offenbar aus dem Grunde zurück, weil der Präsident der Republik, Herr Grevy, auf die Seile Frey- cinet's getreten ist. Das neu reconstruirte Ministerium Freycine t hatte jedoch keine lange Lebensdauer, denn schon am 19. gab der Minister - Präsident seine Demißion, die vom Präsidenten der Republik, Grevy, angenommen wurde. Jules Ferry wurde beauftragt, ein neues Cabinet zu gründen. So hat Gambetta doch auf allen Linien den Sieg davon getragen, da Freycinet im entscheidenden Moment den Mulh verlor und die Flinte in's Korn geworfen. Die Cabinets- Krise kann auf diese Weise leicht mit einer P r äsid en t sch a s ts - K r ise endigen. — Der Sieg des Redners von Cherbourg (Gambetta) wird in Berlin, wie oben bemerkt, keineswegs als friedliches Sympton gedeutet. In St. Germain fand am 19. d. unter einem ungeheuern Zufluß von Menschen die Enthüllung der Statue Thiers' statt. Jules S i m o n hielt eine Rede, in welcher er die Worte Thiers', „die Republik wird eine conservative sein oder sie wird nicht bestehen", entwickelte. Während der Rede rief die Menge: „Es leben die Decrete! Nieder mit den Jesuiten!" Die Türkei empfing die Mittheilung, daß zwischen 21. und 22. an den Commandanten von Dulcigno die I Sommation zur Uebergabe dieses Platzes vou Seite des Admirals Seymour ergehen wird. In Italien wurde der zehnte Jahrestag der Occupation Ro m's durch die Truppen Vieler Emauuel's in feierlichster Weise begangen. Die Gedenkfeier trug den Charakter einer imposanten", von der allgemeinen Begeisterung getragenen Kundgebung, wie sie der historischen Bedeutung jenes Tages entspricht, welcher der weltlichen Papsthercschast ein Ende machte und das Rom der Päpste in die Hauptstadt der Italiener verwandelte. In dankbarer Anerkennung hat sich dann auch der Festzug nach dem Pantheon gewendet, wo die Ueberreste jenes Mannes ruhen, welcher der Einiger und erste König Jtalien's gewesen ist. Korrespondenz. Waidhofen a. d. Ubbs, 18. September. (Kaiser- Josef-Feier.) Unsere Sladt begeht am 3. October, ! gelegentlich der Eröffnung der landwirthschaftlichen Ausstellung, eine patriotische Feier, nämlich die des Andenkens an die hundertjährige Thronbesteigung Kaiser > Josef des II. Das Fest-Comite hat sich constituirt, und ! schon sind die Einladungen zn diesem Huldigungsacte an die Honoratioren, an die meisten Gemeinde-Vertretungen, an alle Gesangs-, Feuerwehr-, Veteranen-, Turn - Vereine rc. der politischen Bezirke Sladt Waidhofen, Amstetten und Scheibbs ergangen. Dieselbe lautet: „In wenigen Wochen wird es hundert Jahre, daß Kaiser Josef II. den Thron als Allein-Regent bestieg. Noch in allen Herzen lebt die Erinnerung an diesen großen Monarchen, der, gleich gr o ß als M e n f ch, Reformator und R e g e n l, mif der größten Redlichkeit der Gesinnung die größte Anf- opferungS- Fähigkeit für sein Volk vereinigte. „Er nahm es ernst mit R e li g i o n und Glaube, doch gab er"Gewissens - Freiheit und Toleranz. Den Bauern, die damals noch in unwürdiger Leibeigenschaft kaum ein menschenwürdiges Dasein führten, gab er die Freiheit durch Aufhebung der Leibeigenschaft und schützte die Unterthanen gegen die Uebergriße ihrer Feudalherren durch die Aufstellung der Kreisämter. Zur Tagesgeschichte. Mit dem 18. d. M. ist die Reise des Kaisers nach Galizien und der Bukowina zum Abschlüsse gelangt. Der galizische Adel versammelte sich zwar noch am 19. d. M. in Lupkow, um au der galizisch - ungarischen Grenze sich vom Monarchen in solenner Weise zu verabschieden, doch ist nach dem ofsiciellen Neiseprogramme die Reihe der Empfänge, Besichtigungen, Festlichkeiten u. s. w. bereits mit obigem Tage zu Ende gegangen. Ueber den glücklichen, in jeder Beziehung glänzenden Verlauf seiner Neise hat sich der Kaiser selbst bei jedem Anlässe mit so lebhafter Freude geäußert, daß es einer besonderen Con- statirung dieses Resultates N'cht bedarf. Neuerlich sei aber darauf hingewiesen, daß das Verstummen aller Parteigegensätze im Lande Galizien während der Anwesenheit des Kaisers zu den erfreulichsten Erscheinungen der vergangenen Tage zählt. Was man noch vor einigen Wochen für unmöglich gehalten hatte: das harmonische Zusammenwirken der Polen und Nnthenen — der Besuch des Kaisers hat es zuwege gebracht. Keinerlei Mißton wurde laut, die nationalen Differenzen, welche sonst das Land Galizien bei jeder politischen Kundgebung desselben in zwei Parteilager spalteten, waren zum Schweigen gebracht. Richt minder einträchtig vereinigte sich die Bevölkerung des Landes Bukowina, um dem Kaiser den Aufenthalt daselbst so angenehm als möglich zu machen und ihm zu zeigen, wie sie trotz aller nationalen und confessionellen Verschiedenheiten, an denen das Land geradezu überreich ist, Eins sich fühlt mit Kaiser und Reich. Es wäre nur zu wünschen, daß die Saat, welche die galizische Kaiserreise hervorgebracht, eine dauernd fruchtbringende bleibe. Wie der „Reuen Freien Presse" am 19. d. M. aus Linz geschrieben wird, ist die vom „Vaterland" gemeldete Absicht des Dr. Groß, seine Canditatur für ein ReichSrath- Mandat zurückzuziehen, unrichtig und hierüber in eingeweihten Kreisen durchaus nichts bekannt, umsomehr als es von der gesammten verfassungstreuen Wählerschaft mit Recht für eine Ehrensache gehalten wird, die früheren Abgeordneten Dehne, Groß und Handel zu wählen. Der deutsch - mährische Parteitag, welcher am 19. d. in Vrünn stattfand, bedeutet ein wichtiges Moment in der Sammlung und Kräftigung der Verfassnngspartei in Oesterreich. Rahe an tausend Männer hatten sich im Redoutensaale zu Brünu zusammeugefuuden, um durch brausende Zurufe und einstimmiges Votum ihre Zustimmung zu der Rede des Abgeordneten Sturm und zu den vorgeschlagenen Resolutionen kundzugeben. Man wird sicherlich dem Abgeordneten Weeber nicht Hang zu einer Opposition um jeden Preis zumulhen; um so wirkungsvoller war es, als er erklärte, die zahlreiche Betheiligung am Parteitage sei der beste Beweis, daß die dem Kaiser in Mähren dargebrachten Huldigungen nur der Person des Monarchen galten, daß aber die Bevölkerung damit durchaus nicht die Opposition der Versaßungs- parlei gegen das Ministerium desavoniren wollte. In erster Linie aber muß der Rede des Abgeordneten Sturm, unter dessen Führung die Verfasiuugspartei in Mähren den Kamps gegen die Regierung aussicht, die größte Bedeutung zugemessen werden. Ueberaus versöhnlich gegen die slavischen Bewohner Mährens, mit leidenschaftsloser Ruhe den Natio- nalitätenstreit streifend, mahnte der Redner zur Einigkeit, um den bedrohten Staatsgedanken gegen die Gegner zu vertheidigen. Nirgends polemisirte er gegen seine slavischen Landsleute, allein überall trat das selbstbewußte Gefühl des Deutschen in den Vordergrund, der, ein Glied einer Nation von vierzig Millionen, mit Beruhigung dem Moment entgegen sehen kann, wo auch die jetzigen Fährnisse unter dem Einfluß der großen politischen Combinationen, denen jetzt bereits unsere äußere Politik folgt, schwinden werden. Die gemeinsamen Conferenzen behufs Feststellung des Reichs-Budgets für 1881 haben am 20. d. M. in Budapest begonnen. Von cisleithauischen Ministern sind zu diesem Zwecke