Der Alpen-Bote vom 29. Juni 1879

Seite 2 Nr. 2 Der Alpen=Volk. Wille ist, daß von Seite der clericalen Partei solche erbarm¬ liche Falschungen vorgenommen werden sollen. Schon die Art und Weise, mit der sie schamlos gleich bei der Einleitung zur Wahl vorgeben, sollte für die Wahler eine Warnung bilden, bei der Wahl selber auf der Hut zu sein. Sur Ladesueltate. Das Remitat der Wahlen vom 24. d. ergibt leider eine Verstartung der Clericalen und Nationalen um 3 Stim¬ men und die entsprechende Schwachung der Verfassungspartei. Letzterer entainaen: In Niederösterreich der Wahlbezirt von Korneuburg, bisher durch Dr. Kaiser, nunmehr durch den Pfarrer Ruf vertreten; in Oberösterreich der Wahlbezirk von Gmunden, bisher durch Dr. Edlbacher nunmehr durch den clericalen Postmeister Nosta vertreten in Krain der Wahlbezirk von Gotschee, bisher durch Dr. Deschmann, fortan durch den national clericalen Grafen Barbo-Warenstein vertreten. Es sind nunmehr die Landgemeinden Oberösterreichs durch lauter clericale Abge¬ ordnete 17), die von Krain durch lauter National=Clericale 5), die von Niederösterreich durch 8 Liberale und 2 Cleri¬ cale vertreten. — Von den am 24. d. vollzogenen 22 Wahlen stellen sich 14 als Wiederwahlen, 8 als Neuwahlen veraus. Es geboren nämlich von den Gewählten schon dem letzten Abgeordnetenhause an: Nicolaus Dumba, Dr. Georg Graf Heinrich Brandis, Pfarrer Franz Fischer. Dechant Albert v. Vilual und Johann Zeilberger aus Ober¬ osterreich): Graf Barbo-Warenstein, Graf Hohen¬ war. Wilhelm Pfeifer (Krain). Neugewählt wurden In Niederösterreich Ingenieur Alexander Friedmann nur Dr. Rodler), Landtagsabgeordneter Heinrich Furntranz für Franz Scurer, Landtagsabgeordneter Johann Oberndorfer für Dr. Friedrich Harrant). Pfarrer Ruf für Dr. Jana Kaiserl. In Oberösterreich: Deto¬ nom Johann Zedelmayr (für Victor Weiß v. Star¬ kenfels, vorherr Gregor Doblhamer für den Grundbesitzer Johann Schrens), Postmeister Nosta für Dr. Edlbacher). In Krain: Weltpriester Carl Kun und Grundbesitzer Adolf Obreza (anstatt Dr. Rastaa und Dr. Deichmann). Graf Barbo¬ Warenstein tauschte nur den früheren Wahlbezirk gegen einen anderen um. — Die Landgemeinden von Salzburg wahlen die clericalen Candidaten, den Oberlandesgerichts¬ rath Tienbacher mit 127 gegen 17 und Mathias Neu¬ mayer in Maishofen mit 140 gegen 7 Stimmen zu Reichsraths=Abgeordneten. In Böhmen hat zwischen den Feudalen und Verfassungs¬ freuen im Großgrundbesitze eine Compronin stattgesunden, wonach die Letzteren den böhmischen Feudalen 10 Sitze concedirten, welche sonach in den Reichsrat eintreten. In ihrem Wahlaufrufe verlangt aber der feudale Großgrund¬ besitz die „ausgleichende Verbindung, welche das a. v. Diplom vom 20. October 1860 als votes Ziel sich gelebt hatte die böhmischen Feudalen treten in den Reichsrath nur unter der Bedingung ein, „daß ihnen die Möglichten geboten werde ihre Ueberzeugung, ihren Rechtsstandpunkt onen und ohne Nuaalt wirksam zu wahren.“ Der Gang der offentlichen Angelegenheiten soll ihnen die Gewar das bieten, daß ihr Eintritt der versöhnenden Ausgleichung diverairender Rechte und Rechtsanschauungen“ dienen kann. Aus dem sendalen Nothwalich ins Deutsche übersetzt, bei¬ dies: die Feudalen treten in den Reichsrat, um den Versuch zu machen, die December=Verbauung durch das October¬ Diplom zu erseten, und zwar auf verfassungsmäßigem Wege. Sie rechnen dabei auf die Unterstützung des Ministeriums, welches ihnen die erwähnte „Gewähr bieten soll. Sie treten ferner nicht bedingungslos in den Reichsrath, wie es nach den ersten Nachrichten über das Compromiß vier, sondern unter irgend einem Vorbehalt, einem Protest oder Rechtsverwahrung, über deren Inhalt man aus dem Wahl¬ fruf zwar nichts Genaues erfahrt, von dem man sich aber leicht eine Vorstellung machen kann, wenn man sich an die Geschichte dieses „historischen Adels