61 Die von ihrem Gemahl und nach seinem Tod von ihr selbst nur pfandweise besessene Burg und Herrschaft Aggstein mit der Maut wurde 1606 von Kaiser Rudolph II. der Witwe Freiin Anna von Polheim verkauft und von ihr im Testament ihrem Vetter Otto Maximilian Herrn von Abensperg und Traun vermacht, welcher beides, laut Kaufbriefs vom 25. Mai 1622, seinem älteren Bruder Adam, Herrn zu Wildberg, Grub und Neidharting verkaufte. Dieser war 1593 geboren, kaiserlicher Hofkriegsrat, Kämmerer, Oberster über ein Regiment hochdeutscher Infanterie und GeneralfeldWachtmeister über die kaiserliche Armee zu Ross und zu Fuß, starb den 22. September 1632 zu Breslau an einer vor dieser Stadt erhaltenen Wunde und liegt in der Pfarrkirche zu Horn begraben. Seine Witwe Elisabeth, des Freiherrn Achaz von Landau zum Haus und Rapotenstein Tochter, mit der er keine Kinder hatte, verehlichte sich nachmals mit dem Freiherrn Seifried von Breuner. Aggstein fiel durch Erbschaft an den jüngsten Bruder Hanns Cyriak (* 1599), welcher sich in einem, zu Friesing unweit St. Pölten am 21.5.1642 erlassenen Decret an den Richter und Rat zu Melk, eine MilitärQuartier-Sache betreffend, den Titel gibt: „Hanns Cyriak Herr von Traun, Herr auf Aggstein, Friesing und Wildberg, römisch-kaiserlicher Majestät bestellter Obrister und Ober-Quartier-Commissarius im Viertel ober Wiener Wald,“ auch Verordneter des niederösterreichischen Herrenstandes war und 1652 starb. Seine Gemahlin Susanna Maria geborene Herrin von Zinzendorf war die Mutter eines Sohnes, Hanns Wilhelm, und einer Tochter, Susanna Katharina. Hanns Wilhelm, seit 1653 Graf von Abensperg und Traun, kaiserlicher Kämmerer, endigte 1690 sein Leben, nachdem schon vor längerer Zeit die Burg, Herrschaft und Maut Aggstein in fremde Hände übergegangen war.1 Die Freifrau von Polheim hatte eben zu rechter Zeit die müden Augen zur ewigen Ruhe geschlossen, um nicht die schrecklichen Gräuel zu schauen, die während des unheilvollen dreißigjährigen Krieges auf ihr teures Vaterland losstürmten und unter der Familie Traun auch der Umgegend von Aggstein gefährlich wurden. Als der mit Bethlen Gabor geschlossene Waffenstillstand den Feindseligkeiten in Ungarn ein Ziel setzte, drangen 1620 die „Kosaken,“ vielmehr unmenschliche Raubmörder, als eigentliche Hilfsvölker des Kaisers, aus Polen plündernd durch Mähren in Österreich ein und zogen, ungeachtet einer von den nachsetzenden Mährern unweit der Donau erlittenen Niederlage, gegen Wien, worauf sie im Land unter der Enns übel hausten und wohin sie kamen, überall großen Schaden anrichteten. Aus Schrecken vor diesem Gesindel, das aus Rauben, Morden, Brennen und andern barbarischen Gewalttaten ein Gewerbe machte und selbst gegen die der katholischen Religion und dem Kaiser getreuen Ortschaften keine Schonung kannte, verließ viel Landvolk mit Weib und Kindern seine schutzlosen Wohnstätten und begab sich in die Wälder und Auen, in denen sie durch Hunger oder Kälte zu Grund gingen oder von ihren grausamen Verfolgern niedergemetzelt wurden. Auch der wohlhabende Markt Spitz entging der Plünderung nicht, da sie aus der Kirche die Kelche, Monstranzen, Messkleider und anderes Geräte raubten und es so arg trieben, dass sogar die Wallonen (niederländisches Kriegsvolk in kaiserlichem Sold), die ihnen doch sonst an Blutgier und Tyrannei nicht viel nachzugeben pflegten, so sehr wider sie erbittert wurden, dass sie etliche derselben erschossen und achtzehn gefangen in das Lager des Grafen von Bucquoy, dessen Heeresabteilung sie zugetheilt waren, nach Krems führten.2 In jenen drangsalvollen Tagen bot die Felsenburg Aggstein unter ihrem neuen Besitzer Otto Max Herrn von Traun den Untertanen, so wie den Bewohnern der ganzen Umgegend eine schützende Zuflucht. Daselbst beschloss auch ein Greis von 87 Jahren, der protestantische Ratsbürger Georg Bogner von Spitz am 3.4.1620 als Flüchtling sein Leben, wie uns sein Denkstein an der Kirche zu bei der Taufe eines Kindes. Zu Laach, Spitz, Schönbüchel usw. befanden sich damals evangelische Pfarrer, und ohne Zweifel wurde auch die Burgkapelle zu Aggstein zu gottesdienstlichen Versammlungen der Protestanten gebraucht. 1 Hoheneck II. Tl. S. 698-706. Stiftsarchiv zu Melk Serin. 82, Fase. 1, Lit. c. 2 Theatrum Europaeum I. Tl. Frankfurt am Main 1635 S. 379-382. Statt des Marktes Spitz ist dort (S. 381) das „Closter vnder Alta“ genannt, welcher Irrtum daraus entstand, weil die Pfarre Spitz der Abtei Niederaltach gehörte. Merians Topographia Provinciar. Austr. etc. S. 58.
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