Der Alpen-Bote vom 10. September 1863

Es fehlte überhaupt nicht an Verirrungen und Mi߬ bildungen, bis mit dem J. 1830 eine neue Epoche begann. Sie eröffnet Gibbe, aber auch mit genialen Verirrungen, worin ihm Börne und Heine folgten. Als politische Dichter zeichnen sich aus Platen von Hallermund und Anastasius Grün (Graf v. Auersperg). Ihnen schlossen sich an: Pfizer, Stieglitz, Lehnau (Strehlenau) und viele andere. Dieser ge¬ müthlich-politischen Lyrik folgte die etwas stürmische von Beck, Hoffmann, Fallersleben, Herwegh u. a. m. Noch kommen zu erwähnen Rückert, Kerner, Seidl, Vogl, Holte, Wessenberg, Schefer, Pyrker, Duller. Im Romane Spindler, Herloßsohn, Rudolphi, Storch, Bechstein u. m. dgl. Der Poesie zunächst läge die Poesie in Klängen — die Musik - allein der enge Raum verbietet uns, über diese himmlische Kunst, sowie über alle übrigen Künste und ihren neueren Kultivirungsgang uns ausführlicher zu verbreiten, und so müssen wir, alles übrige bei Seite lassend, zu den Schlußresultaten unserer ohnehin schon sehr angewachsenen Unterhaltung eilen. (Schluß folgt.) Die erste landwirthschaftliche Ausstellung in Steyr. So ist sie denn einmal erschienen, die langersehnte, vielbesprochene landwirthschaftliche Ausstellung! Bei der Großartigkeit derselben sind wir genöthiget, uns auf einen blos übersichtlichen Bericht zu beschränken. — Ganz Steyr jubelte, und eilte trotz des stürmischen Wetters am 5. d. M. um 7 Uhr Morgens in buntem Ge¬ dränge zur Pfarrkirche, wo unser allverehrter Landeshaupt¬ mann P. T. Hochwürdigste Herr Dominik Lebschy, Probst und lat. Abt des Stiftes Schlegel ein solennes Pontifical¬ amt celebrirte, während die beiden Gesangvereine „Liedertafel und „Kränzchen" die Haslinger'sche Vocal=Messe mit aller Präzision vortrugen. Dem feierlichen Gottesdienste wohnten bei der k. k. Bezirks=Vorsteher Herr Statthaltereirath Kaim, der Herr Bürgermeister, dann die Mitglieder des Comité mit ihrem Vorstande Herrn k. k. Notar und Reichsrath Kiderle an der Spitze, und eine Menge Andächtiger er¬ füllte das Haus des Herrn. Nach Beendigung des Amtes zog das Comité - seiner Mitte der Herr Landeshauptmann, der Herr k. k. Statthaltereirath und der Herr Bürgermeister, — unter Vor¬ antritt der uniformirten Bürgermusik=Kapelle zu dem mit bunten Fahnen, Wappen und grünem Tannenreisig herrlich gezierten Festplatze auf der Promenade, dessen Haupteingang ein großes, im Schweizerstyle erbautes, mit vielen Fahnen und dem Steyrer und Landes=Wappen geschmücktes Portal bil¬ dete, über dessen Bogen der Spruch prangte: „Was Gott geschütz Des Menschen Fleiß Hat es benützt Auf jede Weis!" Treten wir nun mit dem Zuge in den Ausstellungs¬ Saal selbst. Ein allgemeines „Ah“ der Ueberraschung ent¬ fuhr allen Anwesenden, als diese malerische Anordnung der verschiedenen Erzeugnisse des menschlichen Fleißes und Erfin¬ dungsgeistes sich ihnen zeigte. Den imposanten Hintergrund, gegenüber dem Eingange, bildete das riesige Tableau der hiesigen Collectiv=Ausstellung, welche uns in der Weltstadt London die Preismedaille errungen; gewiß, ein schöneres Bild als dieses, hätte man dem Eintretenden nicht entgegen stellen können. Als der Zug hier unter den Klängen der Volkshymne, auf einer Röckelschen Physharmonica vorgetragen, ange¬ kommen war, eröffnete der Herr Vorstand des Comité die Ansstellung mit folgenden Worten Geehrte Versammlung! „Der landwirthschaftliche Verein in Steyr hat in sei¬ ner General=Versammlung am 4. Dezember 1862 beschlossen, eine landwirthschaftliche Ausstellung im Laufe des heurigen Jahres zu veranstalten. Zu diesem Zwecke ist ein Comité zusammengetreten, bestehend aus Gesellschafts=Mitgliedern, und es ist durch die unermüdete und aufopfernde Thätigkeit derselben, sowie durch die Unterstützung von Seite einsichti¬ 162 ger Oeconomen gelungen, die gegenwärtige erste landwirth¬ schaftliche Ausstellung in das Leben zu rufen. Das Comité ist der Ueberzeugung, daß die Ausstellung so vieler vorzüg¬ licher Gegenstände sowohl in landeswirthschaftlicher als ge¬ werblicher Beziehung