Burg Aggstein und die Burggrafen von Steyr

59 Andreas Wolf Freiherr von Polheim und Parz zu Ottenschlag (* 2.12.1557 im Schloss Polheim in Wels) wurde von seinen Altern Andreas und Maria Salome (geborenen Schifer) in der protestantischen Religion erzogen. Schon als Knabe zeigte er große Neigung zum Soldatenstand, aber seine oft wiederholte Bitte, ins Feld ziehen zu dürfen, wurde jedesmal von dem festen Sinne des ernsten Vaters zurück gewiesen, dem diese Richtung des jugendlichen Geistes durchaus missfiel. „Weil er denn so große Lust zum Kriege habe“ — lautete einst sein überstrenger Bescheid auf des Sohnes immer dringenderes Gesuch — „so möge er wohl hinziehen, aber dabei wissen, dass, weil es ohne, ja gegen seinen Willen geschehe, der Vater für ihn nicht beten könne noch wolle.“ Diese harten Worte, aus tiefbekümmertem Vaterherz gesprochen, verfehlten nicht, ihre beabsichtigte Wirkung auf das weiche, kindlich-fromme Gemüt des jungen Andreas zu tun. Seinen liebsten Wunsch der schweren Pflicht des ehrerbietigen Gehorsams opfernd, strebte er in eifriger Pflege der Wissenschaften einen Ersatz für die entschwundenen Heldenträume zu finden. Er besuchte die Universitäten zu Tübingen und Wittenberg (1570, 1573), in dieser sogar mit der Würde des Rectors magnificus beehrt, die er von 1574 bis 1576 bekleidete; denn es war Sitte, um den Glanz der hohen Schulen zu vermehren und ihnen reiche und mächtige Gönner zu gewinnen, dass Studierende aus vornehmen Häusern zur Ehrenstelle des Rectorats erwählt wurden. Allein die Kenntnisse, wie sie die Schule zu geben pflegt, hatten seinen Durst nach Wissen nicht gestillt, sondern noch mehr erregt. Daher ging er, nachdem er zu Padua seine Studien vollendet hatte, gleich vielen adeligen Jünglingen seiner Zeit, zu seiner ferneren Ausbildung auf Reisen und sah Italien, Frankreich und England. Mit mancherlei Kenntnissen (wie er denn im Italienischen und Französischen, vorzüglich aber im Lateinischen große Fertigkeit besaß) und mit vielen nützlichen Erfahrungen bereichert, kehrte er nach Hause zurück, wo ihm die Hand der Liebe, mit dem Segen des Vaters und der Stiefmutter Margaretha von Puchaim vereint, eine des edlen und vielseitig gebildeten jungen Mannes vollkommen würdige Gemahlin zuführte. Am 20. Mai 1584 wurde er im Schloss zu Wels mit Anna von Polheim getraut,1 an deren Seite er leicht den ungestümen Bestrebungen seiner früheren Jugend entsagte. In der beneidenswerten Ruhe des echten Weisen und im süßen Frieden des häuslichen Glückes, welches nur durch die Entbehrung der Vaterfreuden getrübt war, auf seinen Gütern lebend, genoss er den Lohn seiner kindlichen Liebe im frohen Besitze einer zärtlichen, liebenswürdigen Gattin leider nicht lange, indem sein frühzeitiger Tod zu Ottenschlag am 16. Februar 1592 allzu schnell diese glückliche Verbindung zerriss. In ihrem achtzehnten Lebensjahre vermählt, im sechsundzwanzigsten Witwe, verschmähte es die junge Freifrau sich wieder zu verehelichen. Nach dem Beispiel ihres Vaters Maximilian Freiherrn von Polheim, aber ganz besonders ihrer Mutter Judith Freiin von Weißpriach,2 der protestantischen Religion eifrig ergeben, wechselten ihre Stunden zwischen häuslicher Andacht und menschenfreundlichem Wirken. Der ehrliche Preuenhueber lobt sie als „eine gottesfürchtige Frau, die Gottes Wort fleißig betrachtet und ihre ordentlichen Betstunden gehalten hat;“ doch war ihre innige Frömmigkeit auch mit nie ermüdender Wohltätigkeit gegen Arme und Kranke verbunden, die sie reichlich beteilte und unterstützte und mit heilsamen Arzneien aus ihrer wohl eingerichteten Hausapotheke unentgeltlich versorgte; und diese schöne, dem Frauenherzen so eigentümliche Tugend, nicht weniger ihre Gerechtigkeit und Sanftmut, weshalb sie von ihren Hausgenossen und Untertanen nicht so sehr als Gebieterin hochgeachtet, sondern vielmehr als Mutter verehrt und geliebt ward, aber auch ihre echt 1 Hoheneck schreibt S. 143, Anna von P. sei am 30. August 1562 geboren, in ihrem achtzehnten Jahre 1584 vermählt worden, S. 90 gibt er das Jahr 1582 an; Preuenhueber, S. 491 ebenfalls 1582, S. 499 das Geburtsjahr 1566, welches das richtige ist, wonach ihre Hochzeit auf 1584 fällt. Preuenhueber schrieb seine, von Hoheneck benützte Genealogia Polhaimiana 1642, und sie ist mit seinen andern Schriften zusammen zu Nürnberg 1740 in neuer Auflage herausgekommen. 2 Diese glaubenseifrige Dame wagte, obwohl vergebens, sogar einen schriftlichen Versuch, die Königin Katharina, Tochter K. Ferdinands I., als Witwe des Herzogs Franz von Mantua mit Sigmund II. von Polen vermählt, die nach ihrer Trennung von diesem König meistens zu Linz lebte und dort 1572 starb, für die protestantische Confession zu gewinnen. (Wurmbrand S. 177. Hoheneck II. 140-141.) Auch von der Tochter Anna rühmt ihr Epitaphium: „Von Herzen liebt’ ich Gottes Wort, Und half’s auch treulich pflanzen fort; Mein’ Glauben ohn Scheu bekannt allzeit.“

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