Burg Aggstein und die Burggrafen von Steyr

13 etwas gelten, wo uns die sicher führende Hand der Geschichte verlässt, so dankt die Feste ihr erstes Dasein sehr wahrscheinlich spätestens dem Anfänge des zwölften Jahrhunderts und der reichen und mächtigen Familie der Herren von Kuenring, die wenigstens als die ältesten Besitzer derselben bekannt sind. Sie leiteten ihren Ursprung mit mehreren uralten österreichischen Adelsgeschlechtern von dem berühmten Helden Azzo von Gobatsburg ab; von jenem siegreichen Feldherrn des Markgrafen Leopold des Schönen im Kriege gegen die Böhmen (1083), welchem der Kaiser Heinrich IV. im Jahre 1057 Besitzungen im heutigen Kreise ober dem Manhartsberg geschenkt hat, worauf später bei der Vergabung des Gutes Weikendorf an das damalige Kollegiatstift Melk, Markgraf Ernst der Tapfere, wahrscheinlich im Sommer 1074, denselben Azzo nebst dessen Söhnen Anshalm (Anselm) und Nizo unter den Ministerialen oder Dienstherren der Ostmark als Zeugen aufführte.1 Wenn nicht schon dieser Ahnherr der Kuenringer selbst, in der zweiten Hälfte des elften Jahrhunderts, um dem markgräflichen Hoflager zu Melk nahe zu sein, der erste Erbauer der Burg Aggstein gewesen ist, so scheint man, weil sie schon 1113 bestand, wenn nicht dem gedachten Nizo, weil sein Todesjahr (um 11101115) ungewiss ist, mit größerer Wahrscheinlichkeit dessen Sohne Albero (geboren 1085-1090, gestorben um 1160) den Urbau dieser Feste zuschreiben zu dürfen.2 Sein Sohn Albero, gestorben 1182, der, wie alle seine Nachkommen sich von Kuenring nannte, hatte einen vor dem Vater (um 1180) verstorbenen Sohn, Hadmar II. (sonst der I.), dessen Sohn Hadmar III. (II.) um das Jahr 1308 „der Mächtigste, Reichste, dabei Vorsichtigste und Emsigste unter allen seinen Vorfahren und Nachkommen,“ das Schloss und die Stadt Weitra erbaute, die Schlösser und Herrschaften Tirnstein, Aggstein, Achswald mit dem ganzen fruchtbaren Tal Wachau, die Stammburg Kuenring, die Güter Zwetl, Schweikers, Hadmarstein, Gmünd, Egenburg, Walpersdorf, Dürrenkrut, Zistersdorf, Wullersdorf, Gräbern, nebst vielen andern im Marchfeld und in verschiedenen Gegenden des Landes Unter der Zu Arnsdorf wie zu Aggsbach — nirgends aber bei Aggstein, wurden römische Münzen und andere Anticalien ausgegraben. Cannabiaca soll an der Stelle des Schlosses Schönbühel zu suchen sein. Schweickhardt, den Freiherrn von Hormayr ausbeutend, schreibt im Artikel Traismauer, Aggstein sei ebenfalls wie Arnsdorf „ein von den Celten und dann von den Römern besetzter Ort. Arnsdorf sowie Aggstein tragen noch in ihrer Benennung celtische Sylben, ganz nach ihrer Lage, ersteres nämlich von Aeckern und Gefilden, letzteres von dem Felsen und der Donau.“ (Des VOWW. III. Bd., S. 272-373.) Im Artikel Aggstein hingegen gibt er die richtige aus meinen ungedruckten „Beiträgen“ usw. ausgeschriebene Ableitung. (VII. 141.) 1 Von dieser Familie schreiben, außerdem Stiftungenbuch der Abtei Zwettl: Lincks lateinische Jahrbücher derselben T. I. p. 43 et seqq. des Freiherrn v. Hoheneck genealog. und histor. Beschreibung der löbl. Stände ob der Enns III. Tl. S. 90106. Wissgrills Schauplatz des landsässigen nö. Adels II. Bd. S. 42— 79. Die Aufsätze über die Kuenringer in Hormayrs Archiv, Jahrg. 1813, S. 518, 1816. S. 438, 1818. S. 249, 262. J. 1819. S. 501, 504, 510. J. 1829. S. 209, 226. Die H. Stammtafel in v. Meillers vortrefflicher Schrift: „Die Herren von Hindberg“ usw. im VIII. Band der Denkschriften der philosophisch-histor. Classe der kais. Akademie der Wissenschaften, zu vergleichen mit desselben Regesten zur Geschichte der Markgrafen und Herzoge Österreich aus dem Haus Babenberg, Personenverzeichnis, Seite 325-326 unter den Namen Gobatzburg, Chuffarn, Straninesdorf, Chunring; wobei nur zu bemerken ist, dass unter Stroninesdorf nicht Strannersdorf bei Mank im Kreis OWW., sondern Stronsdorf im VUMB. zu verstehen sei. Hierher gehört auch: „Die Kuenringer. Eine Erinnerung aus dem Mittelalter von Christian Wilhelm Huber, in dem von August Rokert herausgegebenen Taschenbuch Vesta. Kleine Halle für deutsche Kunst und Literatur. Vierter Jahrgang 1834. S. 13-80. 2 Im Werk: „Die Burgvesten und Ritterschlösser der österreichischen Monarchie.“ 2. Auflage, XII. Tl. S. 5 wird Albero v. K. als Erbauer und erster Besitzer von Aggstein angegeben. Obwohl die Jahreszahl 1113, wie sie jetzt in der Burgkapelle zu sehen ist, augenscheinlich bei einer viel späteren Erneuerung, ja wohl erst bei der letzten Übertünchung mit Kalk angeschrieben wurde, so ist doch kaum zu bezweifeln, dass sie ursprünglich mit römischen Zahlzeichen ausgedrückt gewesen und gegen ihre Echtheit nichts Gründliches einzuwenden sei, indem dieses Jahr entweder aus einer längst verloren gegangenen Urkunde, vielleicht aus der bischöflichen Consecrationsbulle selbst, oder aus einer fortwährenden mündlichen Überlieferung bekannt und beim Umbau der Kapelle von Georg Scheck von Wald durch die Bezeichnung mc*iit der Vergessenheit entrissen worden sein konnte. Es findet sogar die Meinung Raum, Bischof Ulrich von Passau, der Freund des Markgrafen Leopold des Heiligen, welcher am Festtag des heiligen Colomann (13. Oktober) 1113 die feierliche Einweihung der von Leopold neu gebauten Stiftskirche zu Melk, wo die Gebeine St. Colomanns seit 1014 ruhen, vornahm, habe auf die Bitte des Burgherrn bei dieser Gelegenheit einen Abstecher nach Aggstein gemacht, um die neugebaute Kapelle zn weihen. Derselbe Kirchenfürst consecrirte 1115 die Pfarrkirche zu Weikendorf gleichfalls zu Ehren des heiligen Colomann, dessen Verehrung eben damals in Österreich ungemein beliebt und verbreitet war. So spricht auch das alte Patrocinium der Kapelle zu Aggstein — St. Georg und St. Colomann — für die angegebene Zeit der Erbauung. Der Patron der Ritterschaft, der heilige Georg, gehört bekanntlich zu den ältesten Kirchenpatronen in Deutschland, insbesondere in der Diöcese von Passau.

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