bereits der Minister-Präsident Gras Taasse und der Finauzminister Dr. Dunajewki nach Budapest abgercist, nachdem ihnen die gemeinsamen Minister vorangegangen sind. Der gemeinsame Ministerrath findet unter Vorsitz des Kaisers statt. Die deutsche Regierung wird für den Reichstag, dessen Zusammentritt Ende Jänner oder Anfangs Februar erwartet wird, mehrere Steuervorlagen ausarbeiten lassen, und zwar sind bis jetzt deren vier in Aussicht genommen: die Erhöhung der Brausteuer und der Branntweinsteuer, die Erhöhung der Zuckersteuer, Einführung der Wehrsteuer und; der Börsensteuer. Man erwartet eine Zusammenkunft der j deutschen Furauzminister in Berlin, um das Nähere sestzustellen. ! Angesichts der Entwicklung der Dinge in Paris, die in Deutschland als eine den Frieden bedrohende betrachtet | Er ehrte den Bauernstand als erste Stütze des Staates, er, dessenHand es uichl verschmähte, selbst den Pflug zu führen. Seine Reformen in Verwaltung und Justiz sind heute uoch die Grundsteine des heutigen Oesterreichs, das er, selbst ein deutscher Mann, in deutschem Geiste zu einem Staate vereinigte. So bedeutet denn auch der Regierungsantritt Kaiser Josef II ein unvergeßliches großes Ereigniß in dcr Geschichte Oesterreichs. Was Kaiser Josef 11. geschaffen, es lebt fort zum Nutzen und Frommen deä Volkes, und Kaiser Josef wird gepriesen werden, so lange dankbare Menschen das weite schöne Oesterreich bewohnen. „Schon rüsten sich in dankbarer Erinnerung an ihren kaiserlichen Freund die deutschen Bauern der grünen Steter- mark und des gewerbefleißigen Böhmen, die Bürger zahlreicher Städte Oesterreichs, um das hundertjährige ThronbesteigungsFest würdig zu begehen. „Auch in Waidhosen a. d. DbbS haben sich Männer aus allen Kreisen zur Abhaltung einer öffentlichen Kaiser- Josef-Feier vereint, welche Sonntag den 3. October, halb 4 Uhr Nachmittags, gelegentlich der Eröffnung der landwirthschaftlichen Bezirks - Ausstellung statlfinden wird, als ein Gedenktag für die Heranwachsende Generation, als ein Festtag für den Bauer und den Bürger. „So laden wir Euch: Gemeinden, Vereine, Bürger und Bauern der Nachbarschaft ein, Zeugniß zn geben, wie ein dankbares Volk daö Andenken seiner großen Fürsten^ ehrt. — Waidhofen a. d. Ibbs, im September 1880." (Folgen die Unterschriften.)------- Zahlreich wird daher die Betheiligung sein. Die Häuser der Stadt werden ihr Festkleid anziehen, und eS verspricht auch, dem getroffenen Arrangement und dem Programme nach zu urtheilen, die Feier als solche eine höchst würdige und erhebende zu werden. Das Programm ist folgendes: Halb 3 Uhr: Versammlung der Festgenoßen vor dem Stadt - Gemeindehanse in Waidhofen a. d. Pbbs. Halb 4 Uhr: Festzug vom Gemeindehause in das Fest-Local (Salon und Garten des Hotel Lahner), Begrüßung der Festtheilnehmer durch den Obmann des Festcomites, sodann Festgesang der Gesangs- Vereine, Festrede, Huldigungs - Act vor der Büste Kaiser Josef II., Gesangs - Vorlrag und Schlußact. Den Abend beschließt eine gesellige Unterhaltung im Festlocale. Es kann also angenommen werden, daß eS keinen der Theiluehmer reuen wird, dieses patriotische ErinnernngS- Fest, welches einem um das deutsch-österreichische Volk so hochverdienten Regenten aus dem Hause Habsburg gilt, in den Mauern der ^tadt Waiohosen mitbegangen zu haben. Grünburg, den 20. September. (F r e i s ch i e ß e n.) Bei dem am verflossenen Sonntag und Montag den 19. und 20. d. in Unterhaus zu Grünbnrg stattgesnndenen Freischießen haben sich im Ganzen 27 Schützen betheiligt nnd folgende Herren die^Beste gewonnen: 1. Best mit 8 Stück Silbergnlden Herr Johann Stra- ch o w ü k y in Eteyc. — 2. Best mit 6 Sluck Silbergnlden ein Herr Lieutenant der rumänischen Armee, gegenwärtig >n Steyr. — 3. Best mit 4 Stück Silbergnlden Hcr-- Ludwig Zeitlinger in Leoustein. — 4. Best nnt 3 Stück Silbergnlden Herr Joses Kaipp in Pfarrkirchen bei Bad Hall. — 5. Best mU 2 Stuck Silbergulden Herr Josef KlauSriegler in Motln. — 6. Best mit 1 Stück Silbergnlden Herr Franz Püh ringe r in Michldors. — 7. Best alö Kreiöbest, anf 60 Schwarz, die wenigsten Schütze mit 86, Herr Michael Weiumeister in Leonsteiu.. H e r t t i ch e $. (Eine neue Bestellung für die Waffenfabrik.) Im Rachhange zu unserer Notiz in Nr. 72, wonach Herr General- Director Josef Werndl in Geschäfts-Angelegenheiten nach Paris abgereist fei, können wir aus sicherer Quelle die freudige Nachricht bringen, das es demselben gelungen ist, nach hartnäckigem Kampfe, hauptsächlich mit der französischen Concurrenz, e i n e n L i e f e r u n g S - V e r t r a g a u s 30.000 Stück Gewehre nnd Carabiner für die griechische Armee abzuschließen. — Der in der obgenanuten Nummer von uns ausgesprochene Wunsch hat sich somit durch die neuerdings bewährte Geschäfts - Umsicht und energische Thätigkeit des Herrn Werndl aufs glänzendste erfüllt zum Wohle der von ihm geleiteten Fabrik nnd seiner dankbaren Vaterstadt! (Tagesordnung zur Siynng des GcmcindcrathcS am 24. September) Nachmulago :> Uhr: I. Sectiou. I. Beschlutzsassung Über bic Frage der Einbeziehung deö Jubiläumvsoiidcö in den Armenversorgnngssond. 2. Gesuch des Herrn Carl Querieser um Ausnahme iu den Ge- meiude-Beiband. 3. Necurö der Therese Roseuauer gegen den Auslrag der Ge- meinde-Borstehnng iwto. Canalräumnng vor ihrem Hanse.

Seite 2 ____________________Der Alpen - Kote.____________________ >?r. 76 II. Section. 4. CasseamlSbcncht Über die Cassegebarung im Juli 1880. 5. CasseamlSbcncht, womit die Jahrcö.Rechuungcn über die Der- mogeuSgcbannig bei den Nlt - Feuzl'scheu und Wolfgaug Pscfferl'schcn Slipcndicn-Stiftnugen pro 1879 jur Ueberprüsung vorgcteqt werden. G. Gesuch dc« Herrn Ferdinand Waldbauer »m Bewilligung, da« von ihm gemiethete Lerschleißgewölbe beim Biirgerspitalc au Herrn Joses Saumwald für den Rest der Miethezeit in Aflerpacht geben zu dürfen. 7. Gesuch der Frau Josesa Bcrgcr, Zuckerbäckerin, um Anweisung cincö neuen VerkausSplatze« beim Theatcr-Eingange. 8. Ersuchschreiben dcö Fest-Ceutral-Comite« dc« Bürgercorpö um Erlassuug der Abfuhr deS für die auSgegebeueu Fesikartcu erzielten Er, löseS an die Stadlcassc. 9. Bericht deS städt. Polizei-CommissörS mit einem Voranschläge der Kosten der Volkszählung pro 1881III. Section. 10. Bericht des siädt. GesangenaufseherS wegen nothwendig gewordenen Adaptirungeu iin städt. Gcfaugenhause behufs Herstellung neuer Arrestlocale. 