Burg Aggstein und die Burggrafen von Steyr

20 aber dennoch bis nach Verlauf der fünf Jahre, in Eberhards von Walsee Händen bleiben. Überdies einantwortete er dem Landesherrn den Markt Wullersdorf und den Zehent zu Lichtenwart, als zu Weitra gehörend, und versprach zuletzt, die Juden des Herzogs für das ihnen Genommene zu entschädigen und was er ihnen etwa schuldig bliebe, in zwei Raten zu bezahlen.1 Nach Leutolds Aussöhnung mit seinem Fürsten ward die Flamme des Aufruhrs in kurzer Zeit bis auf die letzten Funken gedämpft, allen Teilnehmern an dem rebellischen Bunde huldreich Verzeihung gewährt, nur der berüchtigte Raubritter Lichtensteiner zu Falkenstein durch die fremden Söldner aller seiner Güter beraubt und aus dem Land verjagt. Konrad von Sumerau, von tiefgewurzeltem Hass gegen Albrecht durchdrungen, begab sich zum König Adolph und endigte ferne von der Heimat in freiwilliger Verbannung sein unmutvolles Leben.2 Nicht ohne traurige Erfahrungen und bedeutende Verluste waren die Stürme jener Tage an Leutolds Haupt vorübergezogen, der es gewiss bereute, durch seine arglose Gutmütigkeit und die patriotisch klingenden Schlagwörter der Aufrührer verführt, als das blinde Werkzeug fremder Leidenschaften das Vertrauen seines Fürsten getäuscht und die seinem Oberherrn schuldige Treue gebrochen zu haben. Außer den aus der wichtigen Urkunde von 1296 bekannten Güterabtretungen soll er zur Befriedigung der an ihn gestellten Forderungen und Schulden halber die Herrschaften Litschau, Seisseneck, Weiteneck, Feldsberg und Radkersburg haben verkaufen müssen; allein obwohl Wissgrill bemerkt, dass die Grafschaft oder Herrschaft Litschau beiden Linien von Tirnstein und Weitra gemeinschaftlich gehörte, so ist doch urkundlich erwiesen, dass Leutold von Kuenring zwar Litschau vom Graf Gebhard von Hirzperg (Hirschberg) kaufweise erworben und zu Lehen gehabt, dieser es aber nach 1294 wieder zurückgenommen und 1297 nebst Heidenreichstein dem Herzog Albrecht I. verkauft hat. Während seines Besitzes schenkte Leutold das Patronatsrecht der Pfarrkirche zu Thaia 1287 an die baierische Cistercienser-Abtei Aldersbach, worüber Graf Gebhard 1290 auch seinerseits eine Vergabungsurkunde fertigte.3 Sonst vermehrte Leutold die Besitzungen seines Hauses mit der Feste und Herrschaft Seefeld, die er 1292 von dem Burggrafen Friedrich von Nürnberg als burggräfliches Lehen kaufte, worauf er am 27. Januar 1295 zu seiner Herrschaft Kirchschlag jene Realitäten des Grafen Iwan von Güns (oder Güssing) und Pernstein käuflich an sich brachte, welche innerhalb gewisser Grenzen mit der eben genannten Herrschaft zusammen stießen. Die erhabene Tugend echter Menschengröße — Edelmut und versöhnliche Milde, die im reichen Kranz der Vorzüge, womit das ehrwürdige Haus Habsburg geschmückt ist, in unverwelklicher Blüte prangt: des besiegten Gegners zu schonen, sobald das Heiligtum des Rechtes, diese Grundlage aller staatlichen Ordnung, gegen die frechen Übergriffe des trotzenden Hochmuts geschirmt ist, diese schwere, oft verkannte Tugend des Herrschers zu üben, wurde dem indessen zum römischen König gekrönten Albrecht eine sehr erfreuliche Gelegenheit geboten, die er mit wahrer Menschenfreundlichkeit ergriff. Die zwar kinderlose, doch glückliche Ehe Leutolds mit der geliebten Agnes von Feldsberg, deren Schwester Adelheid mit Leutolds Bruder Heinrich vermählt war, hatte der unerbittliche Tod am 1. September 1299 getrennt und dem tief gebeugten, gealterten Witwer keinen irdischen Wunsch mehr zurückgelassen, als den schon früher in den Wirren seines vielbewegten Lebens entstandenen Gedanken also gleich zur Tat zu machen, und den freudenlosen Rest seiner lebensmüden 1 Die Urkunden sind abgedruckt bei Kurz II. Tl. Num. XXIX u. XXX, S. 215-220, und die weitläufigere, mit genauen Bestimmungen für mehrere, möglicherweise eintretende Fälle, nach dem Hauptinhalte oben angeführt, her Lichnowsky II. Tl. Beilage D, Num. VIII., S. CCLXXXVII. u. f. S. auch die Regesten Num. 61 und 62. 2 Durch das unwidersprechliche Zeugnis der gedachten Urkunden und die einstimmigen Berichte der Geschichtsschreiber wird der Versuch Wissgrills (II. 56-57), den sonst tadellosen Leutold von Kuenring von aller Schuld der Teilnahme an der Empörung zu reinigen, siegreich widerlegt; nur muss man, die scheinbaren Widersprüche zu heben, hinsichtlich der Zeitrechnung von der gewöhnlichen Angabe (um das Jahr 1291) abgehen, weil die fragliche Empörung erst nach der Erkrankung Albrechts, also nach dem 11. November 1295, ausbrach und bis zur Mitte des nächsten Jahres gänzlich zu Ende war. (Böhmers Regesten des Kaiserreichs, II. Ergänzungsheft, S. 492.) 3 Monument, boic. Vol. V. p. 396-399. Font. rer. austr. II. Abth. I. Bd. S. 276-277. Wissgrill II. 57-58.

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