Beschreibung des Wallfahrtsortes Adlwang

Kurze Beschreibung des Ursprunges und der Schicksale der Wallfahrtskirche Adlwang Oberösterreich. Mit Bewilligung des bischöflichen Ordinariates Linz. Steyr, 1860. Druck und Verlag der M. Haas'schen Buchdruckerei.

Ausführliche Beschreibung des Ursprunges und der Schicksale des Wallfahrtsortes Adlwang in Oberösterreich. Soferne das schon in der alttestamentischen, jüdischen Kirche übliche und in dem Geiste un¬ serer heil. römisch-katholischen Kirche tief ge¬ gründete Wallfahrten seit einigen Jahren wie¬ der bei Vornehmen und Niedrigen in erfreu¬ lichere Aufnahme gekommen, — zudem die liebliche Marien=Verehrung in jüngster Zeit, besonders seit der glorwürdigen Dogmatisirung der unbefleckten Empfängniß der allerseligsten Jungfrau Maria, auf eine wahrhaft staunens¬ werthe, heilbringende Art zugenommen hat, dürfte es gewiß zeitgemäß und im Interesse, sowie in den stillen Wünschen Vieler gelegen sein, auch einmal über den so vielseitig und

zahlreich besuchten Marien=Gnadenort Adlwang und die dortige Gnadenstatue etwas Ausführ¬ licheres zu vernehmen. Der gegenwärtige Pfarrvikar unterbreitet hiermit nachfolgende Daten über Ursprung Titel — und Schicksal den sowohl der Kirche als der Gnadenstatue geneigten Lesern zur Be¬ lehrung und Erbauung. Adlwang — anfänglich wahrscheinlich als Schloß= und Burgkapelle der adeligen, nun ganz ausgestorbenen Familie der Wanger oder Adlwanger zu Ehren Mariens erbaut, kommt bald als Wallfahrtsort vor, sicherlich schon im 12. Jahrhunderte, da 1300 seiner als eines dazumal berühmten Gnadenortes in schrift¬ lichen Urkunden Meldung geschieht, sowie des Umstandes, daß die Geistlichkeit von Pfarrkir¬ chen, wohin es ursprünglich als Filiale gehörte, die Schuldigkeit habe, an allen Samstagen und Frauenfesten allhier den Gottesdienst zu besorgen. Kann sonach immerhin die Zeit nicht ge¬ nau angegeben werden, in der der erste Grund¬ stein zum Baue des Gotteshauses gelegt wor¬ den ist, so steht doch so viel außer Zweifel, daß es schon vor mehr als 700 Jahren eine besuchte Wallfahrtskirche gewesen, da alten Urkunden nach, schon vor 700 Jahren aus Ungarn große Wallfahrer=Schaaren hieher ge¬ kommen sind.

Da die obbemeldeten Edelherren von Adl¬ wang sich bald in den Besitz einer jener die schmerzhafte Gottesmutter darstellenden von Stein gegossenen Statue — seis durch Kauf oder Schenkung, zu setzen gewußt haben, die vom heil. Erzbischof und Martyrer Thiemo eigenhändig verfertigt worden sind, so bekam die Kapelle den Titel: „Zu Ehren der schmerz¬ haften Mutter Gottes“ — oder: „Der sieben Schmerzen Mariens," — und in Folge dessen den schnellen großen Zugang von Nahe und Ferne, der sich auch durch die mannigfaltigsten wunderbaren Heilungen und Gnadenerhörungen bald segensreich erwies, so daß die - noch gegenwärtig auf dem Hochaltare ober dem Ta¬ bernakel in der Mitte prangende Gnadenstatue: „das wunderthätige schmerzhafte Vesper= und Gnadenbild unserer lieben Frau“ genannt wurde. Was nun diese Gnadenstatue betrifft, die schon vom bemeldeten heil. Erzbischof und Mar¬ tyrer Thiemo um 1101 herum, wo hoch¬ selber von den Feinden des katholischen Glau¬ bens von seinem erzbischöflichen Sitze zu Salz¬ burg vertrieben auf den Kulmberg (jetzt Frauen¬ berg genannt) bei Admont in der Steier¬ mark sich flüchtete, alldort nebst meh¬ ren an= dern vom Stein — klingend aber wie Metall kunstreich gegossen worden ist, hat selbe verschiedene merkwürdige, ja wunderbare Schick¬