11. Offerte für Kohlen!ieferuug. In vertraulicher Sitzung: Mittheilungen. (Ernennung.) Der Bürgerschullehrer Herr Franz H o f m a n n in Klügenfurt wurde zum Fachlehrer an der hiesigen Mädchenbürgerschule ernannt. (Zinsertrags «Bekenntnisie.) Diejenigen Hausbesitzer, welche ihre ZinScrtagS-Bekenntnisie pro 1881 noch nicht abgegeben haben, feien hiemit aufmerksam gemacht, dies unverzüglich bei der Gemeinde -Vorstehung Steyr (im Expedit) zu thun, da sie sonst die Verhängung eines Pönalcs zu gewärtigen hätten. (Oberösterreichischer Parteitag.) Wie wir vernehmen, wird von Seite der verfasiuugstreuen Partei bis Mitte October ein oberösterreichischer Parteitag einberufen werden. (Kronprinz Rudolf-Bahn.) Vom I. October an werden liachfolgende Personenzüge des Fahrplanes vom 15. Juni l. I. eingestellt: Die Eilzüge Nr. 111, 12, 312 (Amstctten-Klein-Neifling-Selzthal-Jschl), 311, 1t, 112 (Jschl- Selzthal-Klein-Ncifling-Amstetten), 309 (Attnang-Jschl), die Personenzüge 303 (Attnang-Jschl), 306 (Aussee-Jschl), 312 (Jschl-Attnang), 305 (Jschl- Aussee), 325 (Traimsee- Obertraun), 326 (Obettraun-Ebensee). Außerdem wird der vor Sonn- und Feiertagen bisher voll Anlstetten nad; Waid- hosen verkehrende Zug Nr. 113 am 25. d. M. zum letzten Male verkehren. Dieser Neduction im Verkehre der Personenzüge entsprechend, werden vom 1. October an auch blos bei den Zügen Nr. 304, 305, 310 und 315, beziehungsweise bei den Anschlußzügen der Kaiserin Elisabeth-Bahn Nr. 202/2, 13/213, 204/4, 11/211 directe Personenwagen 1. und 2. Elaste zwischen Wien unb Jschl über Attnang verkehren. Der Verkehr der dirccten Wagen 2. und 3. Classe zwischen Wien und Steyr wird gleichfalls vom 1. October an eingestellt. Durch die ab 1. October erfolgte Einstellung der Südbahnzüge Nr. 417 und 418 finden von diesein Tage an die Nudolfbahn-Züge Nr. 5 und 6 keinen Auschluß in Villach von und nach Franzensfeste und ist auch der bei diesen Zügen bisher stattfindende Verkehr der directen Wagen von, resp, llach Wien eingestellt. (Stenographen-Verein.) Anläßlich des Valets des scheidenden Mitgliedes Herrn Tschernilschek ergab sich die erwünschte Gelegenheit, den Beitritt des hiesigen Steno- graphen-Vereines zum deutschen Schulvereine anzu- regen. Man veranstaltete sofort eine Sammlllng, welche ein erfreuliches Ergebniß brächte. Beiträge von Freunden und Förderern des deutschen Schulvereines nimmt Herr M. Christ, Buchhalter der Traunthaler-Kohlengcwerks-Gesellschast, gegen Bestätigung bereitwilligst entgegen. (Versuchs - Anstalt.) Die vom Landtage bewilligten neuen vier Stipendien für Zöglinge der Eisenw^^ü.ien- Schule in Steyr wurden den Be^^rn Alois Schell- mann aus Steinbach^, Mo'Lackner aus Goisern, Franz H a g e n a u e.V^ug Steyr und Max O r t l e r alls ^U.^ I^Vlig" verliehen. (Von der Gewerbe-Ausstellung.) Demnächst wird in der permanenten Gewerbe - Ausstellung das von den Obmännern des historischen Festzuges dem Herrn Franz Tomitz gespendete Erinnerungsblld zur allgemeinen Besich- tigung ausgestellt. — Bei dieser Gelegenheit machen wir aufmerksam, daß das Blatt des Gedenkbuches der Gewerbe- Ausstellung, auf welches Se. Majestät der Kaiser huldvollst Seinen Allerhöchsten NamenSzug zu zeichneu geruhten, vom Obmanne der Gewerbe-Ausstellung, Herrn Franz Toinitz, mit dem Datum und entsprechender kalligraphischer Einrahmung versehen lassen wurde. — In demselben Buche besinden sich auch die Unterschriften Sr. k. Hoheit deS Erzherzogs Johann und Sr. kaif. Hoheit weiland Erzherzogs Franz Carl, des Vaters unseres allergnädigsten Monarchen. — Dasselbe ist ebenfalls zur Besichtigung ausgestellt. B- (Vom Bürgercorps.) Wie wir nachträglich erfahren, so waren die kleinen Erinnerungsbänder, welche jeder einheimische und sremde Gardist am Festtage, d. i. am 22. Augnft, bekam, eine Spende des Bürger - Corps - Mitgliedes Herrn Schau of sky; ebenso wurden von demselben Herrn die Druck- und Ausstattungskosten der Fahnen - Erinnerungö- bänder aus Eigenem bestellten. (Mcercstaucher.) Wie vor etlichen Jahren der Tapitän Boyton in ganz Denlfchlaud seine Echwimmkiinstc zeigte, so wird nächsten Freitag, Sanistag und Sonntag Nachmittag« 5 Uhr der in wei- ten Kreisen bekannte Taucher Mr. John Kocl hier seine submarinen Arbeiten vorsühren. SUtr. Kork, der drei Jahre hindillch bei der deutschen Torpedo-Abtheilung m Kiel beschäftigt, ebenso längere Jahre in Japan, China, holländ. Ostindien und Amerika an unterseeischen Arbeiten in hervorragender Weise thätig war, wird in der EnnS am Schoppc» Platz inEnnSdors seine Vorstellungen geben. Vermittelst dieses neue- sten Tancher-ApparateS, welcher bei Hebung deö verunglückten großen Curfürsten in Anwendung kommt, kann der Taucher trotz des Gewichte« von 200 Pfund stundenlang unter Wasser verweilen und die manuig- fachsten Arbeiten vornehmen. Da sich die Gelegenheit wol kaum wieder bieten möchte, einem so seltenen Schauspiele in so unmittelbarer Nähe ivieder beiivohnen zn können, versänmen wir nicht, unsere Leser nnf diese belchrenden und interessanten Productionen ganz besonder« aufmerksam zn machen. (Gefunden) wltrde eine lederne Brieslasche, enthaltend Noten, dann ein goldener Ring mit Stein und im Gemeinde- Amte deponirt. (Consiscirt.) Bei einer gestern Vormittags in Eysn- feld vorgenommenen Milchrevision wurden circa 30 Liter als nicht gradhältig consiscirt, und, da selbe doch noch zitm Genusse geeignet waren, unter die Armen im Josef - Lazareth vertheilt. (Verstorbene.) Den 17. September: Carl Schreiner, verehel. Hausbesitzer und Waffenfabriks - Beamter, Badgasie Nr. 3, 59 Jahre alt, Lungenlähmung. Anna Doppler, Messerermeisters-Gattin, Hammerschmiedberg Nr. 1,51 Jahre alt, Schlagflnß. Den 19.: Barbara Schützinger, verehel. Fabriksarbeiters - Gattin, Mehlgrabengasie Nr. 1, 38 Jahre alt, im Krankenhause zu St. Anna, Entartung der Bauch- Organe. Den 20.: Maria Heinrich, Partiesührers-Kind, Mitlergasse Nr. 21, 2 Jahre alt, häutige Bräune. Den 21.: Franz Papsch, Armaturarbeiters-Kind, Gleinkergasse Nr. 16, 1 Monat alt, brandige Asten. Aus dem Herichtssaale. III. S ch w u r g e r i ch t s - S e f f l o n 1880. Pretzprocetz des„Alpen-Koten". Steyr, 20. September. fOrig.-Ber.j Wie schwer es für einen Redacteur ist, ja nirgends anzustoßen, zeigt der heute zur Verhandlung gekommene Schwurgerichtsfall. Der Gerichtshof ist gebildet aus den Herren: k. k. .Preisgerichts- Präsidenten Weismayr als Vorsitzenden, den k. k. Laudesgerichts- rathen Kamptuer und Niedl als Beisitzern, dem k. k. Anscnltauten Stöbuer als Schriftführer. Von den Parteien sind erschienen der Privatankläger A n d r e a s Hirsch, zn Tanbcnbnrg in Kram geboren, 31 Jahre alt, katholisch, verehelicht, Vater von drei Kindern, Hansirer in Steyr, einmal wegen schnldbarer Crida abgestraft, mit seinem Vertreter Herrn Dr. Harant. Von den beiden Angeklagten, Herren Emil Haas und Leopold Slama, ist nur Letzterer erschienen. Als Vertheidiger fnnglrt Herr Dr. Troyer. Nachstehende Herren wurden als Geschworne ansgelost: Alois Haindl, Ferdinand Kargl, Josef Offenaner, Simon Karlhuber, Johann Schiefer, Alois Schwingenschns, Mathias Pilat, Johann Bräner, Blasins Rücker, Franz Wvchcualt, Josef Huber und Mathias Achhammer. Der Vorsitzende constatirt das Nichterscheinen des Angeklagten Emil Haas und bringt ein Telegramm des Consulatcs in Venedig vom 14. September 1880 znr Verlesung; dasselbe lautet: „Emil Haas hat hieramts das Ansuchen gestellt', daß die Hauptverhandlnng vom 20. September in seiner Abwesenheit durchgcführt werden möge. Derselbe verzichtet auf persönliche Ladung, aus die achttägige Frist und nochmalige Vernehmung und macht als Vertheidiger Dr. Troyer namhaft. — Gsilleo, k. und k. Vicc - Consnl." Der Vertheidiger beantragt, die Verhandlung in Abwesenheit des Angeklagten Emil Haas dnrchznführen, dafür aber dessen Verhörs -Protocoll von der Vornntcrsuchnng