30 zum Herrn von Aggstein machte, belehrt uns Albrecht V. selbst in einer, zu Wien am Sonntag vor dem St. Veitstag (12. Juni) 1429 gegebenen Urkunde, dass er das öde Haus genannt Aggstein, im Wolfsteiner Landgericht gelegen, das einst von Untat wegen zerbrochen worden ist und also öde liegt, seinem Kammermeister Jorgen dem Schecken von Wald seiner getreuen Dienste wegen zu rechtem Mannlehen verliehen und ihm auch erlaubt habe, dass er und seine Erben dasselbe öde Haus und Burgstall nun lehensweise innehaben und es wieder bauen und machen mögen nach ihren Notdurften (Bedürfnissen), wann ihnen das füglich (tunlich, gelegen) wird; doch sollen sie dem Herzog, dessen Erben und Nachkommen, und dem Land damit treu, gehorsam und gewärtig sein, und wider den Herzog Niemand darin keineswegs enthalten (aufnehmen und aufhalten) und fördern.1 Hieraus ersehen wir, dass die einst so trotzende Burg, seitdem sie durch Eroberung oder Übergabe an Albrecht I. gekommen und gebrochen worden, also beiläufig seit 133 Jahren nicht wieder hergestellt und befestigt war, sondern dass nur ein Trümmerhaufen des öden Hauses, ein Burgstall nach damaligem Sprachgebrauch, die verlassene Stätte der einst zu den Wolken hinan strebenden, stolzen Feste bezeichnete, und der neue Inhaber bloß die dazu gehörigen Güter und gutsherrlichen Rechte, sehr wahrscheinlich durch Kauf und mit Hilfe des vom Stifte St. Dorothea empfangenen, für jene Zeiten bedeutenden Geldes, an sich brachte. Kaum zum Besitz des Gutes gelangt, unternahm es der neue Herr desselben, sich aus dem unheimlichen Gemäuer eine stattliche Wohnung zu bauen und sie neuerdings durch alle Mittel der damaligen Befestigungskunst, je nach dem Gebote der Umstände, bald zum Schutz, bald zum Schrecken der nahen Stromgegend zu machen. Der neue Bau begann, wie die Aufschrift über dem dritten Tor bezeugt, 1429 am Montag nach dem Fest der Geburt Mariens, also am zwölften September, und konnte ohne Zweifel erst nach mehreren Jahren als staunenswertes Denkmal eines kühnen Geistes und hochfahrenden Sinnes, sowie der unsäglichen Anstrengung menschlicher Kräfte seine Vollendung erreichen. Vielleicht sollte eben zur dankbaren Feier des glücklichen Ausganges das so mühevolle und kostspielige Unternehmen gleichsam den Schlussstein, die Krone des Werkes, durch die Stiftung einer Messe erhalten, welche der Bauherr 1436 vollzog. Leider ist seine Urkunde über diesen frommen Akt in Verlust geraten oder noch irgendwo in einem Archive dem Staube, den Motten und Mäusen preisgegeben! Wir wissen nur, dass Georg Scheck von Wald 1436 mit Einwilligung des Abtes Erhard und des Conventes von Niederaltach, unter deren pfarrliche Jurisdiction hinsichtlich der Pfarre Spitz Aggstein gehörte, eine ewige Messe zur Kapelle der heiligen Blutzeugen Georg und Colomann in der Burg Aggstein gestiftet hat.2 1 Urkunde Num. IV. Purkstal, das Burgstall, bedeutete den Ort einer Burg, die Barg selbst, endlich nicht selten den Ort, auf dem in früherer Zeit eine Burg gestanden, dermal aber kein Gebäude und Mauerreste mehr vorhanden sind, sondern nur die Form einzelner Teile derselben aus den Vertiefungen der ehemaligen Gräben und aus dem spärlichen, über den Grundmauern wachsenden Gras erkenntlich ist. (Lebers Rückblicke I. 199-200 zur Erklärung der Inschrift zu Aggstein, und mit Berufung auf Scheigers vortreffliche Schrift: „Über Burgen und Schlösser im Land Österreich unter der Enns“ S. 1) Burgställe in diesem Sinn sind Scheuernberg und Liebeck bei Scheibbs, Frankenstein zwischen Scheibbs und Gaming, Oberhauseck bei Gresten, Gerolding beim gleichnamigen Pfarrdorf in der Umgegend von Schönbühel usw. Dass diese Bedeutung auf Aggstein nicht ganz anwendbar, vielmehr das vom Bauherrn selbst gebrauchte Wort Burgstall hier, wie auch sonst öfter, soviel als verfallene Burg, „ödes Haus“ (wie der herzogliche Lehenbrief sagt) heißen soll, dürfte vorzüglich vom Hochschloss gelten (aus welchem allein vielleicht die älteste Burg bestand), zu dessen neuem Baue schon das beschränkte Terrain die alten Grundfesten und Mauerreste zu benützen gebot. Dass bei der Zerstörung von Burgen gewöhnlich der Kapellen geschont wurde, ist nicht zu bezweifeln. Hier ist also Burgstall ungefähr gleichbedeutend mit dem Wort Burgtrümmer, womit Scheiger jene Überbleibsel alter Burgen bezeichnet wissen will, „welche aus Mauerwerk bestehen, ohne dass jedoch die alte Form ihrer Einteilung, ihrer Gestalt nach und ihr Gesamtumfang erkennbar ist.“ Der in Österreich häufige Name Burgstall von Ortschaften, Bergen, Waldungen, auch in Ebenen u. dgl. weiset sicher auf das Dasein einer Burg oder eines Edelsitzes in den ältesten Zeiten hin. So z. B. Burgstall (Alt- und Neuschloss Burgstall) im Viertel ober dem Wienerwald (auch Burgstall in Steiermark), die Burgstall-Leiten, der Abhang einer Anhöhe hinter dem neuen Schloss Krummnussbaum. 2 Deppisch (S. 65), welchem der Verwalter Manzador diese Nachricht mitteilte. Damals war also der Stiftungsbrief noch vorhanden. Welche Güter zur Stiftung gehörten, ist unbekannt. Das baierische Benedictiner-Stift Niederaltach (Altaha inferior, später fabelhaft auch Niederalteich, Quercus inferior genannt) besaß durch Karls des Großen Schenkung eine große Strecke Landes jenseits der Donau, welche von der Bielachmündung gegenüber bis Spitz in der Wachau, landeinwärts aber bis an den Berg Jauerling reichte und in dessen Umfange schon 830 der Ort Accusbach (Aggsbach
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