Burg Aggstein und die Burggrafen von Steyr

46 dessen Todesjahr 1457 ist, sind die übrigen Personen lauter erdichtete Namen. Ähnlich dieser anonymen Bearbeitung ist der Gegenstand des Gedichtes: „Der fahrende Sänger vor Aggstein“ von Paul Renk: In Schreckenwalds Garten sitzt ein gefangenes Mädchen aus fernem Land und singt, einen Grabesstrauss windend, sein Trauerlied. Ein Jüngling, auf schwankender Barke nahend, hört die klagenden Töne, schaut die schöne Sängerin, und freudig staunend, dem Gesänge horchend und zur Burg hinaufblickend, denkt er nicht an die Felsenriffe, achtet nicht auf des Schiffleins Lauf und ruft seiner Braut; „da verschlingen die Finthen Schiffer und Kahn.“ Wohl erzählt manchmal ein Schiffer von einer Sturm verkündenden weißen Frauengestalt auf den Zinnen von Aggstein; allein diese Variation der Sehreckenwalds-Sage ist gewiss viel jüngeren Ursprungs und auch weniger verbreitet. Das große Vergnügen, welches der Roman: „Der Engel von Lachsenburg,“ von Moriz Terke, dem Leser gewährt, und der Wunsch auf denselben in weiteren Kreisen aufmerksam zu machen, wird die Aufnahme der nachstehenden, einer literarischen Zeitschrift1 entlehnten kurzen Anzeige seines Inhalts (von Dr. Theodor Wiedemann) bestens entschuldigen. „Dieser Roman spielt am Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts zur Zeit der Doppelregierung der beiden Herzoge Albrecht IV. und seines Vetters Wilhelm von Österreich. Es war eine unglückselige Zeit, Österreich litt an den Folgen der Länderteilung und Mitregentschaften. Ein wildes Fehdewesen erhob ungestraft das freche Haupt. Von allen Seiten fielen ungarische, böhmische, mährische Räuberhorden ins Land, sengten, plünderten, mordeten nach Genügen und verschwanden. Waldenser und andere Ketzersecten störten die Ruhe der Familien. Herzogliche Hauptleute, Burggrafen und Pfleger feindeten, je nachdem sie zu den Anhängern eines der beiden Regenten zählten, jene des andern an. Außer diesen trieben verborgene Räuber, herrenlose Söldner und Landsknechte, aufrührerische Bürger bald da bald dort ihr Unwesen. Es war jene traurige Zeit, die ein einheimischer Geschichtsschreiber mit den Worten schildert: Der Himmel möge ein jedes Land vor zwei Regenten und ein jedes Hauswesen vor zwei Hausherren zugleich bewahren. Der Gang der Erzählung ist folgender:“ „Bruno, der Letzte des Namens und Stammes deren von Schauenstein (die Ruinen dieser Feste liegen im Waldviertel am Kamp) liebte in reiner, keuscher Minne die Tochter eines berüchtigten Fischers, des schwarzen Simeon. Dieser Simeon war der Helfershelfer des Freiherrn Scheck im Wald auf Aggstein, den das Volk wegen seiner Gräueltaten „Schreck im Wald“ nannte. Scheck im Wald hatte die Burg des jungen Schauensteiners erstürmt und in Besitz genommen, und suchte auch des letzten Sprossens habhaft zu werden. Der schwarze Simeon veranlasste die Gefangennahme. Bruno wurde auf das Felsennest Aggstein geschleppt, an einen schmalen Felsvorsprung dicht an der Mauer, durch die ein eisernes Pförtchen führte, gestoßen und ihm die Wahl gelassen, entweder Hungers zu sterben, oder durch einen freiwilligen Sprung in den grauenvollen Abgrund zu enden. Ein Steinadler, gewohnt hier seinen Fraß zu finden, wollte auch an Bruno seinen Hunger stillen. Dieser aber hing sich mit den Armen an den Nacken des Riesenvogels, drückte sein Gesicht an das Brustgefieder des Tieres und stürzte mit dem Adler sinkend in den tiefen Abgrund und wurde gerettet. Er kam an den herzoglichen Hof nach Laxenburg, an welchem die Herzogin Witwe Beatrix „erhaben, ruhevoll und friedezaubernd“ waltete und der Engel von Laxenburg genannt wurde. Schreck im Wald, auf den der Verfasser Uhlands Worte: Und was er sinnt, ist Schrecken, Und was er blickt, ist Wut, Und was er spricht, ist Geissel, Und was er schreibt, ist Blut, 1 Kathol. Literatur-Zeitung. Wien. VIII. Jahrg. 1861, Num. 25, S. 200.

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