vorzulesen. Dr. Harant hat nichts dagegen vorzubringen. Der Gerichtshof beschließt gegen Emil Haas in contumaciam vorzugehen. Der Vorsitzende vernimmt sodann den Angeklagten Leopold Slama um seine persönlichen Verhältnisse; derselbe ist zu Wien geboren, 38 Jahre alt, katholisch, verehelicht, hat für zwei Kinder zu sorgen, ist Goldketten - Fabrikant in Wien und wurde im Jahre 1878 wegen Wachebeleidigung mit vier Tagen Arrest abgestraft.. Darauf wird die Anklageschrift vorgelesen, welche lapJA: Andreas Hirsch, Hansirer in Steyr, erhehf. AgeiOEmil Haas und Leopold Slama die Anklage: 1. Emil Haas habe dadurch, oaß er in Nr. 30 der von ihm rcdigirten vcr/obifchen Zeitschrift „Der Alpen'Bote" vom 15. April J^50 unter' der Rubrik „Verschiedenes" folgenden Artikel einrückte „Ein Schwindler. Ein ungefähr 38jähriger Mann, von großer Statur, mit dunklen Haaren, kleinem Schuurbarte, mit steierischem Lodeurocke bekleidet, welcher sich für den Pretioseuhäudler A. I. Hirsch aus Weißenbach im Mühlviertel ausgab, bestellte im December v. I. bei dem iu der Schotteufcldgassc Nr. 77 iu Wien etablirteu Goldketteusabrikauten Leopold Slama zwei goldene vierzehnkaratige Uhrkcttcn nn Werthe von 48 Gulden mit dem Ansuchen, dieselben unter der obigen Adresse au das Postamt Weißcubach abzuscuden; bei diesem reguirirte der Schwindler die Uebcrsenduug des bezüglichen Packet's an das Postamt nach Königswiesen, wo er es am 14. v. M. persönlich behob. Wie die Wiener Polizeibehörde constatirte, hat dieses Individuum bei mehreren anderen' Gvldarbeiteru auf dem Wicnerplatze auf dieselbe Art Pretiosen herausgeschwindelt. Der Bc" trüger, dessen steckbriefliche Verfolgung angeorduet wurde, besitzt gc wandle Umgaugsformen und hat ein offenes, entschiedenes Auftreten", wodurch er mich namentlich und durch auf mich passende Kennzeichen a) fälschlich eines Verbrechens beschuldigte, 6) durch Mittheilung von erdichteten und entstellten Thatsachen fälschlich einer bestimmten uu ehrenhaften Handlung beschuldigte, welche mich iu der öffentlichen Meinung herabzusetzcn und verächtlich zn machen geeignet ist und >0 soweit es sich um dre Ausdrücke Schwindler und Betrüger handelt, mich öffentlich, weil in einem Zeitnngsblatte, ohne Anführung bestimmter Thatsachen verächtlicher Eigenschaften und Gesinnungen zieh, das Vergehen gegen die Sicherheit der Ehre im Sinne der $$ 487, 488 und 491 des St. G. B., strafbar nach $ 493 St.-G. B. begangen. 2) Leopold Slama habe sich dadurch, daß er die Eiurückung dieses Schmähartikels iu die Zeitschrift „Der Alpenbote" vorsätzlich veranlaßte, des Vergehens gegen die Sicherheit der Ehre nach denselben Gesetzesftellen nnd § 5 des St.-G.-B., strafbar nach 88 5 und 493 St.-G. B. mitschuldig gemacht. (Folgen einige Anträge.) G r ü u d e: In Nr. 30 der unter der verantwortlichen Redaction des Herrn Emil Haas stehenden periodischen Zeitschrift „Der Alpenbote" vom 15. April 1880 ist unter der Rubrik „Verschiedenes" ein Artikel anfgenommeu, worin behauptet wird, daß ein gewisser A. I. Hirsch dem Goldschmied - Fabrikanten Stama, richtig Slama iu Wien zwei goldene Uhrketten im Werthe von 48 Gnlden herausgeschwindelt habe. Derselbe A. I. Hirsch habe noch bei mehreren anderen Gold arbeitern auf dem Wienerplatze auf gleiche Weise Pretiosen heraus geschwindelt. Zugleich wird derselbe wiederholt ein Schwindler und Betrüger geheimen und von ihm behauptet, daß seine steckbriefliche Verfolgung cingeleitet worden sei. Dieser Artikel kann nur anf mich gemünzt sem, denn: 1) heiße ich A. Hirsch, 2- paßt die Persous - Beschreibung vollkommen auf mich, 3) bin ich, wenn auch nicht Pretioseuhändler, so doch Hansirer, 4) hab ich in der That anf meinen Touren Weißenbach nnd Königswiesen besticht nnd endlich 5) habe ich wirklich bei Leopold Slama in der fraglichen Zeit zwei Uhrketten zum Preise von 4F Gnlden 50 Kreuzer angekanft. Da ich aber weder Herrn Slama, noch sonst einen Goldarbeiter anf dem Wienerplatze beschwindelt oder betrogen nnd anch keine Veraulasfung zn einer steckbrieflichen Verfolgung gegeben habe, die auch nie eingeleitet worden ist, so enthält der fragliche Schmälz artikel objectiv den Thatbestand des Vergehens gegen die Sicherheit der Ebre im Sinne der 88 487, 488 nnd 491 St. G.-B. nnd sub- jectiv fällt dieses Vergehen dem Herrn Emil Haas als dem verantwortlichen Redacteur jenes Blattes znr Last, welches diesen Schmäh artikel gegen mich gebracht hat. Herr Leopold Slama hat sich aber derselben Vergehen, und zwar als Beranlaffer des fraglichen Artikels schuldig gemacht. Es resultirt die Vermuthung, daß mir er Urheber desselben sein könne, schon daraus, daß Niemandem als ihm die Thatsachen, welche der verleumderischen Notiz zu Gründe liegen, bekannt waren und bekannt sein konnten, daß unr er allein bei dem fraglichen Uhrketteu- Verkanfe interessirt war nnd daß er gegen mich eine Strafanzeige erstattete, welche völlig identisch mit dem incriminirten Artikel lautete. Endlich wirkt die große Unwahrscheinlichkeit seiner Behauptung weit eher belastend als entlastend und zwar nmsomehr als es gewiß höchst auffällig ist, daß der fragliche Artikel gerade iu oberöstcrreichi- scheu Blättern eingeschaltet wurde. Steyr, am 28. Juli 1880. A. Hirsch. Nunmehr wird zum Verhöre des Angeklagten Leopold Slama geschritten. Derselbe bekennt sich nicht schuldig nnd verantwortet sich dahin: Glaublich Ende April bekam ich eine Vorladung zum Laudes- gerichte iu Wieu, wo ich gefragt wurde, ob ich ciueu Artikel über deu Hansirer Andreas Hirsch in den zn Steyr erscheinenden Alven- boten gegeben habe; ich verneinte dies, da ich weder dieses Blatt noch den Redacteur desselben kenne. — Jene Anzeige habe ich beim Polizei Commissariate Neubau erstattet. — Im December v. I., um Weihnachten herum, kam Hirsch zu mir, gab sich für deu Pretioseuhäudler A. I. Hirsch aus Weißenbach ans, nud kaufte ciue goldene Uhrkette, die er gleich bezahlte. Im Februar oder März kam Hirsch wieder zu mir, uud bat mich, ihm Uhrkcttcn nach Weißcubach im Mühlviertel zu seudeu. Da Hirsch ciueu sehr guten Eindruck auf mich gemacht hat, so schickte ich ihm die Waare uach Weißcubach, und zwar ohne Nachnahme. Da er unr keine Empfangs- bestätignug schickte, auch sonst gar nichts von sich hören ließ, dachte ich mir, das; ich beschwindelt sei, nud machte die Anzeige. Dr. Harant: Hat Hirsch bei der Bestellung etwas davon gesagt, daß Sie die Uhrketten mit Nachnahme senden sollen? A n g e k l. S l a m a: Er hat nichts davon erwähnt. Dr. Harant: Warum haben Sie so bald schon die Anzeige bei der Polizei gemacht? Angekl. Slama: Weil mir erst vor Kurzem ein Bekannter im Kaffeehause gesagt hatte, daß er von einem gewissen Hirsch beschwindelt worden sei; ich habe tvvl iu dem Polizeiauzeiger Hirsch einen Schwindler genannt, aber in keiner Weise veranlaßt, daß diese Anzeige in die Zeünng kam. Verth. Dr. Troyer: Ist Ihnen bekannt, daß ein ähnlicher Artikel anch im Wiener Jllnstrirtcn Extrablatte erschienen ist? Angekl. Slama: Ja. Am 10. April stand ein gleicher oder ähnlicher Artikel in diesein Blatte; wann aber jener Artikel im Alpenbote« erschienen ist, weiß ich nicht. Es