Burg Aggstein und die Burggrafen von Steyr

15 schaft dergestalt, dass Heinrich zu Weitra, Hadmar zur Tirnstein und Aggstein seinen Wohnsitz aufschlug. Sie vergrößerten zwar die Macht ihres Hauses, überschritten aber dabei alle Schranken, die des Vaters Weisheit, Gerechtigkeitsliebe und Untertanstreue so gewissenhaft beobachtet hat. Durch Macht und Reichtum zu Willkür und Übermut verleitet, empörte sich Heinrich, welcher oberster Marschall in Österreich war, und während sein Landesfürst Leopold der Glorreiche in Italien weilte, im Vaterland den Regierungsgeschäften Vorstand, nach dieses Herzogs Tode gegen den noch jungen Nachfolger Friedrich II., der Streitbare genannt, übte Gewalt und Raub in der Gegend der Stadt Zwetl, die er, den Abt Heinrich trügerisch überlistend, mit Mauern umgeben hatte, und beraubte den Schatz seines Fürsten. Auf die offenkundige Abneigung des ungarischen Königs Bela gegen Friedrich rechnend und einen feindlichen Einfall der Böhmen in Österreich für ihre verbrecherischen Unternehmungen benützend, plünderten und verwüsteten Heinrich und sein gleichgesinnter Bruder Hadmar, von einem Teil des mehr nach Zügellosigkeit als nach Freiheit begierigen Adels unterstützt, die Gegenden an der Donau und um Weitra bis über Wullersdorf hinab, und zündeten die Städte Krems und Stein an, aus denen die geraubte Beute nach Tirnstein/Dürnstein geschleppt ward. Niemand reiste mehr ungefährdet auf der Donau wie auf der Landstraße, indem diese adeligen Freibeuter die Reisenden überfielen, beraubten und mordeten, oder wenn der Fund die Mühe zu lohnen schien, von den „Niedergeworfenen“ durch Ketten und Hunger im Burgverließ reiches Lösegeld erzwangen. Von einer Warte (specula) an der Donau zwischen Schönbühel und Aggsbach (also auf fremdem Boden, weil sich das Gebiet von Aggstein nicht so weit herauf erstreckte), deren kaum mehr sichtbare Spuren noch jetzt das Blashaus genannt werden, meldete das Horn des „Wartmannes“ oder Wächters (speculator) oder ein anderes Signal der Räuberrotte zu Aggstein die sich nähernden Schiffe, um dort ihrer Ankunft gewärtig zu sein, welches Zeichen man von der Burg erwiderte. So erzählt noch immer die Sage und setzt hinzu, Hadmar habe, damit seiner Raublust keines der Schiffe entginge, bei Aggstein die Donau mittelst einer eisernen Kette gesperrt.1 Die Abtei Melk, der Babenberger ehrwürdige Stiftung und älteste Erbgruft, hatte an dem Burgherrn von Aggstein keinen freundlichen Nachbar, der ihr vielmehr mit den Seinigen viel Ungemach und Schaden zufügte. Er und sein Bruder suchten einen Hof zu Haindorf, des Vogtes Friedrich von Perg frommes Vermächtnis, dem Stift zu entreißen, doch zuletzt machte Heinrich mit Bewilligung und Bestätigung des Herzogs dem ungerechten Streite damit ein Ende, dass die Vogtei des Hofes bei ihm und einem seiner Erben verbleiben sollte (1231).2 Allein die Rache für so viele und große Missetat blieb nicht aus. Der erzürnte Herzog sammelte ein wackeres Heer seiner Getreuen, zerstreute die frechen Empörer und ihren wilden Anhang, zerstörte das eroberte Schloss samt den Stadtmauern zu Zwetl, und ließ viele Gefangene ihren Frevel teils mit dem Leben, teils mit schweren Geldstrafen büßen. Da sich auch die Böhmen mit Beute beladen zurückgezogen hatten, sahen sich die aufrührerischen Brüder von ihren Helfern verlassen und wegen Gewalt und Raub an geistlichen Gütern, auch des Hochstifts Passau, vom Bischöfe Gebhard mit dem Kirchenbann belegt. Noch aber war ihr Trotz nicht gebrochen, ihre Hoffnung nicht erloschen. verglichen zu werden, und der laute Fluch der unglücklichen Bürger von Stein und Krems ist uns noch aufbewahrt: „Möchten Heinrich und Hadmar von Kuenring, die Hunde genannt, doch keine Hündlein mehr erzeugen, damit sie uns und unsere Freunde künftighin nicht zerreissen!“ (Linck I. 298. Font. rer. austr. II. Abth. III. Bd. S. 107.) Der Geschichtschreiber Cuspinian (Spiesshammer) erzählt, der Beiname „die Hunde“ sei beiden Brüdern wegen ihrer Wildheit und Grausamkeit gegen ihren natürlichen Herrn (Herzog Friedrich) beigelegt worden. Alles dieses zusammen erschöpft erst den Sinn dieser vieldeutigen Benennung. 1 Da von dem Blashaus der Anhang genauere Nachricht gibt, so sei hier nur erwähnt, dass die Sage von der Sperrung der Donau gewöhnlich mit Schreckenwalds Namen in Verbindung gebracht wird. 2 Hueber Austria pag. 19. Keiblinger’s Geschichte d. Benedictiner-Stiftes Melk I. Bd., S. 329. Dieser Heinrich von Kuenring, Regierer oder Landesverweser von ganz Österreich (tune temporis Rector totius Austriae), erscheint in Melker-Urkunden zweimal, da nämlich in seiner Gegenwart zu Melk Graf Leutold von Pleien und Hardeck sich gegen das Stift sehr freigebig bewdes, und dann als diese Vergabung gegen eine erhobene Einsprache durch einen Gerichtsspruch Heinrichs in Schutz genommen wurde; wie aus zwei Bestätigungsurkunden des Kaisers Friedrich II. ven 1231 erhellt. (Hueber p. 18-19. Gesch. v. Melk I. 319-322.) Auf einem der verheerenden Züge der Böhmen im angrenzenden Teil von Österreich soll der König Wenzel I. 1231 die Donau überschritten und Melk besucht haben, ob mit einer Abteilung seiner Krieger oder nur bei Gelegenheit einer Zusammenkunft, womit er etwa dm ihm sehr ergebenen Hadmar von Kuenring auf der Burg Aggstein beehrte, ist nicht erweislich. (Ebend. S. 324.)

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2