43 Erzherzog Albrecht VI., seit 1458 im Besitz des Landes ob der Enns, hatte weder Ruhe noch Rast, bis er seinen Bruder Friedrich auch von der Regierung der Gauen unter der Enns verdrängt hatte. Nachdem sein mächtiger Anhang den Kaiser mit seiner Familie sogar in seiner eigenen Burg zu Wien belagert hatte, deren Eroberung nur die aus Steiermark und Böhmen zum Entsatz anrückende Streitmacht vereitelte, wurde zwischen beiden Brüdern am 5. December 1462 ein Vergleich zu Stand gebracht, welcher dem Erzherzog auch Österreich unter der Enns auf acht Jahre verschaffte. Allein nicht lange durfte er sich seines unbrüderlichen Sieges über den nachgiebigen Kaiser freuen; denn am nämlichen Tag, als er vor einem Jahr das Ziel seines ehrgeizigen und geldgierigen Strebens erreicht hatte, musste er den Thron mit dem Sarg vertauschen (1463); doch ist die kurze Dauer seiner Herrschaft unter der Enns für Aggstein und die Umgebung keineswegs spurlos vorübergegangen. Noch ist eine Urkunde von ihm aus Wien vom 11. Juni 1463 übrig, Kraft welcher Albrecht auf die vor ihn gebrachte Beschwerde, dass etliche seiner Untertanen zu Emersdorf und Andere durch unberechtigtes Fischen in der Donau das Recht der Karthause Aggsbach verletzten, seinen Pfleger zu Weiteneck beauftragt, diesen Unfug abzustellen und das Kloster bei seiner Fischweide zu schützen.1 Für die Burg Aggstein selbst war Albrechts Regierung von den wichtigsten Folgen. Die Saat des Bösen, von Scheck so reichlich ausgestreut, war nun zur vollen Reife herangewachsen, so dass sie selbst dem Auge dieses Fürsten nicht mehr verborgen bleiben konnte. Wollen wir der Sage glauben, so war es ein gefangener Ritter, welcher nicht durch die Hand der Liebe, wie es dem empfindsamen Romantiker anzunehmen erlaubt sei, sondern durch einen ebenso kühnen als glücklichen Sturz oder Sprung aus dem Rosengärtlein in die weit geöffneten, biegsamen Zweige eines reich belaubten Baumes vom nahen Tod befreit, die überraschende Kunde seiner wunderbaren Rettung aus den Schrecknissen seiner Haft ringsum verbreitete und zur Rache aufforderte, bis das Gerücht davon selbst am erzherzoglichen Hofe bekannt ward und das Verderben des unmenschlichen Burgherrn herbeizog. Georg von Stain, ein in der vaterländischen Geschichte nicht unbekannter Name, sollte das Werkzeug zur Vollziehung der gerechten Strafe, diese selbst aber dem immer geldarmen Fürsten ein erwünschtes Mittel zur Vermehrung seiner Einkünfte werden. Georg von Stain, aus einem, vermutlich aus Schwaben stammenden Adelsgeschlecht, von welchem ein Zweig nach Böhmen oder Mähren gekommen, wurde, nach Preuenhuebers Versicherung, vom Kaiser Friedrich III. (IV.) in den Herrenstand erhoben. „Er war ein tätiger, tapferer Krieger und Abenteurer, aber auch beutesüchtig, räuberisch, hart und grausam. Er lebte unverehelicht, keine sanfteren Bande hielten ihn von seinen Raubzügen zurück, kein häusliches Glück milderte seinen rauen Sinn.“ Zuerst im Sold des Kaisers, erwarb er sich teils auf rechtem Wege, teils durch Rauben und Beutemachen ein so großes Vermögen, dass er, nach seiner Äußerung, als des Kaisers Hauptmann zu Ips/Ybbs 13.109 ungarische Gulden dort ausgeben konnte, die der Kaiser ihm schuldete. Sehr wahrscheinlich 1458, als Albrecht VI. das Land ob der Enns zu seinem Anteil bekam, trat er zu diesem über, als dessen Rat und Kanzler er sich meistens bei Hof aufhielt, und dem er in seinen Kriegen mit Friedrich, vorzüglich bei der Belagerung der Burg zu Wien, große Dienste leistete, wie er auch damals, und zwar am 4. November 1462, „seines Herrn wegen“ dem Kaiser offene Fehde erklärte. Erzherzog Albrecht war ihm schon im März 1463 eine Summe von 14.000 ungarischen Gulden und Ducaten schuldig, und im Oktober dieses Jahres verbürgte sich Georg von Stain nebst dem Grafen Wilhelm von Tirnstein, der Stadt Wien und dem Böhmen Ludwig von Weittenmül für den Erzherzog neuerdings wegen 4725 ungarischen Gulden und Ducaten, welche Waczlau Wultschek, Franz von Hag, Nikolesch Lusitzky und ihre Rottgenossen als rückständigen Sold zu fordern hatten.2 1 Urkunde Num. VIII. 2 Pritz, Jörg von Stein, der Herr und Regierer der Herrlichkeit Steier. Ein Bruchstück aus der Geschichte des Landes ob der Enns — im XIV. Bericht über das Museum Francisco-Carolinum. Nebst der XI. Lieferung der Beiträge zur Landeskunde von Österreich ob der Enns. Linz 1854. S. 4 u. ff. Michael Beheims Buch von den Wienern 1462-1465. Herausgegeben v. Th. G. v. Karajan. S. 116, 243-245, 318-324, 340. Fontes rer. austr. II. Abt. VII. Bd., S. 297-298. Chmels Regesten K. Friedr. Num. 3949, 4187, 4188. Lichnowsky VII. Tbl. S. 87, 99-102, 108-109. Regesten Num. 704, 705, 812 (aus Bern. Pez Cod. dipl. hist, epist. P. III. p. 395). Vergl. Preuenhueber, S. 114, 116, 119, 121, 272-273, 421. Pritz, Beschreib, u. Geseh. d. Stadt Steyer, S. 154-157.
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