wird die Pvlizcianzeige des Leopold Slama vorgelesen, sie lantet: „Im December v. I. erschien bei mir im Geschäfte ein Mann, der sich Hirsch nannte und sich für einen Pretioseuhändler aus Weißcubach im Mühlviertel ausgab uud sich zwei goldene 14karatige Uhrkcttcn im Werthe von 47 fl. 50 kr. ans der Muster- karte aussuchte uud von mir verlangte, ich möchte ihm diese Waare offen uud nicht gegen Postnachnahme nach Weißenbach senden. Diesen Menschen, der mir dnrch sein offenes nnd entschiedenem; Auftreten, sowie dnrch seine Geschäftskenntuiß Vertrauen emflößte, versprach mir sofort nach Empfang der Waare das Geld zn übersenden. Da ich anf drei an ihn gerichtete Briefe keine Antwort, sondern die Briefe selbst mit der Bemerknng, daß der Adressat dort nicht bekannt sei, znrückerhiclt, schrieb ich an das Postamt in Weißenbach nnd erhielt die Nachricht, daß das fragliche Packet in Königswiesen von einem unbekannten Manne behoben worden sei; ich dürfte daher von diesem Manne beschwindelt worden sein. Derselbe war in einem Alter von 37 bis 38 Jahren, von großer, starker Statur, hatte dunkle Haare, kleinen Schunrbart, ein angenehmes Aeußere nnd einnehmende Manieren und war mit einer lichtgrauen Lodenjacke nach All bey Swierer, für deu ich ihn auch uach seiner Aussprache hielt, bekleidet. Ich weiß auch von eiuigeu anderen Pretiosenhändlern, daß derselbe Mann anch bei ihnen gleiche Schwindeleien verübte." Angekl. Slama: Ich habe mich geirrt; erst im Fcbrnar hat Hirsch Waaren bestellt, welche er nicht gleich bezahlte. 9tad) Verlesung des Artikels im Alpenbvten vom 15. April d. I.: Angekl. Slama: So genau war es nicht iin Extrablatte, aber im Extrablatte ist es richtig. Es wird hierauf der Artikel aus dem Jllustrirteu Wiener Extrablatle vom 1!. April d. I. vorgclescu: „Ein neuer Schwindel. Ein ungefähr 38jähriger Mann, welcher sich für den Pretiosen- händler I. I. Hirsch ans Weißcubach im Mühlviertel iu Oberösterreich ausgab, bestellte im December v. I. bei dem Schottenfeldgasse 77 etablirteu Goldketteu Fabrikauteu Leopold Slama zwei goldene Uhrketten im Werthe von 48 Gulden mit dem Ansuchen, dieselben unter seiner obigen Adresse an das Postamt Weißenbach abznsenden; bei diesem reguirirte der Schwindler die Ucberscndnng des bezüglichen Packeis an das Postamt nach Königswiesen, wo er es am 14. v. M. behob. Wie die Polizei constatirte, hat dieses Individuum bei mehreren anderen Goldarbeitern auf dem Wiener Platze anf dieselbe Art Pretiosen heransgeschwindelt." Angekl. Slama: An demselben Tage, au welchem diese Nummer aufgelcgeu ist, las ich deu Artikel im Extrablatte, da mir ein Nachbar sagte, daß ich iu der Zeitung stehe. Es kaun nicht sein, daß der Alpenbote den Artikel vom Extrablatte abdruckte, da er es viel genauer brächte. Es wird das beim k. k. Laudesgerichte iu Linz mit Herrn Dr. Josef Hiuterhölzl, Redacteur der Liuzer Tagespost, aufge- uommeue Protocoll vvrgeleseu; derselbe sagt aus: „Ich eriunerc mich, daß ciu gleichlautender Artikel wie der in der Nummer 30 des Alpenboten mit der Aufschrift .eiu Schwindler' anch in die von mir redigirte Liuzer Tagespost Aufnahme gefunden hat, nnd wurde dieser Artikel aus einem der Wiener Blätter — ans welchem, kann ich mich nicht erinnern, entweder Borstadtzeitnng oder Wiener Tag blatt — in der Linzer Tagespost abgedrnckt. Ich erinnere mich, daß dieser Artikel in mehreren Wiener Blättern enthalten war; der Alpenbote dürfte diesen Artikel ans der Linzer Tagespost abgedruckt haben. Von wem der fragliche Artikel ursprünglich herrührt, darüber kaun ich keine Anskunft geben." Es wird darauf der Artikel aus der Linzer Tagespost vom 13. April d. I. vvrgeleseu; derselbe ist gleichlautend mit dem Artikel im Alpenboten. Angekl. Slama: Hirsch war nur zweimal bei mir; brieflich hat er nie etwas bestellt. Slama, der in seinen Aeußerungen sehr schwankend llnb un sicher sich benimmt, widerspricht sich einige Male iu seinen Angaben. Dr. Harant beantragt die Vernehmung des ohnedies üh Saale anwesenden Privatanklägers Andreas Hirsch als Zeugen znr Aufklärnug darüber, ob er die letzte Bestellung bei Slama mündlich oder schriftlich gemacht habe. Da sich der Vertheidiger Dr. Troyer gegen diesen Antrag verwahrt, : zieht sich der Gerichtshof zur Beschlußfassung iu das Berathungszimmer zurück.

Nr. 76 ____________________ _____________________________ Der Willen-lote. Seite 3 Es wird beschlossen, den Privatankläger wol nicht als Zeugen, aber behufs Aufklärung über seine letzte Bestellung bei Slaina zn vernehmen. . . , A ndreav Hcrs cl) erklärt auf das Bestmimteste, daß er die letzte Bestellung bei Slaina — es war im März d. I. - brieflich gemacht habe. Vertheidiger Dr. Trotz er: Herr Hirsch! Sind Sie berechtiget mit Pretiosen zu handeln? A. Hirsch: Ja wol! Aber nur mit Kikaratiaen Goldsachen. Vertheidiger: Sie sind ja einmal wegen schuldbarer Crida gerichtlich abgcstraft worden? A. Hirsch: Ja. Ich war damals Kaufmann in Gmnnden. Vertheidiger: Sind Sie beim Militär? A. Hirsch: Ja, Landwehrmann. Vertheidiger: Heißen Sie wirklich Hirsch? Haben Sie eine Frau, die Frauciska heißt? Haben Sie drei Kinder? A. Hirsch:, Das ist wol richtig, aber ich heiße nicht Hirsch, sondern „Hiris", seit 12 Jahren nenne id) m ich Hirsch. Vertheidiger weist ein polizeiliches Attest vor, wornach der Privatanklägcr nicht Hirsch, sondern Hiris heißt. Dr. Ha ran t: Sie, Herr Slama! Hat Hirsch zu Ihnen gesagt, er sei Pretiosenhändler und aus Weißcnbach? Angekl. Slama: Ja. Es wird das Verhörs - Protocoll mit Emil Haas vorgelescu; wir geben hiemit dessen Inhalt: Ich habe diesen Artikel aus der Linzer Tagespost entnommen und zwar, weil der geschilderte Vorfall sich in Oberösterreich ereignete. Ich that es nur deßhalb, weil ich glaubte, diese Sache könnte für euren oder den andern Leser interessant sein; dabei dachte ich aber an gar keine bestimmte Person. Ich kenne keinen A. I. Hirsch, Pretiosenhändler aus Weißen- bach, und keinen Hansirer dieses Namens, der in Steyr wohnen sollte; ich kenne anch Niemanden, auf welchen die in diesem Artikel aufgenommenc Personsbeschreibnng paßt und habe überhaupt bei der Ausnahme und Drucklegung dieses Artikels an keine bestimmte Person gedacht. Wie bereits angegeben, habe ich diesen Artikel nicht von Leopold Slama eingeschickt erhalten; mir ist Niemand unter dem Namen Slama bekannt. Der Vorsitzende erklärt das Bcwcisvcrfahren für geschlossen und erklärt, daß sich der Gerichtshof zur Berathung über die Fragestellung znrückzichcn werde. Dr. Harant beantragt, Hiebei auch auf jene Gesetzesstelle Rücksicht zu nehmen, welche anch die Vernachlässigung der pflichtmäßigen Obsorge als strafbar erklärt. Der Gerichtshof zieht sich zurück. Um V» 12 Uhr kehrt der Gerichtshof in den Verhandlungssaal zurück. Dr. Harant bittet um das Wort und führt aus: Während der hohe Gerichtshof mit der Fragestellung beschäftigt war, hat Herr Slama meinem Clienten eine Ehrenerklärung abgegeben: ich ziehe daher gegen Herrn Slama die Anklage zurück und halte sie nur mehr gegen Herrn Emil Haas aufrecht. Der Vorsitzende erklärt sodann die Verhandlung wegen vorgerückter Mittagstunde bis 