83 Schiff wahrnehmen kann, das auf dem prachtvollen Strom herabgleitet. Von diesem kleinen Hofe aus führt auch eine besondere Treppe in den Hochbau. Die Steigung des Terrains in dem obersten Hof beträgt 1,6 M. Die Treppe, welche nach der Kapelle führt, zählt 24 Stufen und erreicht eine senkrechte Höhe von 5,4 M., an welcher sich die Tür und der Fußboden der Kapelle befindet. Die Kapellentür hat 0,9 M. Breite, die sich nach innen bis zu 1,3 M. erweitert, und 2,2 M. Höhe. Die Länge der Kapelle beträgt 7,1 M., die Breite derselben 6,4 M. Der Durchmesser des halbkreisförmigen Anbaues hat 4,2 M., der Altarstein 1 M. Von Zierraten ist außer den fünf Kippen, welche die Bögen der Apsis tragen, nichts zu sehen, ebenso zeigt sich keine Spur von einem Grabstein oder irgendeiner Inschrift. Das einzige Auffallende befindet sich an der, dem Altar gegenüber liegenden Wand. Diese zeigt nämlich zwei, in der Form von Schusslöchern gemauerte Öffnungen, die schräg aufsteigen und sich nach oben verengern. Es wird von ihnen noch später die Rede sein. Der unterste Teil dieser Wand besteht ebenfalls aus abgemeißeltem Fels. (S. den beigegebenen Holzschnitt.) Die Treppe nach dem Hochbau hat 32 Stufen und erreicht eine senkrechte Höhe von 6 Meter. Die (einzige) Türe dieses Hochbaues ist 1,6 M. hoch, 0,7 M. breit und erweitert sich nach innen zu 1,6 M. Der Hochbau selbst besteht aus zwei Abteilungen, in deren jeder zwei Stockwerke befindlich waren, wie die Balkenlöcher und Widerlagern der Mauern anzeigen. Die erste dieser Abteilungen, deren östliche Wand zugleich die Rückwand der Kapelle bildet, ist größer und misst 6,6 M. Länge. Die Wand gegen die Kapelle hat 7,5 M; während jene gegen die zweite Abteilung hin, volle 8 M. misst, wodurch also in den Ecken schiefe Winkel entstehen. Die zweite Abteilung misst an der östlichen Seite 8 M., an der westlichen 9 M., an der nördlichen 4,4 M. und an der südlichen nur 4,1 M. und bildet also, wie die Räumlichkeit der Klippe es bedingen mochte, ein etwas verschobenes Viereck. In dem oberen Stockwerk dieser zweiten Abteilung befindet sich ein nach Westen gehendes Sitz-Fenster, zu welchem eine Holztreppe von 16 Stufen führt. Dieses Sitzfenster bildet nunmehr den höchsten Aussichtspunkt der ganzen Veste. Von der ersten Abteilung dieses Hochbaues gelangt man auf das so viel besprochene „Rosengärtlein,“ eine Felsenfläche von 15 M. Länge und einer Breite, welche von 3,8 bis 2,3 M. wechselt. Alles, was aber von diesem „Rosengärtlein“ erzählt wird, ist wahrscheinlich Sage, oder wie Wieland spricht: „Ein Spiel der Phantasie, von Weindunst ausgegoren!“ Denn hätte irgendein Burgherr von Aggstein dieses „blutige Rosengärtlein“ zum Hinabstürzen seiner Gefangenen benützt, so müsste doch irgendein „Türlein“ zu diesem „Gärtlein“ geführt haben. Davon zeigt aber der ganze Bau keine Spur, und das Mauerloch, durch welches man heute zu dem Rosengärtlein steigt, ist nichts anderes als ein durchgeschlagenes Schießfenster, in dessen schräg aufsteigende Böschung man erst in neuerer Zeit, vielleicht nach Auflassung der ganzen Burg, drei Stufen meißelte, damit der Besucher der Veste leichter an die berühmte schaurige Stelle gelange. In dem Nebengemach befindet sich eine vollkommen gleiche Lücke, der man aber ganz bequem die alte Gestalt Hess, weil man nicht zweier Ausgänge in „Schrekwalds Rosengärtlein“ bedurfte, welches wir nun auch nicht weiter berühren wollen. Weit wichtiger für den Charakter irgendeines der Besitzer dieser Burg ist jene Wand des Hochbaues, welche zugleich die eine Wand der Kapelle bildet, denn an ihr gewahrt man ober den Balkenlöchern des unteren Geschosses zwei schmale, viereckige Öffnungen, durch welche man zwar auf den Altar der Kapelle, aber weder nach rechts noch links sehen kann. Es sind dieses die beiden Luken oder Durchschlüge, die schon bei Beschreibung der Kapelle erwähnt wurden, und eine kleine Zeichnung wird deutlicher reden, als viele geschriebene Worte. Dass diese Gucklöcher (A.A.) von denen aus man nur auf den Altar sehen konnte, ohne aus der Kapelle von irgendjemand gesehen werden zu können, nicht zum Gebrauch der Burgherrn oder der Burgfrau gehörten, versteht sich wohl von selbst, denn diese hätten, um von ihren Untergebenen in aller Herrlichkeit geschaut zu werden, wohl ein stattliches, mit den Zierraten der damaligen Zeit versehenes Fenster, wo nicht gar einen eigenen Erker erbauen lassen. Es mussten daher in jenen Gemächern des Hochbaues Personen wohnen, die nicht gesehen werden sollten, denen man aber doch nicht den Genuss des Gottesdienstes versagen wollte oder durfte. Auch mögen es manchmal mehrere Personen zugleich gewesen sein, welche diese unfreiwillige Wohnung teilten, da sonst wohl eine einzige
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