6 sale erlebt. Bis zum 16. Jahrhunderte war sie ununterbrochen der Gegenstand allseitiger Verehrung, so daß bald die ursprüngliche Ka¬ pelle zu einer Kirche erweitert werden mußte, um die Menge der herzueilenden Gläubigen fassen zu können. Viele Wunderzeichen sind auch in dieser Zeit geschehen und viele Gnaden auf die Fürbitte der schmerzhaften Gottesmutter den Wallfahrtern zu Theil geworden. Im Jahre 1520 jedoch, als das Luther¬ thum sich auch in hiesiger Gegend ausbreitete, und die Bildnisse sowie Statuen der Heiligen mit rasender Wuth aus den Kirchen hinweg¬ geschafft worden sind, wurde denn auch wie im Adlwanger Mirakelbuch zu lesen ist), die Gnadenstatue nach Verwüstung der ade¬ ligen Wohnung von den Ketzern hinweggenom¬ men und in einem Ameisen=Haufen verborgen, allwo selbe erst nach mehr als 100 Jahren zur Zeit, da die katholische Religion bereits wieder siegreich emporblühte, wieder aufgefun¬ den und allda auch aufgestellt worden ist. Dieser Ursache wegen nannte das Volk den hiesigen Gnadenort lange Zeit: „Maria im Ameishaufen. An dieser Stelle ist nun die gegenwär¬ tige Kirche und zwar in seinem damaligen Umfange im gothischen Style erbauet, allwo sich gegen die Evangelien=Seite etwa 2 Klafter von der Hauptmauer entfernt, Anfangs län¬

7 gere Zeit die Gnadenstatue befand, bis sie spä¬ ter in das lange darnach im byzantinischen Style angebaute Schiff unter ein Fensterge¬ wölbe übertragen worden ist. Bei dieser Uebertragung hat sich denn auch als wohl bemerkenswerth zugetragen: daß die Ameisen, obschon der Haufe bei Säu¬ berung des Gotteshauses hinweggeräumt wor¬ den ist, sich von ihrer Wohnstätte nicht ver¬ treiben ließen, sondern vom Neuen rings um die Gnadenstatue, — doch ohne Berührung derselben — einen Haufen machten, als woll¬ ten sie gleichsam jetzt öffentlich diejenige ver¬ ehren, welche sie so viele Jahre verborgen hielten. Weil jedoch unter besagtem Fenstergewölbe die Gnadenstatue von den Frauenstühlen ziem¬ lich bedeckt war, so daß sie von den Fremden und unbekannten Wallfahrtern wenig erkannt und beachtet wurde, ist sie 1661 — auf den 1650 — aufgerichteten gegenwärtigen Hoch¬ altar übersetzt worden, wo sie bis zur Stunde von Jedermann erkannt und verehrt wird. Nicht unerwähnt darf übrigens bleiben, was sich bei der Ausgrabung aus dem Amei¬ senhausen und Erhebung der Gnadenstatue er¬ geben hat, die 3 Schuh 9 Zoll hoch — ein einziges ganzes Stück darstellt — Maria sitzend, wie sie den Leichnam ihres vom Kreuze

herabgenommenen göttlichen Sohnes trauernd im Schooße trägt. Der Gnadenmutter wurde nämlich der Vordertheil der linken Hand, dem Leichnamme Jesu aber die auf der mütterlichen Linken liegende ganze rechte Hand abgebrochen, welche Theile man sich wieder durch Kitt an¬ zumachen vergeblich bemühte. Vor kurzer Zeit — wie es wörtlich im Adlwanger Mirakelbuche heißt — „hat man aber die heil. Materie mit anderer vermengt, auch so bequem beide Hände verfertigt, daß man selbe leichtlich an ihren gehörigen Ort hineinstecken oder herabnehmen könne. „Solche nun — wie es ferner in dem von 1745 her datirenden Adlwanger Mirakel¬ buche heißt „wurden denen verlangenden Wallfahrtern zu küssen dargereicht, wie dann sehr Viele selber mit tiefster Ehrerbiethigkeit, inbrünstiger Andacht, Vergießung deren Zäh¬ ren, theils auch mit sonderbarer Gnadenwir¬ kung bishero verehrt haben, auch sogar ihre Rosenkränze, Agnus Dei, Ablaßpfennig und Bethbücher damit zu berühren noch heut eifrig bitten. Endlich darf aus der neuesten Zeit eine Begebenheit nicht ganz mit Stillschweigen über¬ gangen werden, die auf das weitere Schicksal sowohl der Gnadenstatue als der dadurch beding¬ ten Wallfahrt bald einen verderblichen Einfluß