nicht ohne Nutzen sein wird. Bevor wir aber diese Ausstellung eröffnen, ist es un¬ sere Pflicht vor allem mit ehrfurchtsvollem Danke unseres erhabenen Monarchen zu gedenken. Gewiß, die ganze Ver¬ sammlung wird mit einstimmen in den Ruf: Seine Majestät, unser allergnädigster Kaiser Franz Josef I. lebe hoch, hoch, hoch!" Die zahlreich Versammelten stimmten unter Trompe¬ tenfanfaren laut und freudig in dies dreimalige Hoch ein. „Und somit erkläre ich die Ausstellung für eröffnet." Nach diesen Worten spielte die löbliche Burgerkorps=Kapelle die Volkshymne. Da nun die Ausstellung für Jedermann geöffnet ist, so wollen auch wir uns in dieser Fülle von Gegenständen umsehen, und versuchen, ein möglichst übersichtliches Bild derselben zu geben. Wie schon erwähnt, fällt dem Besucher allsogleich der aus Waffen und Eisenerzeugnissen aller Art vortrefflich ge¬ bildete, riesige Adler der hiesigen Londoner-Ausstellung auf. Und sowie der Adler selbst, dessen Brust die Preismedaille an feingearbeiteter silberner Kette schmückt, sind auch die übrigen Arabesken, und Verzierungen, die ihm einfassen, besonders die beiden Rosetten wie in einen perspektivischen Säulengang eingeschlossen, alles aus den industriellen Arbeiten unserer Stadt und Umgebung mit außerordentlicher Gewandt¬ heit und Sachkenntniß geordnet, so daß der Blick immer wieder mit Vergnügen sich zu diesem Kunstwerke zurückwendet. Von dem Tableau sehen wir zu beiden Seiten ausge¬ stopftes Gebirgswild der fürstlich Lamberg'schen Familie die sehr interessanten Holzdurchschnitte aus Garsten, und auf der linken Seite die Mineralien-Sammlung des Grafen Hu¬ bert Lamberg, ein neues Meßinstrument von Karl Koralek, Oberförster in Scharnstein und die Steinkohlen der Pech¬ graben-Kohlengewerkschaft. — Wandern wir nun an der linken Seite fort, so springen uns ganz besonders in die Augen die Tischlerwerkzeuge und geschmackvoll gearbeiteten Werkzeugchatouillen, sammt dem Tableau Remscheider Sä¬ gen des Herrn Joh. Almeroth, die ausgezeichnet angeord¬ nete Musterkarte von Goldleisten und Rahmen von G. A. Groß in Garsten, elegante Pendeluhren von Herrn De¬ chantsreiter, die feinen Kürschnerarbeiten von Hrn. Niederist, die Muster von Bürstenbinderwaaren des Hrn. Franz Lang, ganz vortrefflich ist die Ausstellung der Photografien des Hrn. Abele, dann kommen die Seidenbeutel-Gaze für Müh¬ len von Hrn. Sigmund Spitzer in Wien, ein prachtvoller Teppich von Hrn. Kraker und endlich ein großes nur durch verschiedene Bearbeitung in vier verschiedene Felder, zwei schwarz und zwei gelb, getheiltes Stück Leder vom Lederer Hrn. Bendik in Hall, das folgende humoristische Devise trägt: Wer was Seltsams will sehn, halt a da a wenig stad: A Haut mit vier Stück, sand nöt z'sammpickt, not g'naht. A Loda auf Ream, und für daurin zu Schua, Zu an Dach auf'n Wagen, und a Sohln nu dazu. Das All's gibt a Haut, und das macht nach da Wahl, Wia mas braucht und spottbilli da Löderer z Hall! Somit wären wir am untern Ende des Saals ange¬ langt. Wenn wir nun zur anderen Seite wandern gegen das Tableau, so sind hier besonders bemerkenswerth die Ausstellung von Maisfaserpapier, Maisfaserleinwand vom Hrn. Hofrath Auer in Wien, ferner Holzstoff zu Papier von Hrn. Rieß, selbst gefärbte und gedruckte Seide von Hrn. Joh. Korra, ein prachtvoller Ofenschirm mit Schnillien gestickt von Frl. Louise Engl, die Buchbinderarbeiten des Hrn. Stiany, diverse Copir= und Siegelpressen, Wagen von V. Thumb in Sierning, Blumengestelle und Blumen¬ becher von Josef Wischer in Sierning, dann die verschieden¬ artigsten Armaturgegenstände der Gebrüder Wendl in Steyr, Sortiment von Sensen, Sicheln rc. von den Herren Sonn¬ leithner in Lausa und I. Stockinger zu Rodelsbach, und nun sind wir wieder zu dem Tableau gekommen Machen wir weiters den Gang in der Mitte des Saales hinab, so finden wir an den Säulen wieder eine Reihe der schönsten und geschmackvollsten Gegenstände, von denen aber¬ mals nur das Nothwendigste genannt werden kann. — Da

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