erinnert. Es ist be¬ greiflich, daß unter solchen Umständen eine neue Schwächung der Verfassungspartei im neuen Parlamente bevorsteht, und tritt daher an die treuen Anhanger der Verlanung umsomehr die ernste Aufgabe heran, fest zusammenzustehen. damit ne keinen Sitz mehr verlieren. Nach einer aus Montenegro kommenden Meldung at Furst Nicolaus mehreren Functionären, welche an¬ läßlich der Delimination und Uebernahme des Gebietes von Spizza intervenirt haben, Decorationen verlieben, und zwar: dem Bezirkshauptmanne Budisavlievic den Danilo¬ Orden III. Classe, dem k. k. Hauptmanne des Generalstabes Moguli, dem in Sizza exponirten Statthalterei=Conci¬ visten Danilo und dem Bezirks=Ingenieur Einendovic denselben Orden IV. Classe. im deutschen Reichstage hat die Tarif=Com¬ mission die constitutionellen Garantien, nämlich die periodische Bewilligung gewisser Zolle, abgelehnt, dagegen die foderativen Forderungen des Centrums an¬ genommen, daß der Mehrertrag der Zölle und Steuern den Einzelstaaten überwiesen werde. Die Meaction repräsentirt sich vereits ohne Feigenblatt. In Gaupten hat die politische Action der europäischen Großmächte einen vorlangen Abschluß gefunden. Der be¬ sive hat am 26. d. M. an Befehl des Sultans zu Gun¬ sten seines Sohnes Tewit Pascha abgedankt, welcher als Khedive proclamirt wurde. Ismail Pascha verläßt mit zwei Söhnen Egypten und wird seine bedeutend verminderte Sivilliste in Europa verzehren. Es ist nicht unmöglich, dan ich die Meldung der „Times", der Khedive wolle sich in Wien niederlanen, bewahrbeitet, da er in Folge der ener¬ anschen Action Englands und Frankreichs vorlaung kaum Lust haben durfte, in Paris oder London zu leben. Sorrespondenz. Kirchbart, 27. Juni. (Zur Wahlbewegung. Gestern war unser bisheriger Abgeordneter Herr Franz Wichoff zur Candidatur vier erschienen und fand Abends 3 Uhr in Schlagers Gasthause, dem sog. Freihause eine Wahlerversammlung statt, die außerordentlich zahlreich besucht war. Herr Burgermeister Wilhelm Redtenbacher eröfnete die Versammlung, erklärte: dan Herr Wickhof als Candidat erschienen sei, und schlu¬ Herrn Notar Dr. Albach als Vorsitzenden der Wahlversamm¬ una vor, welchem Vorschlage mit Acclamation zugestimmt wurde. zuerst ergrif der hier allgemein so hochgeachtete Herr Sensenfabrikant Caspar Zeitlinger, Vorstand der Sensenschmied=Genossenschaft das Wort, um Herrn Wickhof laut und offentlich in wärmsten Worten nur das¬ enige zu danken, was derselbe im Interesse der Sensen Industrie bisher geleistet hat. Er sagte: Kirchdorf und die Sensenindustrie seien auf das innigste verbunden. Wenn die Sensenindustrie gedeihe, gedeihe auch Kirchdorf. Zur Interesse sei durch ein Paar Jahrhunderte aneinander ge¬ knüpft. Er schlage Herrn Wickhof als Candidaten vor, denn die Sensenindustriellen kennen keinen besseren. Stürmischer Jubel folgte diesen Worten. Darauf erarin Herr Wichon das Wort zu einer mehr als dreiviertelstundigen Rede, in welcher er Rechenschaft über sein Verhalten im Reichsrathe ablegte und namentlich die tunne Handelspolitik Oesterreichs in ihrem Meere auf die Sensen-Industrie darstellte. Auch über das Klein¬ gewerbe und über eine neue Gewerbe=Ordnung sprach er sehr eingebend und zur Zufriedenheit aller Anwesenden. Seine Rede wurde baung von Beifall unterbrochen und am Salusse lebhaft beklatscht. Nachdem sich Niemand zu einer Interpellation gemeldet hatte, vielt der Vorsitzende Herr Notar Albach eine mar¬ tige Ansprache, worin er die Candidaturen der Herren Wickhoff und Verl mit einander veralich und eine eventuelle Wirksamkeit Perts in ihrer vollkommenen Nichtigkeit darstellte. Hierauf proclamirte er die Can¬ didatur Wickhoff die mit zustimmenden Lebe¬ ochrufen begrüßt wurde. Es hatte sich auch unsere Liedertafel eingefunden: die zahlreiche Obore unter verdientem Beifalle zum Vortrage brachte, und endlich wurde Herrn