genommen hätte. 1791 sollte nämlich plötzlich auf höheren Befehl die Statue der Gnadenmutter von ihrer erhabenen Stelle weiter rückgeschoben und durch ein Bild des gekreuzigten Heilandes¬ (so noch gegenwärtig an der Seitenwand des Presbyteriums aufgehangen ist) — verdeckt wer¬ den; wahrscheinlich würde man dann nach eini¬ ger Zeit selbe heimlich ganz entfernt haben. Doch was geschah? Am Tage, wo die unse¬ lige Ausführung dieses anbefohlenen ärgerli¬ chen Aktes vor sich ging, rotteten sich mehrere fromm=gläubige Weiber zusammen, machten das bereits vor der Gnadenstatue angebrachte Bild los und brachten es vor die saubere Kommission gerade als selbe getafelt hat, und selbe durch die sichtlich nicht unbedeutend entstandene Aufregung eingeschüchtert, reiste sogleich ab, und von Entfernung der Statue war forthin keine Rede mehr. — An der Spitze dieses famosen Weiberzuges stand eine damalige hiesige Müllnerin mit Namen Katharina Dickbauer. Der Hochaltar (wie schon früher bemerkt ragt fast bis zur Decke empor, — besteht seit 1650 erbauet, ist majestätisch=freundlich aus zwei Hauptabtheilungen, deren jede auf kolossalen marmorirten Säulen ruht, und wo= von die obere Abtheilung — Mariä Krönung darstellt, rechts und links zur Seite die Statuen der heil. Blutzeugen Stephan und

10 Laurentius, — die untere ober dem Taber¬ nakel, wie in einem Sternenhimmel thronend die ehrwürdige Gnadenstatue birgt, umgeben von huldigenden Seraphinen, rechts und links zur Seite die majestätischen Statuen des heil. Josef Nährvaters Christi - und des heil. Johann des Täufers. Rückwärts der Gnadenstatue befindet sich ein hohes Kreuz — 1719 errichtet — wel¬ ches einen Theil vom heiligen wahren Kreuz Christi eingefaßt in sich enthält. — Hiermit dürfte sprechend dargestellt werden, was sich nach geschehener Abnehmung des heiligen Lei¬ bes Christi zugetragen, nämlich: daß Maria voll Betrübniß nicht weit vom Kreuze gemel¬ deten Leichnam ihres göttlichen Sohnes in ihren Schooß übernommen und legen hat lassen. Der Hochaltar ist auch von Sr. Heiligkeit Papst Pius IX. unterm 7. September 1846 zu einem für immer privilegirten Altar erklärt worden, so daß alle auf diesem Altare Gott dem Allmächtigen für die Ruhe und das Heil der leidenden Seelen im Fegefeuer dargebrach¬ ten heiligen Messen auf ewige Zeiten mit einem vollkommenen Ablasse für die Verstorbenen ver¬ bunden sind. Der Hochaltar — der 1817 sammt den zwei Seitenaltären und der Orgel zuletzt renovirt worden ist — wurde im Jahre 1856

11 von Joseph Pranzl, akademischen Maler, d. Z. in Kirchdorf, neuerdings renovirt, und da die Renovirung zur allgemeinen Freude, besonders der Wallfahrter sehr gelungen ist, wurden auch im Jahre 1857 die beiden Sei¬ tenaltäre — Kanzel — Orgel=Einfassung Statuen und Kreuzweg renovirt — was eben¬ falls zur allgemeinen Zufriedenheit gelungen und durch eine namhafte Unterstützung der kleinen Pfarrgemeinde ermöglicht worden ist. Daß schon in der ältesten Zeit der Be¬ such der Gnaden=Marienkirche zu Adlwang ein zahlreicher gewesen, sagen uns zur Genüge die bereits erwähnten vor 700 Jahren dahin stattgefundenen Wallfahrterzüge aus Ungarn; nach der Auffindung der Gnadenstatue im Ameis¬ haufen aber wurde der Zudrang so gewaltig, daß jährlich mehr denn 30.000 Kommunikan¬ ten durchschnittlich gezählt wurden. Ja, als im Jahre 1679 — die Pest in ganz Oester¬ reich herrschte, und viele Wallfahrtsorte we¬ gen Gefahr der Ansteckung gesperrt wurden, ist Adlwang von dieser schrecklichen Geißel Gottes verschont geblieben, und die Kirche den Hilf= und Trostbedürftigen als geistliche Zu¬ fluchtsstätte offen gestanden; von welcher Zeit die Wallfahrtskirche Adlwang dergestalt berühmt worden ist, daß schon 1683 wie aus dem Buche des damaligen Beneficiaten oder Vica¬