4 Uhr Nachmittags vertagt. Um 4 Uhr wird die Verhandlung wieder eröffnet und werden die vom Gerichtshöfe beschlossenen Fragen durch den Schriftführer vorgelesen. Dieselben lauten: l. Hauptfrage: Ist der Angeklagte Emil Haas schuldig, daß er als verantwortlicher Redacteur der periodischen Druckschrift „Der Alpenbote" den Artikel mit der Uebcrschrift „Ein Schwindler", beginnend mit den Worten „Ein ungefähr .48jähriger Mann" und endigend mit den Worten „entschiedenes Auftreten", in die am 15. April 1880 erschienene Nummer 30 des genannten Blattes auf- nchmen ließ, und durch den Inhalt des bezeichneten Artikels den Privatanklägcr Andreas Hirsch in einem Druckwerke fälschlich beschuldigt, einen Andern durch listige Vorstellungen oder Handlungen in Irrthum geführt zu haben, wodurch Jemand einen den Betrag von 25 Gnlden übcrsteigenden Schaden erleiden sollte? ll. Frage — Eventualfrage im Falle der Verneinung der 1. Frage: Ist der Angeklagte Emil Haas schuldig, daß er als verantwortlicher Redacteur der periodischen Druckschrift „Der Alpenbote" den in der ersten Frage bezeichneten Artikel in die Nummer 30 des „Alpenboten" vom 15. Llpril 1880 aufuehmen ließ, und in diesem Artikel durch Mittheilung von erdichteten und entstellten Thatsachen den Privatanklägcr Andreas Hirsch namentlich, oder durch auf ihn passende Kennzeichen fälschlich einer bestimmte» unehrenhaften oder solchen unsittttchen Handlung, welche diesen in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabznsctzcn geeignet ist, in einem Druckwerke beschuldigte? III. Frage — Eventualfrage im Falle der Verneinung der 1. und 2. Frage: Ist der Angeklagte Emil Haas schuldig, daß er als verantwortlicher Redacteur der periodischen Druckschrift „Der Alpenbote" den in der l. Frage bezeichneten Artikel in die Nummer 30 des „Alpenboten" vom 15. April 1880 aufuehmen ließ, und burd? diesen Artikel, so weit es sich um die Ausdrücke „Schwindler nnb Betrüger" handelt, ohne Anführung bestimmter Thatsachen den Privatanklägcr Andreas Hirsch namentlich, oder durch auf ihn passende Kennzeichen verächtlicher Eigenschaften oder Gesinnungen in einem Druckwerke zieh? IV. Frage — Eventualfrage im Falle der Verneinung der vorausaehcnden Fragen: Ist der Angeklagte Emil Haas schuldig, als Redacteur der periodischen Druckschrift „Der Alpenbote" jene Aufmerksamkeit vernachlässiget zu haben, bei bereu pflichtmäßigen Anwendung die Aufnahme des in der I. Frage bezeichneten Artikels in die Rnmmcr 30 des „Alpenboten" vom 15. April 1880 unterblieben wäre? V. Frage — Zusatzfrage im Falle der Bejahung der 1V. Frage: Ist durch den vorbezeichneten Artikel der Privatankläger Andreas Hirsch in einem Druckwerke fälschlich eines Verbreche ns, oder, sei es namentlich, oder durch auf ihn passende Kennzeichen eimer bestimmten unehrenhaften oder unsittlichen Handlung, welche die seu in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabznseh cn !geeignet ist, beschuldiget; — oder in eben solcher Weise ohne Ä n- ührung bestimmter Thatsachen verächtlicher Eigenschaften oder (s se innnngen geziehen worden? Nach der Vorlesung der Fragen frägt der Vorsitzende die beiden Parteien, ob sie mit dieser Fragestellung einverstanden sei« m, und als sie dies bejaht hatten, ertheilt er dem Herrn Dr. Haro nt als Vertreter des Privat Anklägers das Wort. Herr Dr. Harant fuhrt aus: „Meine Herren Geschwornen! Sie haben heute vernommen, daß im Alpenboten vom 15. April d.lZ. ein mit ,ein Schwindler' betitelter Artikel erschienen ist, worin e in gewisser A. I. Hirsch beschuldiget wird, daß er ein Schwindler sei, daß er einem gewissen Leopold Slama, Uhrketten - Fabrikanten i ll Wien, Uhrketten herausgeschwindelt, sowie auch andere Pretiosen Händler auf ähnliche Art beschwindelt habe. Diesen Artikel brauch ich ihnen wol nicht erst zn wiederholen, da er ja ohnedies vorge- lesen worden ist. „Meine Herren Geschwornen! Ich weiß von vorueherein, das; von der Vertheidigung die Jdendität des A. I. Hirsch und des Privat-Anklägers A. Hirsch bestritten werden wird, aber Sie werden nicht bezweifeln, daß diese beiden Personen identisch sind. „Damit Sie die Schwere der Beleidigilng. welche meinem Clienten angethan worden ist, ermessen können, bleibt mir nichts Anderes übrig, als Ihnen zu erzählen, was wirklich vorgcgangen ist. Im December v. I. und im Februar d. I. feinste mein Client beim Slama Uhrketten und zahlte gleich per compt-ant. Wie Slama angibt, hat Hirsch einen sehr guten Eindruck auf ihn gemacht lind war nichts naheliegender, als daß es dem Slam.a wünschenswerth I | erschien, mit dem Hirsch in Geschäfts - Verbindung zu trete«. Im I März d. I. bestellte Hirsch bei Slama wieder Uhrketteu — Slama i sagt persönlich, Hirsch brieflich, was sich übrigens gleich bleibt — I 1 genug; es ist über allem Zweifel erhoben, daß die Uhrketten im ! März bestellt worden sind. Weiters ist noch acteumäßig constatirt, | daß Slama dem Hirsch die Uhrketten ohne Nachnahme nach Weißen ; bad) schickte. Hirsch ließ sich die Sendung nach Königswiesen nachsenden und behob sie dort. Auf einmal, am 5. April d. I., geht I Slama in Wien zur Polizei, sagt: ,Hirsch ist ein Schwindler, er ' hat mich betrügen wollen'. Was lag vor? Hirsch hat sich doch gar | nichts Unredliches zu Schulden kommen lassen! Wer nur zwei Monate schuldig bleibt, ist noch kein schlechter Zahler, auch nicht, | wenn er vier Monate schuldig bleibt. Es lag daher keine Ursache vor, den Hirsch einer betrügerischen Handlungsweise zu beschuldigen! „Hirsch hat nun den Herrn Emil Haas in dreifacher Richtung ! wegen Ehrenbeleidigung angeklagt und zwar nach 88 487, 488 und 1 491 St.-G.-Bl. Es erübrigt mir nun nichts Anderes, als Ihnen । diese Gesetzesstcllen zu erklären. 8 487 St.-G.-Bl. sagt: .Einer > Ehrenbeleidigung macht sich schuldig, wer einen Anderen fälschlich eines Verbrechens, olmc daß die Beschuldigung soweit gegau^'n ist, um die zum Verbrechen der Verleumdung erforderlichen Eigeuschasien zu erreichen oder fälschlich eines Vergehens oder einer Uebcrtretung beschuldiget'. Ich frage nun, ob dies nicht dem Hirsch in erster , Linie passirt ist? Er wurde beschuldiget, daß er dem Slama Uhrketten herausgeschwindelt, daß er einen Betrug verübt habe. Emil Haas ist aber in der Beschuldigung noch weiter gegangen, da es im betreffenden Artikel anch heißt, daß Hirsch den Slama um einen Betrag von sechzig Gulden beschwindelt habe. Das hohe Präsidium wird Ihnen sagen, daß derjenige, welcher einen Anderen um einen Betrag über 25 Gulden beschwindelt, ein Verbrechen begeht: Hirsch ist daher eines Verbrechens beschuldiget worden. — 8 488 St.-G.-Bl. sagt: ,Wer auch sonst durch Mittheilung von erdichteten oder enl stellten Thatsachen Jemanden namentlich oder bnvdj auf ihn passende Kennzeichen fälschlich einer bestimmten unehrenhaften oder solchen unsittlichen Handlnng beschuldiget, welche diesen in der öffentlichen Meinung verächtlich zn machen oder herabzusetzen geeignet ist' und 8 491 St.-G.