Franz Holzlhuber aus Steyr, der in Begleitung des Herrn Wichon erschienen war, eine Guitarre dargereicht, und derselbe sana so weitere Lieder und Schwante, daß die ganze Gesellschaft bis 1 Uhr beisammen blieb, und in der fröhlichsten Stimmung sich trennte. Zeitrices. Aus dem Gemeinderathe.) Aus der Sitzung des Gemeinderathes am Freitag den 27. d. M. beben wir als wesentliche Beschlusse hervor: Die Wiederverpachtung der Vorwannstubren ut ausschreiben. Die Beschlussanna über die Eingabe der Herren Baumgartner und Haller um Ermaniauna der Platzgebühr für ihre Marktbutten wird zur näheren Erhebung vorläung vertagt. — Die Zuschrift der Telegraphen=Direction zu Linz wird zur Kenntniß ge¬ kommen, und werden die frei werdenden Localitäten zu Schulzwecken bestimmt. — Frau Rosenauer hat die Baume vor ihrem Hause bis November zu entfernen. — Die stadt. Wasserleitung wird vorlauna vom Hause des Herrn Edel¬ bauer bis zum Exjesuitengebäude in Stand gesetzt. — Die Theater=Reparaturen werden in eigener Regie ausgeführt. Der Sectionsbericht wegen Einrichtung der Gasbeleuch¬ luna in die Versuchswerkstätte wird vertagt. Die neue Hauser Numerirung wird nach dem Antrage des Comites mit wenigen Abänderungen aeneumia. Wermanente Ausstellung.) Am 1. December 1841 wurde zum ersten Male in dem damaligen Industrie¬ und Gewerbeverein von Steyr ein Fremdenbuch aufgelegt, welches seit dem Jahre 1851, wo die letzte Unter¬ chrift eingetragen wurde in dessen Bibliother aufbewahrt worden ist. Herr Professor Wurzinger war so freund¬ lich, dieses Fremdenbuch dem Obmanne der vermanenten Ausstellung, Herrn Franz Tomit in Steyr, zur wei¬ teren Benutzung zu übergeben, welcher ein Widmungsblatt über die Entstehung der jetzigen vermanenten Ausstellung einfügen ließ, und das Buch durch die löbl. Gemeinde=Vor¬ stehung an Se. Excellenz den Herrn Statthalter nach Linz sandte, mit der Bitte, es möge der Herr Statthalter nachdem derselbe bei seiner ersten Anwesenheit in Steyr die Ausstellung mit seinem Besuche beehrte, seinen Namen ein¬ tragen, und ist Se. Excelenz diesem Ansuchen freund¬ lichst nachgekommen. Das Fremdenbuch, welches vom 1. Juli an in der vermanenten Ausstellung aufliegen wird. weist sehr viele vervorragende Namen auf besonders sind zu verzeichnen die Unterschrift Sr. k. k. Hoheit des Herrn zherzogs Johann am 11. Februar 1843, und die Sr. k. k. Hoheit des Herrn Erzherzogs Franz Carl vom 17. September 1847. — Unsere Ausstellung ist nun auch um ein Fremdenbuch reicher geworden und wird mit Ausdauer noch so manches Andere erreichen, trotz ihrer deute merkwürdigerweise noch zahlreichen Gegner (Ernennung.) Herr Moriz Senne, Lehrer in Aschach bei Steyr, wurde zum Lehrer in St. Ulrich ernannt. Feuilleton. Don Carois über den Trevir nach Fritsch. Eine Reiseskizze — Mai 1879. 5. Von Preth nach Flitsch. (Schluß=Artikel.) Zwischen den Auslaufern des Trenta= und des Preste¬ len=Stockes, an der Coritenza fort führt die Predil-Straße talabwärts weiter nach Flits. Die kleine Thalweitung von Preib bildet aber nur eine grüne Dale in dem unwirblichen Felsentale, denn alsbald rücken die Berge mehr und mehr wieder zusammen und nur Subalden, mit dürftigem raswuchse oder mit niedrigen Strauchern bewachsen, bilden die Vorlage der steilen Felswande. Da und dort stehen aus Steinen erbaut, aber außerlich kaum von einander zu unterscheiden, Wohnbauschen und Stallgebäude: oft in schwindelerregender Lage an dem steilen Gebände kleben sie. Da wohnen viele der Knappen des Raibler Bergbaues, von welchen wir früher schon gesprochen haben. Noch einmal bealeien die Strate alle Schauer des Hochgebirges. Bald unterhalb der Hauser von Unter=Breib mundet ein Seitenthal, das einen ziemlich mächtigen Wild¬ bach beraussendet zur Corilenza, welche vier so tief in den Talarund eingeschnitten ist, daß für die Stratze fast turm¬ hoch eine Brücke über sie