12 rius P. Gotthard Freyd sattsam hervorgeht jährlich Ordinari=Prozessionen stattgefun¬ den, als: Am sogenannten großen Samstag vor der Kreuzwoche oder vor dem Auffahrts¬ tage die der Kirchberger=Pfarre von Krems¬ münster, Wartberger=, Pettenbacher=, Rieder¬ Sipbachzeller=, Neuhofner=, Kematner=, Pfarr¬ kirchner=Pfarre — am Montag in der Kreuz¬ woche die der Messererzunft von Steinbach; am Mittwoch die der Waldneukirchner¬ Pfarre; — am Feste Johann des Täufers die der Ternberger= und Aschauer=Pfarre am Feste Mariä Heimsuchung die der Sier¬ ninger=Pfarre, und allzeit das anderte Jahr die der Erzbruderschaft des heil. Rosenkranzes der hochw. H. H. P. P. Dominikaner von Steyer; — am Magdalenen=Tage die der Waldnenkirchner=Pfarre; — am Feste Mariä Himmelfahrt die der Waldneukirchner=, Stein¬ bach= und Grünburger=Pfarre; am Sonn¬ tage nach Bartholomäus die der Pfarre Viecht¬ wang, daher dieser Sonntag Stäblsonntag ge¬ nannt wird. Am Feste Mariä Geburt war zwar keine bestimmte Prozession, aber solch eine Menge Wallfahrter, daß die obwohl große Kirche zu klein, und etliche Male selben Tags mit neuen Wallfahrten angefüllt worden ist. Dieser großartige Zudrang veranlaßte denn 1700 auch den damaligen hochw. Abt vom

- 13 - Stifte Kremsmünster Erenbertus II. Schre¬ vogel, Adlwang zu einem Superiorat zu er¬ heben, — den Stiftspriester P. Maximilian Mockh zum ersten Superior zu ernennen und ihm drei Geistliche als Beichtväter zuzugeben. Die Wallfahrt hat sich hierdurch sichtlich noch mehr gehoben und auf ihrer Höhe selbst bis 1754 erhalten, wo nämlich noch mehr als 42.000 Kommunikanten jährlich gezählt worden sind. Als jedoch 1784 — die Wallfahrtspre¬ ster abgeschafft und Adlwang eine eigene Pfarre geworden, — ja außer dem Pfarrvikar durch¬ aus kein anderer Priester geduldet, und 1788 der damals da befindliche Kooperator mit Gewalt weggenommen worden ist, mußte wie natürlich — die Wallfahrt abnehmen. Doch durch den Eifer seiner Pfarrvikare, die durch die Pietät der hochw. Herren Aebte durch öftere zahlreiche Aushilfen vom Stifte nachdrücklich unterstützt worden sind, erhielt sich Adlwang als Wallfahrt auf der bedeutenden Höhe von durchschnittlich jährlich 14.000 Kom¬ munikanten — bis gegen 1820 — von wel¬ cher Zeit an (wie leider auch auf andern Wall¬ fahrten) doch wenigstens die Zahl der Kom¬ munikanten immer mehr — selbst bis 6000 sank, woran ohne Zweifel die selteneren

14 und schwer zu erlangenden Aushilfen ob Priester¬ mangel im eigenen Stifte einigen Antheil haben. In jüngster Zeit hat sich jedoch zur Freude aller eifrigen Marien=Verehrer die Wallfahrt sichtlich wieder gehoben; davon zeugt die über 7000 gestiegene Zahl der jährlichen Kommuni¬ kanten, dann die bedeutend gestiegene Zahl jener, so einzeln oder prozessionsweise während der 14tägigen Dauer der 3 goldenen Sams¬ tage in den letzten Jahren hieher wallfahrteten. So haben nach einer ganz mäßigen Schätzung im Jahre 1855 während den goldenen Sams¬ tagen bei 30.000 Wallfahrter Adlwang be¬ sucht, darunter 72 Scharen mit Fahnen und Kreuz im Jahre 1856 — bei 40.000 Wallfahrter — darunter 97 Schaaren in Prozession — in den Jahren 1857, 1858 und 1859 stieg die Zahl der Schaaren in Pro¬ zession über 100 bis 120. Nebst dem bittern Ernst der letzten abge¬ laufenen Jahre, in denen anhaltende Theu¬ rung, fühlbare Noth selbst an den ersten Le¬ bensbedürfnissen, die längere Zeit arg in un¬ serem lieben Vaterlande, selbst in der nächsten Nähe wüthende Cholera und Typhus so viele Tausende aus ihrem bisherigen Leichtsinne, sitt¬ licher und religiöser Trägheit aufgeweckt, nä¬ her dem Ewigen und der Sorge für ihr See¬ lenheil gebracht haben, hat gewiß zur neuesten