-Bl.: .Ebenso begeht eine Chrenbeleidignug, wer einen Andern öffentlich oder vor mehreren Leuten, in Druckwerken, verbreiteten Schmähschriften oder bildlichen Darstellungen von was immer für Art, es sei namentlich oder durch auf ihn passende Kennzeichen, ohne Anführung bestimmter Thatsachen, verächtlicher Eigenschaften oder Gesinnungen zeiht oder dem öffentlichen Spotte aus setzt.' — Meine Herren! Wenn ich Jemanden einen Schwindler und Betrüger nenne, so zeihe ich ihn denn doch verächtlicher Eigen schalten! Ich bin daher der Ansicht, daß mein Client in dreifacher Richtung beleidigt worden ist, daß Emil Haas sich in dreifacher Richtung des Vergehens der Ehrenbeleidigung schuldig gemacht hat. „Sie, meine Herren Geschwornen, sind davon unterrichtet, ob diese Beschnldignng fälschlich war oder nicht; Sie wissen, daß nicht die entfernteste Idee von einem Betrüge vorhanden war. Der betreffende Artikel begründet daher einmal objectiv jedenfalls den Thatbestand des Vergehens gegen die Sicherheit der Ehre. „Die Einwendungen der Vertheidigung werden sein: „der Privat - Ankläger Hirsch ist nicht jener I. A. Hirsch und dem Redacteur Haas mangelte die Absicht zu beleidigen". Meine Herren! Sehen wir uns einmal die Personsbeschreibnng in jenem Artikel an; sie paßt doch ganz gewiß anf meinen Clienten. Wir haben weiter gehört, daß Hirsch im März d. I. beim Slama Uhr- ketten bestellt hat: Hirsch weiß sehr gut, daß gegen ihn wegen dieser Anzeige des Slama die peinliche Untersuchung eingeleitct worden war. Können Sie noch zweifeln, daß dies ein anderer Hirsch war? Dazu hat uns Slama heute diesen Hirsch als den genannten I. A. Hirsch bezeichnet; Slama hätte wol einen Witz machen nnb sagen können: ,Ja, der Hirsch, welcher bei mir gewesen ist, war ein ganz Anderer'. Eine weit wichtigere Frage ist aber, ob die Vertheidigung des Emil Haas vielleicht die beleidigende Absicht bestreitet! Haas sagt in seinem Verhöre: ,Jch hatte gar keine beleidigende Absicht, ich kenne den Hirsch gar nicht, ich dachte überhaupt nichts dabei, als ich jenen Artikel in dem Alpen-Boten einrücken ließ, ich wollte nur das Publicum warnen'. Diese Verantwortung des Emil Haas ist aber .unrichtig, denn, wenn ich mir dies thun will, so nenne ich nicht den Hainen, sondern sage höchstens ,A. H.'. Glauben Sie, meine Harren Geschwornen, daß ich Einen nicht beleidigen kann, wenn ich ihu nicht kenne? Nehmen Sie an: Ich kenne Ihre Angehörigen gar nicht, aber Sie würden sich doch gewaltig anfhalten, wenn ich etwas Unehrenhaftes über sie sagen würde! — Wenn ich Jemanden einen Schwindler und Betrüger nenne, so mnß ich mir doch dabei denken, daß dieser Jemand wirklich ein Schwindler nnb Betrüger ist; ebenso muß sich Haas gedacht haben, daß Hirsch ein Schwindler ist. Würden Sie, meine Herren Geschwornen, wenn Ihnen dies passirt wäre, es sich so ruhlg haben gefallen lassen? Gewiß nicht! Dann: Hirsch wird im Alpen-Boten, der dort circnlirt, wo er seine Geschäfte ausübt, ein Schwindler und,Betrüger genannt. „Ich bin daher der Ansicht, daß Sie schlechtweg jede dieser Fragen bejahend beantworten können nnd dies auch thnn werden. Der hohe Gerichtshof hat aber für den Fall, daß Ihr Mitleid Grenzen erreichen sollte, die ich wol nicht begreifen würde, noch eine Frage gestellt (Redner verliest die 4. Frage). Wenn nun die Herren der Ansicht sein sollten, daß Haas keine beleidigende Absicht hatte, so werden Sie doch bejahen, daß er die pflichtmäßige Obsorge vernachlässigt nnd den Vater einer Familie ohne allen Grund an den Pranger gestellt hat." Hierauf ergreift der Vertheidiger Herr Dr. Trotzer das Wort: „Meine Herren Geschwornen! Die Privatanklage hat Ihnen das Verhältniß der Bestellung nnd des Bezuges der Goldketten auseinander gesetzt. Dies aber war dem Herrn Emil Haas eine ganz unbekannte Sache. Ich erlaube mir daher, Ihnen den Sachverhalt auseinander zu setzen. Hirsch reete Hiris bestellte im März d. I. beim Goldarbeiter Slaina in Wien eine Uhrkettc. Bezüglich der Bestellung gehen die Aussagen des Slama nnb des Hirsch reete Hiris auseinander; Slama behauptete eine mündliche, Hiris eine schriftliche Bestellung. Uebereiustimmend ist aber, daß die Waare nach Weißenbach bestellt wurde. Slama sagt, Hirsch habe sich als A. I. Hirsch aus Weißenbach im Mühlviertel ansgegebcn und au ihn habe er anch die beiden Goldkelten anfgegeben: mit den beiden Goldketten zugleich habe er auch einen Bries abgeschickt, worin er den Hirsch bat, den Empfang der Waare zn bestätigen. Hirsch ließ sich die Waare von Weißenbach nach Königswiesen nachschickcn, behob |ic sodann in Königswiesen, aber ohne dem Slama eine Empfangs Bestätigung oder das Geld zu senden. Meine Herren! Ich bin wol auch der Ansicht, daß ein Termin von zwei Monaten kein langer ist, daß, wer in zwei Monaten zahlt, noch ein guter Zahler ist.' Aber in diesem Falle paßt diese Auffüllung nicht, denn Hirsch hätte doch, nachdem er die Sendung behoben hatte, dem Slama schreiben können .ich habe die Goldketten erhalten nnd werde, bis zn der und der Zeit zahlen.' Slama schickte einen Brief an Hirsch nach Weißenbach, dann einen zweiten, einen dritten Brief; aber alle diese Briefe kamen zurück mit der Weisung, daß lie unbestellbar seien. Slama fragte sich nun beim Postamte in Weißenbach an nnd es wurde von diesem Postamte nach erfolgter Erknndignug belin Posl amte in Königswiesen dem Slama Mitgetherlt, daß die betreffende Sendung behoben worden sei, aber von wem? wisse man nicht. Slama glaubte sich daher betrogen, ging zur Polizei und machte die Anzeige. Das Polizei Commiffariat Neuban, >vo eben Slama gegen Hirsch die Anzeige erstattet hatte, hat diese Anzeige am 6. April d. I. der k. k. Staatsanwaltschaft in Wien abgetreten nnd zwar mit dem Bemerken, daß die genaue Pcrsous und Thatbeschreibung im Polizei Anzeiger erfolgen werde. Slama war nun angeklagt gewesen, daß e.r jenen Artikel in den Alpenboten gegeben habe; aber durch «lama ist er auf keinen Fall hineulgekommen. Wie aber die Zeitungen zu jener Sache gekommen sind, weiß ich nicht. Entweder haben die Zeitungen den Polizeianzeiger erhalten oder cs hat sich ein Reporter in Wien, wie dies öfters geschieht, jene Anzeige durch untergeordnete Polizeiorgane verschafft. Diese Anzeige kam in mehrere Wiener Blätter, kam dann in die Linzer Tagespost nnd hierauf in den Alpenboten, aber gewiß ohne alles Zuthun des Slama. Der Alpen böte bat diesen Artikel am 15. April, die Linzer Tagespost am 13. April, nnd am 11. April hat das Rene Wiener Jllustrirte Extra blatt einen ähnlichen Artikel gebracht. „Emil Haas wird nun wegen jenes Artikels im Alpenboten von Hiris angeklagt. Bevor ich nun in die Vertheidigung näher cingehe, halte ich Ihnen, meine Herren, den Artikel vor. (Redner citirt den Artikel.) Der Artikel sagt nicht, daß der Privatankläger Andreas Hirsch die Uhrkette bestellt habe, daß er bei einem Gold- arbeiter Uhrketten nnd Pretiosen herausgeschwindelt habe. Der Privatanklägcr stellt sich sohin auf einen ganz falschen Boden; er sagt: .mich hat der Artikel beschuldigt, daß ich auch bei einem andern Goldarbeiter Goldketten herausgeschwindelt habe.' Das aber steht nicht im Artikel; es steht nicht drinnen, daß cs dieser Hirsch war, sondern, daß cs Einer war, der sich für einen Hirsch ausgegeben hat. Nun sagt der