Burg Aggstein und die Burggrafen von Steyr

58 Wilhelms ältester Sohn Christoph, Karls V. deutscher Leibgarde- und Arcieren-Oberster, welcher 1532 gegen Suleiman II., 1535 mit dem Kaiser vor Tunis, auch gegen Frankreich gestritten und mit Karls Erlaubnis das Ordenskreuz seines Vaters trug, brachte Schmach und Unglück über seine Familie, indem er mit Zurücklassung einer schweren Schuldenlast 1546 aus Prag nach der Türkei entwich, indes Sultans Dienste trat, 1548 aber nach Frankreich ging und als heimatloser Söldneroberst für die Guisen in Deutschland Truppen warb. Von seinem ferneren Schicksal und Tod fehlt jede Kunde.1 Sein Laudesfürst König Ferdinand hatte ihm 1535 lebenslänglich die Herrschaft Aggstein verpfändet, die er aber entweder nicht wirklich übernahm oder nach seines Vaters Tod, wahrscheinlich mittelst Ablösung, sogleich wieder abtrat, da schon 1542 Hieronymus von Maugis im Pfandbesitz und in der Pflege von Aggstein erscheint, in welcher ihm 1565 Christoph Maschko folgte.2 Hierauf gelangten Judith Freiin von Polheim (bis 1578),3 dann ihre Erben zur Pfandinhabung von Aggstein, und zwar der Freiherr Andreas Wolf von Polheim mit seiner Gemahlin Anna, die es beide mit vollem Recht verdienen, dass wir bei ihren merkwürdigen Lebensumständen, die auch für die Geschichte der Burg nicht unwichtig sind, etwas länger verweilen. Die Herren, seit 1507 Freiherren, seit 1719 Grafen von Polheim, gehören zu den ältesten Edelgeschlechtern in Österreich. Ihr Stammhaus hatten sie bei dem Dorfe Polheim unweit Parz und Grieskirchen im Hausruckkreis ob der Enns und können ihre Ahnenreihe bis in das elfte Jahrhundert hinaufführen. Das Minoritenkloster zu Wels, wo sie eine ansehnliche Burg Namens Polheim bewohnten, und das Paulanerkloster zu Thalheim bei Wartenburg unweit Vöcklabruck waren seit 1230 und 1497 Stiftungen und Erbbegräbnisse der Familie Polheim, die mit den berühmtesten Häusern, selbst mit den Bourbonen verwandt ist, und ausgezeichnete Kirchenfürsten, Ritter des goldenen Vlieses, Staatsmänner und Gelehrte unter ihren Mitgliedern zählt.4 1 Sein Vater trat ihm 1537 die Herrschaft Guntersdorf (VUMB) ab, welche Ferdinand I. zur Reichsgrafschaft erhob. Sie war ein Lehen der Abtei Melk, die auf des Königs Verlangen sich dieser Lehensherrlichkeit für immer begab. — Die Freiherren von Rogendorf wurden 1686 von Kaiser Leopold I. in den Grafenstand erhoben. 2 Sitzungsberichte S. 565. Notizenblatt I. Jahrg. S. 109, Num. 83. Schweickhardt VOWW. VII. 160. Vom Jahr 1530 bis ungefähr 1555 finden sich sehr viele verpfändete landesfürstliche Güter, darunter die Herrschaft Aggstein um ein Darlehen oder einen Pfandschilling von 8278 Gulden. (Archiv XXII. Bd. I. Seite 98, Note 32.) Urbarien von Aggstein von 1524 und 1573 verwahrt das Archiv des k. k. Finanz-Ministeriums. (Notizenblatt VIII. 248.) Ein Philipp von Maugis, ein adeliger Niederländer von vieler Gelehrsamkeit und Geschicklichkeit, an Ferdinands I. Hof erzogen, dessen Prinzen er nützliche und getreue Dienste leistete, wurde als Weltpriester auf des Landesfürsten Verwendung 1541 Propst des regulirten Chorherrenstiftes Herzogenburg, bald hernach Regimentsrat (Regierungsrat) und starb zu Grätz den 23. April 1550. (Gesch. d. österr. Klerisei IX. Bd. S. 174-175 der diplom. Beilagen.) 3 Judith, Tochter des Hanns von Weißpriach, des Letzten seines alten Geschlechtes, und Gemalin des 1570 gestorbenen Freiherrn Maximilian von Polheim und Wartenburg, kaiserlichen Rats, Kämmerers und Arcieren-Garde-Hauptmannes, dem sie den Sohn Hanns Cyriak und sieben Töchter gebar, starb als Witwe am 5. November 1578 und wurde an der Seite ihres Gemahls in der väterlichen Familiengruft zu Katzelsdorf bei Wienerisch-Neustadt beigesetzt. (Hoheneck II. 140 -141). 1578 beschwerten sich die österreichischen Stände bei dem Kaiser Rudolph II. über den baierischen Weinaufschlag, dann über die Erhöhung der Mauthen zu Aggstein, Emersdorf, Wölkersdorf, Schweinbart, Hollabrunn usw. (Archiv des niederösterr. Prälatenstandes zu Wien.) In einem Verzeichnis der Gültpferde und Rüstgelder der kaiserlichen Pfandschaften in Niederösterreich 1593 kommen die Erben der Frau Judith von Polheim für die Herrschaft und Maut Aggstein mit 2 Gültpferden und 13 Pfund, 4 Schilling, 22 Pfenning Rüstgeld vor. (Oberleitner, die Finanzlage Niederösterreichs im 16. Jahrhundert. Archiv für Kunde österr. Geschichtsquellen XXX. Bd., S. 84 des besonderen Abdruckes.) 4 Weitläufig haben Preuenhueber, Graf Wurmbrand und Baron Hoheneck von dieser Familie geschrieben, deren ältestes Wappen ein durch vier weiße und vier rote Bänder rechtsschräg geteilter Schild ist, auf dessen Helm ein mit dem Schild übereinstimmender, doppelter Adlersflug steht. Hinsichtlich des Klosters Thalheim ist zu bemerken, dass die von Vielen verwechselten Pauliner, Eremiten des heiligen Paulus des ersten Einsiedlers, zu Nieder-Ranna im VOMB., zu Wienerisch-Neustadt und zu Hernals, und die Paulaner oder mindesten Brüder (Fratres Minimi) des heiligen Franz von Paula zu Thalheim und in der Vorstadt Wieden zu Wien, zwei gänzlich verschiedenen Orden sind.

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