60 christliche Seelenstärke, Geduld und Ergebung in die verborgenen Wege der Vorsehung, ihr nie gebeugter männlicher Mut im Unglück, sichern ihr eine ruhmvolle Stelle unter den Edelsten ihres Geschlechtes. Aus dem Feuerofen der Trübsal geht das Gold der reinen Tugend am glänzendsten hervor; an einer Heldin, wie Anna von Polheim, ziehen auch die schwersten Schläge des Schicksals kraftlos vorüber. Ein Schiffbruch in der Donau, woraus sie fast unbekleidet, nur mit größter Mühe und Gefahr von ihrem Gemahl gerettet wurde; die frühzeitige Trennung von dem Mann ihrer Wahl und ihrer Liebe; eine Belagerung, welche die Witwe im Jahre 1597 von fünftausend aufrührerischen Bauern im Schloss Ottenschlag aushielt, und später eine heftige Feuersbrunst, die ebendieses Schloss samt dem dazu gehörigen Markt verheerte, waren gewiss sehr schwere Prüfungen für eine, des heitersten Glückes, des sorgenfreien Wohlstandes gewohnte Dame, die nun kinderlos, sich selbst überlassen in der Welt allein stand. Dennoch wurde ihr felsenfester Mut nie erschüttert. „Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen; des Herrn Name sei gelobt!“ sprach sie mit emporgerichteten Händen, sich selbst tröstend, in frommer Ergebung, als sie aus dem Tore des brennenden Schlosses trat. Darauf die regsamen Hände nicht in den Schoß legend, noch in des Grames dumpfem, ratlosem Hinbrüten sich verzehrend, stellte sie nicht bloß die vom Feuer verwüsteten Schlossgebäude zu Ottenschlag wieder her, sondern gab während ihres Witwenstandes auch der Burg Aggstein, dem Mauthaus an der Donau und dem Freihof oder Schloss zu Schwallenbach teils durch neue Bauten, teils durch Erneuerung der alten eine schönere und ansehnlichere Gestalt. So lebte sie in der stillen Tätigkeit einer sorgsamen Hausfrau auf ihren Gütern in der Mitte ihrer Untertanen noch beinahe sechs und zwanzig Jahre nach dem Hinscheiden ihres Gemahls, bis sie in der von ihr teilweise neu gebauten Burg Aggstein den 3. Februar 1617 im einundfünfzigsten Jahr ihres wohltätigen und nützlichen Erdenwallens zu einem besseren Dasein entschlummerte. Sanft wie ihr Leben war ihr Tod. Ihre sterbliche Hülle ruht in der Pfarrkirche zu Ottenschlag an der Seite des geliebten Gemahls, wo auf ihrem Sarg die Grabschrift zu lesen war: Zu erwarthen des lieben Jüngsten Tags ist in disem Sarch verschlossen der von der Seelen selig abgeledigte Leib der Wohl-Gebohrnen Frauen Frauen Annae gebohrnen Freyherrin von Polhaimb und Wartenburg, Frauen auf Ottenschlag und Aggstein, weyl. Des Wohl-Gebohrnen Herrn Herrn Andreas Wolfen Herrn zu Polhaimb, hinterlassenen Wittib, ist gestorben zu Aggstein den 3ten Februar. Nach 12 Uhr Vormittag in 1617. ihres Alters in 51. und ihres Wittib-Stands in 26. Jahr, Gott verleyhe allen noch Lebenden also hienach eine fröhliche Auferstehung Amen. Ein längeres, nicht unverdientes „Epitaphium“ von 52 gereimten deutschen Versen im Geschmack seiner Zeit hat ihr Freund und Glaubensgenosse, der gelehrte Job Hartmann Freiherr von Ennenckl der Verstorbenen gewidmet, um ihre seltenen Tugenden dem Andenken der Nachwelt zu bewahren.1 1 Preuenhueber S. 491, 499-500. Hoheneck II. Tl. S. 90, 143-144. Beide geben auch das Epitaphium, worin die Witwe Polheim erzählend und ermahnend eingeführt wird. Weil es, außer den oben vorgekommenen, keine besonderen Notizen enthält und hinsichtlich der Form keinen Wert hat, so mag es hier füglich wegbleiben. Von der Burg Aggstein rühren der lange Tract der Westseite aus der Zeit zwischen 1606 und 1616 her, ebenso das Mauthaus, von Zeiller im deutschen Reisebuch „ein schönes Zoll- oder Mauthaus“ genannt „allda sich ein leckerlicher Poss mit Senffässlein, von welchen man die Maut begehrt, zugetragen haben soll.“ Der dem Mautner gespielte Possen ist leicht zu erraten und das Wort leckerlich (nicht „lächerlich“) absichtlich gewählt. Dass an der Stelle des Mauthauses jetzt ein Landhaus steht, wurde schon Anfangs gesagt. Das kleine Schloss zu Schwallenbach, jetzt ein Privateigentum, der Kirche beinahe gegenüber, hat noch dieselbe Gestalt, welche sie durch die Freifrau von Polheim bekam. Wie diese zum Besitz des uralten Edelhofes und Gutes gelangte, war nicht zu finden. Aus der nächsten weiblichen Umgebung der eben genannten Frau hat sich im alten Taufbuch der Pfarre Laach am Jauerling beim Jahr 1617 noch ein Name erhalten: Katharina, des Hanns Stüber, gewesenen Pflegers der Herrschaften Zaissing und Puchberg Witwe, der seligen Frau Anna von Polheim etc. zu Ottenschlag und Aggstein gewesene Hofmeisterin. Auch sie war Protestantin und erscheint hier als stellvertretende Patin
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