Burg Aggstein und die Burggrafen von Steyr

8 Über dem dritten Tor ist eine große rote Marmortafel mit dem Wappen der Familie Scheck, ein der Länge nach gespaltener und von einem Querbalken durchzogener Schild, von dem Stechhelm bedeckt, welchen ein geschlossener, mit dem Querbalken belegter Adlersflug überragt.1 Unter dem Wappen steht die Inschrift: Das . purkstal . hat . ange vangen . cze . pauen . her Jo rig . der . Scheckch . von . w ald . bes nachsten . Man tag . nach . unser . frawntag nativitatis . da . von . krist gepurd . warn . ergangen – -- cccxxviiii Jar. Die zwei ersten Zahlbuchstaben oder m und e sind schon seit langer Zeit durch Beschädigung des Steins an der unteren linken Ecke ausgebrochen.2 Durch des dritten Tores mächtige Halle mit niederen Steinsitzen in beiden Seitenwänden betritt man den eigentlichen Burghof, ein fünfzig Schritte langes, zwanzig breites Parallelogramm, dessen hintere Seite bedeutend schmäler ist. Hier befindet sich eine, mit einem Holzgeländer umgebene geräumige Cisterne (kein Burgverließ, wie Manche sich einbilden), links dehnen sich weitläufige Ruinen von Kellern, Ställen und Gemächern aus, deren einige wohl zu Gefängnissen dienten, und die zum Teil noch unbekannt sind, da ihre Untersuchung nicht gefahrlos ist. Ob hier auch eine Gruft war, wie man vorgegeben hat, ist sehr zu bezweifeln. In einem großen, halbrunden Erker zur Rechten ist die noch ziemlich erhaltene Küche mit dem steinernen Schlot in der Mitte des Gewölbes, an welche sich die gewaltige Ringmauer anschließt, die aber weiterhin in den nackten Felsen übergeht, der hier senkrecht behauen die Mauer vertritt, ebenso den Hintergrund des Hofes bildet und sich links wieder in die Hauptmauer verliert. Der große Burghof ist also hier durch eine, etwa zehn Klafter hohe Felsenwand vollkommen abgeschnitten und hoch oben ragt erst das eigentliche Hochschloss über die unteren Gebäude empor, durchaus ohne einen andern Zugang außer einer schmalen Pforte (ein von dem viereckigen Türstock bedeckter Spitzbogen), hoch oben auf dem glatten Felsen, zu welchen man einst nur durch einen Aufzug, wovon die Zuglöcher noch vorhanden sind, gelangte, dessen Stelle jetzt eine bequeme hölzerne Treppe einnimmt. Von allen übrigen Seiten stürzt sich die Felsenzinne in schroffen Klippen ab, und hier hat die Menschenhand Alles aufgeboten, der Hochburg eine vollkommene Unzugänglichkeit zu verschaffen. Jene Pforte führt in den inneren Burghof, der eigentlich nur aus einem, bei zwölf Fuß breiten und dreißig Fuß hohen Gang zwischen senkrecht behauenen Felsen 1 Preuenhuebers Annales Styrenses, S. 24 geben das Wappen der Schecken in Kupfer gestochen: Ein weißer oder silberner Querbalken in einem nach der Länge gespaltenen, rechts roten, links schwarzen Schild, dessen offener, ungekrönter Helm (abweichend vom Wappenstein zu Aggstein) zwei Büffelhörner trägt, die durch einen weißen Querbalken so geteilt sind, dass jenes rechts oben rot, unten schwarz, das andere links oben schwarz, unten rot ist. Die Helmdecke rechts rot und weiß, links schwarz und weiß. Im Siebmacher’schen Wappenbuch, S. 27, kommt das Wappen der Schecken aus Kärnten (ein von dem österreichischen gänzlich verschiedenes Geschlecht) vor: Eine Krone mit drei aus derselben empor gerichteten Federn. 2 So lautet die Inschrift selbst bis auf die Punkt zwischen den Wörtern buchstäblich getreu, nach der letzten Revision vom 12. Oktober 1861. Ich selbst las zuerst unrichtig: mccccxxiiiiii (1426), ohne diesen Irrtum später berichtigen zu können, welcher daher auf alle mir Nachschreibenden übergegangen ist. Der Verfasser der Wanderungen im Viertel ober dem Wienerwald las MCCXXVIII (1228), selbst Hr. v. Leber (die Ritterburgen Rauheneck, Scharfeneck und Rauhenstein, oder Rückblick in die deutsche Vorzeit I. Bd. S. 199), obgleich sich auf Hormayrs Archiv 1827 berufend (welchen Aufsatz er „auch als eine abgesonderte Monographie bestehend“ angibt, da er doch von der Monographie Weingartens gänzlich verschieden ist), setzt willkürlich: MCCXXVIII (1228), indem er lieber dem Doctor Schultes folgt, ungeachtet dessen Erklärung: „er könne nicht versichern, ob diese Inschrift, zumal die Jahreszahl ganz richtig gelesen sei, da sie für seine Augen zu hoch stand.“ Allein schon die Gestalt der Schrift widerspricht offenbar einem so hohen Alter. Das Verdienst, zuerst die rechte Zahl 1429 durch den Druck bekannt gemacht zu haben, hat Freiherr von Sacken, von dessen und Schmidls Beschreibung der Burg, besonders der Kapelle, ich dankbaren Gebrauch zu machen mir erlaubte.

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