gewölbt werden mußte. Durch dieses Nebenthal, dann einen großen Tunnel a la Gotthard, und wieder ein kleines Seitenthal an den Raibler=See hat man einmal beabsichtiget, eine Verbin¬ dungsbahn Gorz=Tarbis zu führen. Dieser enorme Kosten verursachende Bau wird wol nicht so bald zur Ausführung kommen, namentlich da jetzt die Bahn Tarvis=Udine nahezu vollendet ist. Welche Schwierigkeiten sich aber dem Betrieve einer Dampfbahn hier entgegenstellen wurden, maa aus fol¬ gender Thatsache ersehen werden. Noch einmal (Mitte Mai 1879) parte man etwas unterhalb der boven Brücke eine behufs Freimachung der Straße eben nur notdürftig durchschnittene Lawine. welche in ihrem Schneegrabe zahlreiche mitgerissene Bäume und Straucher barg. Viele Leute waren gerade beschäftiget, dieses Holzwert musam auszugraben und nach Hause zu schaffen. An dieser Stelle war vor einem Vierteljahre zuerst eine Lawine vom rechten westlichen Fels¬ avanae verabgekommen und hatte das ganze Beit des Ba¬ es in ziemlicher Breite ausgefüllt. Kaum hatte sich dieser not duritia durchgereien, stürzte gerade gegenüber von der östlichen Thalwand eine noch viel machtigere Lawine über die Straße weg in den tief unten fließenden Bach, dammte in vollständig ab und ving noch lange als Schneebrücke über demselben, denn erst nach Verlauf etlicher Tage hatte ich der Bach einen Canal durch die Schnee= und Schutt¬ Massen unterhalb durchgebohr. se weiter nun die Straße von dieser Stelle bala¬ warts führt, je mehr nimmt der Baumwuchs auf den Han¬ gen zu, ja förmliche Buchenwalder treten endlich auf. Das Thal selbst aber wird immer enger und endlich wert die Fischer Klause die Passage vollständig. Die Coritenza vat sich dieser und tiefer in den Felsengrund eingegraben, wah¬ rend die Straße in mäßigem Gefälle am Thalgebange bin¬ führt. Nun muß aber die Strate der Enge des Weges halber das jenseitige Ufer gewinnen, und hiezu dient eine kurze Bogenbrücke, welche so hoch über dem Wasserwiegel schwebt, daß man das Ausschlagen eines hinabfallenden Steines im Bache erst nach 5 Secunden voren kann. Von der Brücke abwärts zu aber kann man wegen Enge der Schlucht das Wasser gar nicht erblicken. Hier wert bart unter der Brücke abermals ein Fort den Weg aber es ist verfallen, denn seine Bestimmung war, den Vaß gegen Norden zu vertheidigen. Es diente daher nur den Franzosen und Italienern zur Vertheidigung, als „dien eine französische Provinz war 11810—1813). zwischen dem Fort und einem sentrechten Felsen ist ein schmaler Durchgang für die Straße freigelassen. Nun erweitert sich das Thal plötzlich, die Coritenza richt abwarts zu lints durch einen niedrigen Auer= Miael wahrscheinlich eine Murane aus der Gletscher Zeit, die Stratze steint langsam rechts auf die Hove dieses Riegels hinauf. Schlanke italienische Wappen umsäumen jetzt schon den Weg und in den Wiesen sieht man bereits Maulbeer¬ baume mit ihren durch consequentes Stümmeln der Aeste verkorten kolbigen Stamm=Enden stehen. Sobald man auf die Hobe gelangt ist, zeigt sich auf der breiten Vorstufe des Brestelent=Stockes der Markt Fisch und bald hat man ihn auch erreicht. Die Wohnhauser tragen hier fait schon italienischen Typus, auch ein kleines Kirchlein mit einem flachen Auf¬ baue am Giebel, welcher kleine freihandende Glocken raat und das im Innern teine Beuble vat, mahnt an italienische Art und Weise. Das Thal, auf dessen Weltgebange Fisch gelegen ist, gebort wol noch der Coritenza an, doch nicht weit entfernt trint dieser Bach mit dem östlich vom Trenta=Stocke sich ammelnden onze zusammen. Dieser Fluß, welcher noch ange im ziemlich engen Thale sudwärts fließt, tritt endlich bei Gorz in die venetianische Tiesebene aus und eraient sich inter dem Namen Sdoba unweit des alten Aquileia, dem Hafen von Triest fast gegenüber, in das adriatische Meer.

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