Burg Aggstein und die Burggrafen von Steyr

16 In ihren Felsenburgen Tirnstein und Aggstein, wo ihnen nur der Einsturz des Himmels gefährlich sein zu können schien, erwarteten sie eine Belagerung und während derselben für ihre Sache günstige Ereignisse in benachbarten Ländern, so die Hoffnung ihrer Rettung auf des Vaterlandes Schmach und Verderben bauend. Doch das listige und glücklich ausgeführte Wagnis eines Kaufmannes lieferte zuerst den in seinen eigenen Fallstricken gefangenen Hadmar in die Gewalt seines schwer beleidigten Fürsten. Im Einverständnis mit dem Herzog Friedrich eilt der Urheber des Anschlages mit einer großen Summe Goldes und Silbers auf verborgenen Steigen und Abwegen von Wien nach Regensburg, wo er ein ansehnliches Schiff mit feinen Tüchern und verschiedenen anderen Waaren schwer befrachtet, aber auch mit Eisenplatten in- und auswendig beschlagen lässt und im untersten Raume dreißig handfeste Bewaffnete versteckt hält. Dieses Schiff führt er auf der Donau herab, in der Absicht zu Aggstein oder Tirnstein entweder gezwungen oder freiwillig zu landen und (wollte es das Glück) den Kuenringer zu fangen. Schon hat es Aggstein erreicht, da wird es durch Hadmars Knechte zur Landung genötigt und der überreiche Fang dem Herrn gemeldet. Dieser begibt sich in gieriger Hast an das Ufer herab, besteigt das verhängnisvolle Fahrzeug, beschaut freudig die Tücher von mannigfaltiger Farbe, grün und rot, und befiehlt seinen Knechten, das ganze Schiff auszuladen. Während diese überall die wertvolle Ware zusammenraffen und forttragen, Hadmar aber noch mit der Auswahl des Kostbarsten sich beschäftigt, stoßen die Schiffleute schnell vom Ufer, die Bewaffneten stürzen aus ihrem Hinterhalt hervor, ergreifen den überraschten Kuenringer und wehren mit Schleudern und Wurfspießen seinen Leuten die Verfolgung des Schiffes, welches den Überlisteten als Gefangenen nach Wien bringt. Der Verabredung gemäß, führt Friedrich eine starke Kriegsmacht vor die zwei gefürchteten Stromburgen, schließt die bestürzte Besatzung ringsum ein und bedient sich seiner Belagerungswerkzeuge mit so unwiderstehlicher Kraft, dass das Schloss Aggstein und der festeste Turm von Tirnstein gänzlich zerstört werden. Kaum hat der bisher so übermütige Heinrich von Kuenring seines Bruders trauriges Schicksal erfahren, so treibt es ihn eilig nach Wien, Gnade für Beide zu erflehen. Auf die vermittelnde Fürsprache der Vornehmsten des Landes erhielten die tief gedemütigten Brüder von ihrem so sehr verkannten, gnädigen Fürsten die Verzeihung ihrer verbrecherischen Schuld, nachdem sie durch die Auslieferung einiger Schlösser Bürgschaft geleistet, ihre Söhne als Geißel gestellt und einen großen Teil ihres Raubes zurückgegeben hatten; Heinrich blieb sogar in der wichtigen Stelle des obersten Marschalls. Hadmar benützte die wiedererlangte Freiheit zur Wanderung nach Passau, um dort die Lossprechung vom kirchlichen Bann zu erhalten; allein unfähig die schnelle Wendung des Glückes mannhaft zu ertragen, erlag er dem Unmut und Gram, der ihm auf der kurzen Reise das ruhelose, schuldbelastete Herz brach (1231). Es mag als ein Beweis gefühlter Gewissensbisse und einer beginnenden fruchtbringenden Reue gelten, dass schon am 17. April 1231 der Marschall von Österreich, Heinrich von Kuenring, auf Ansuchen des Abtes Wezelin und zur Seelenruhe des verstorbenen Bruders Hadmar einige dem Stifte Göttweig von beiden Brüdern entzogene Wiesen auf dem Achswald zurückstellte und zugleich die jährlich ihm geleistete Steuer von einem Wirtschaftshof bei Spitz (jetzt der Misslinghof genannt) auf immer erließ.1 1) Des unentsühnten Hadmars Gebeine blieben bis in das vierte Jahr der geweihten Erde beraubt, worauf sie in der Abtei Zwetl zur Ruhe kamen, um welche Zeit (um 1235) auch Heinrich seinem Bruder in die vergeltende Ewigkeit nachfolgte.2 1 Font. rer. austr. II. Abth. VIII. Bd. S. 295296. Auch in der Bestätigungsurkunde des Herzogs Friedrich II. über den Vergleich wegen des Hofes zu Haindorf für das Stift Melk, gegeben zu Gföll 2. November 1231, wird von Hadmar als von einem Verstorbenen (beatae memoriae) gesprochen, dessen Tod daher nicht (wie gewöhnlich geschieht) in das Jahr 1233 gesetzt werden kann. Die meisten österreichischen Annalen erzählen denselben wirklich bei dem Jahre 1231. (Pertz T. XI. p. 626, 627, 637, 726.) Heinrichs Ableben ist ebenfalls nicht erst um 1240 oder 1242 in Böhmen erfolgt, wohin er, statt nach Wien zu gehen, sich geflüchtet haben soll, wie auch Hoheneck und Wissgrill annehmen. (Vergl. Linck I. 322. 331. Font. II. III. 134.) 2 Da Herzog Leopold der Glorreiche am 28. Juli 1230 zu San Germano, Hadmar von Kuenring noch vor dem 17. April 1231 starb, so muss der Anfang der Empörung und (weil der Winter kaum die Jahreszeit zu Belagerungen ist) die Eroberung von Tirnstein und Aggstein in den Herbst 1230 fallen, und nicht erst in das folgende Jahr, wie Hanthaler nach Pernolds verdächtiger Chronik angibt, noch weniger auf 1232, wie Linck aus den Aufzeichnungen des Abtes Ebro von Zwetl berichtet; und die Stelle einer Urkunde Heinrichs von Kuenring an das Stift Zwetl von 1232, wo er nicht mehr

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