Privatanklägcr .ich bin es doch' nnd zwar aus verschiedenen Gründen. .Einmal heiße ich Hirsch!' Nun, meine Herren Geschwornen! Es ist durch ein Attest der hiesigen Polizei constatirt worden, daß er .Hiris' heiße und hat er selbst zugegeben, daß er sich den Namen .Hirsch' nur anmaße; er hat sich daher einfach eines falschen Namens bemächtigt. In jenem Artikel steht aber nicht Hiris, sondern Hirsch; er heißt nicht I. A. Hirsch, auch überhaupt nicht Hirsch, darum paßt der Artikel auch nicht auf ihn. Es sind gewiß Herren aus dem Kanfmannsstande unter Ihnen, die wissen, daß A. I. Hirsch nnb Andreas Hiris nicht dasselbe ist. „Dann sagt der Privatanklägcr ,es kann nur ich gemeint sein, weil die Personsbeschreibnng ganz auf mich paßt. Meine Herren! Wenn nun Sie den Artikel gelesen hätten und der Privat ankläger, ohne daß Sie es wüßten, zufällig vor Ihnen gestanden wäre, so hätten Sie ihn gewiß nicht erkannt. Zn einer solchen Per sousbeschreibnug könnten sich aber Tausende melden. Es heißt in dieser Personsbeschreibnng .ein 38 jähriger Mann', während) Hiris erst .">1 Jahre alt ist. Gerade in diesen Jahren ist das Alter, be sonders bei Männern gnt erkennbar. Meine Herren Geschwornen! Damit will ich aber nicht sagen, daß der Privatanklägcr nicht derselbe sei, welcher die Uhrketten bei Slama bestellt hat. Der Privatanklägcr muß genannt und so beschrieben sein, daß man ihn erkennt, denn sonst kaun er nicht beleidigt sein. Ich bin vollkommen über zeugt, daß Niemand in Stctzr gedacht hat, daß dies der Hansirer Hiris sei. „Meine Herren! Es ist wol kein Zweifel, daß Slaina mir denjenigen bei der Anzeige gemeint hat, welcher die Uhrkette bei ihm bestellt hat. Aber das war für den Redacteur des Alpenboten eine unbekannte Sache, denn derselbe wußte gar nicht, daß hier ein A. Hirsch, reale Hiris existirt, daß ein Slama in Wien existirt, daß Hiris bei Slama Uhrketten bestellt habe; so war es anch jedem Leser unbekannt. Es ist daher geradezu unbegreiflich, wie der Privatankläger diese Beschnldignng anf sich münzen kann. Aber, meine Herren! das ist doch keine Ehrenbeleidigung, wenn die ge meinte Person nicht erkenntlich gemacht worden ist. Diese Personsbeschreibnng paßt anf hundertmal Tausende. Aber wenn Sie schon so weil gehen und meinen würden .der Aanle Hirsch ist doch dabei', so wollen Sie »nr bedenken, daß Hunderte kommen können nnd sagen .ich heiße and) Hirsch und fühle mich durch diesen Artikel beleidigt.' „Also meine Herren Geschwornen! Ich behaupte, daß der Redacteur des Alpenboten Herr Emil Haas sich unmöglich einer strafbaren Handlungsweise hat schuldig machen können, dadurch, daß er jenen Artikel aus der Linzer Tagespost zum Wiederabdrucke ge bracht hat, welcher bereits in verschiedenen Blättern enthalten war, denn er hatte nicht im Entferntesten die Absicht. Jemanden zu kränken; derlei Notizen haben einfach als Warnung für das Publi cnm zn dienen. Haas konnte sohin nicht die Absicht haben, den Privatanklägcr zn kränken; cs fehlt daher die zu jedem Verbrechen und zn jedem Vergehen nöthige .böse Absicht'. Wäre es etwas Strafbares, so müßte Haas die Absicht gehabt haben, wirklich Jemanden zn beleidigen. Meine Herren! Es ist nicht richtig,, daß Haas damals an gar nichts gedacht hat. Wenn dies auch in seiner Aussage vorkommt, so hat Haas damit nur gemeint, er habe einfach an Niemand Bestimmten gedacht, den er beleidigen könnte. „Uebergehend auf die eiuzeluen Fragen, so kann ich Ihnen nnr die Bitte vorlegen, sämmtliche Fragen zn verneinen.Die erste Frage geht dahin (Redner liest die 1. Frage). Meine Herren Ge schwornen! Lesen Sie den Artikel nnd Sie werden sagen, daß der Privatankläger nicht genannt ist; daher hat der Privatankläger kein Recht, die Privatanklage zu erheben. Sollten Sie jedoch annehmen, daß der Privatankläger so bezeichnet war, daß das Publicum ihn erkennen konnte, so müssen Sie diese Frage anch deßhalb verneinen, weil dazu gehören würde, den Privatankläger fälschlich zu beschuldi gen. Aus diesen Gründen müssen ^ie die l. Frage verneinen. Dieselben Gründe liegen auch für die Verneinung der zweiten Frage vor, da ja die vom Gesetze geforderte Absichtllchkcit der fälsch lichen Beschuldigung nicht vorlicgt. Ebendasselbe gilt auch bei der dritten Frage, welche anch schon darum verneint werden mnß, da es darin heißt .ohne Anführung bestimmter Thatsachen'; lesen Sie den Artikel, worin aber bestimmte Thatsachen angeführt werden. Ich bin vollkommen überzeugt, daß, wenn Sie diesen Artikel rubig lesen, Sie sich wundern werben, daß der Privatankläger Andreas Hirsch, reete Hiris sich für jenen Hirsch hält; Sie werden nicht darauf kommen, daß in diesem I. A. Hirsch Jemand den Andreas Hiris hätte erkennen können. Nie ine Herren! Es ist Ihnen auch eine vierte Frage vorgelegt worden, welche dahin lautet, ob >ich denn Emil Haas nicht einer gewissen Nachlässigkeit schuldig gemacht habe, dadurch, daß er durch Aufnahme jenes Artikels jene pflichtmäßige Obsorge verletzt hat, ohne welche der Artikel nicht bineingekommen wäre. Meine' Herren! Wenn ein Redacteur einen geschriebenen Artikel bekommt, so liest er ihn oftmals durch, damit ja gegen Nie «landen etwas Ehrenrühriges darin gesagt wird. Aber in diesem Falle bat Niemand dem Redacteur den Artikel hinterbracht, denn dieser Artikel stand schon in der Linzer Tagespost, welche fast in allen Orten Oberösterreichs ansliegt. Die 1. Frage behandelt eben, ob der Redacteur es au der nothwendigen Aufmerksam keil habe mangeln lassen. Ich sage: .Keineswegs', da dieser Artikel kein geheimer mehr war, sondern bereits ein öffentlicher; die Nummer der Linzer Tagespost, in welcher jener Artikel enthalten ist, war ja schon am 13. April erschienen, und _ bie Linzer Tagespost ist in Stevr sehr verbreitet. Der Redacteur Emil Haas konnte anch eine Beunruhigung nicht erblicken, da die Linzer Tagespost ein viel mehr verbreitetes Blatt ist als der Alpenbote. Er wußte, daß der Redacteur der Liuzer Tagespost Herr Dr. Hinter hölzl sehr gewissenhaft vorgeht, und daß dieser Artikel überhaupt schon int Publicum bekannt war; er konnte daher kein besonderes Bedenken fühlen, dem Artikel Eingang in sein Blatt zu verschaffen. Aber nicht der Alpenbote mib die Linzer Tagespost allein, sondern auch mehrere Wiener Blätter haben nach der Aussage des Redac teurs der Linzer Tagespost Herrn Dr. Hiuterhölzl dielen oder einen ähnlichen Artikel gebracht. Einem jeden Menschen muß doch zuge mulhet werden, daß er jene Aufmerksamkeit anwende, die ihm geziemt. Es zeigt sich, daß der Artikel für Niemanden etwas Auf fälliges enthielt, und es bat spielte ja in dem ganzen Artikel nichts aus Steyr uud seine Umgebung an. Im Artikel ist einfach nur von der Geschichte in Wien die Rede, ivelche sich dann im Mühlviertel weiter ablvickelte. Wie konnte doch der Redacteur des Alpenboten daran denken, das; er hiemit Jemanden beleidige oder verletze? Selbstverständlich ist auch die 5. Frage (Zusatzfrage' zu verneinen, weil in dieser Frage zu entscheiden kommt, ob der Privatankläger Andreas Hiris eines Verbrechens oder sonst einer nnehreuhaften

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