15 Hebung der Wallfahrt von Adlwang am mei¬ sten die am 8. Dezember 1854 von Sr. Hei¬ ligkeit Papst Pius IX. zu Rom feierlichst aus¬ gesprochenen Glaubens-Entscheidung über die unbefleckte Empfängniß der jungfräulichen Got¬ tesmutter beigetragen durch die dadurch auffal¬ lend allgemeiner und inniger gewordene Ma¬ rien=Verehrung und die daraus hervorgegan¬ genen lieblichen Mai=Andachten. Uebrigens als eine auch wesentlich mit¬ wirkende Ursache - insbesonders für den künf¬ tigen Wachsthum der Wallfahrt — darf nicht unerwähnt bleiben: der vollkommene Ablaß für alle an einem dieser 3 goldenen Sams¬ tage hieher Wallfahrtenden, wenn sie hier wür¬ dig kommuniciren und andächtig auf die Mei¬ nung des heil. Vaters die bekannten Abla߬ gebete verrichten. Dieser Ablaß — und zwar auf immer¬ währende Zeiten — ist auf gnädige oberhirt¬ liche Verwendung unsers hochwürdigsten tief¬ verehrten Herrn Bischofes Franz Joseph bei Sr. Heiligkeit Papst Pius IX. erwirkt wor¬ den, laut dem hierüber an Sr. bischöflichen Gna¬ den dd. 12. Dezember 1855 von Sr. päpstli¬ chen Heiligkeit erlassenen apostolischen Schreiben.

16 Volkssage über den Ursprung der drei goldenen Samstag nächte. Vor vielen Jahren soll zur Zeit des Grummet=Mähens ein Mäher an einem Sams¬ tag nach gegebenen Glockenzeichen zum Feier¬ abend zum Weitermähen nicht mehr zu bewe¬ gen gewesen sein aus besonderer Verehrung Mariens, während die Andern fortarbeiteten. Nun, am Montag darauf, als dieser fromme Verehrer Mariens auf die Wiese kam, fand er auf selber ein Goldstück, — was als eine sprechende Belohnung von Seite der Gottes¬ mutter für ihren frommen Verehrer angesehen worden ist, und zugleich die nächste Veran¬ lassung geworden, die Samstage — besonders zur Herbstlichen Zeit — als vorzüglich der Ver¬ ehrung Mariens gewidmet, goldene zu nennen. Weil ferner nach Michaeli sowohl Felder¬ als Wiesen=Fechsung in der Regel vorüber ist, hat man endlich allmälig angefangen, an den auf Michaeli folgenden drei Samstagen an die Gnadenorte der allerseligsten Jungfrau Maria andächtig zu Wallfahrten, um sich so auf der Wiese kindlich-frommer Andacht das Gold der Gnadenwirkungen der Gottesmutter zu holen.

17 Uebrigens datirt sich die hiesige Feier der sogenannten drei goldenen Samstagnachte erst her vom Jahre 1785 — bis zu welcher Zeit sie bei einem außerordentlich großen Andrange von Wallfahrtern in Magdalenaberg — gegen¬ wärtig eine dem Stifte Kremsmünster inkor¬ porirte Pfarre, zwischen Pettenbach und Kirch¬ dorf gelegen, — üblich gewesen. Ueber den Stäbl-Sonn- und Kirchtag. Da bereits oben bei der thatsächlichen Erhärtung der Zunahme der Wallfahrt in der ältesten Zeit bei Gelegenheit der vom P. Gott¬ hard Freyd schon 1683 — erwähnten jährli= chen Ordinari=Prozessionen, — unter andern auch des Sonntags nach Bartholomäus ge¬ dacht worden ist, an welchem die Pfarre Viecht¬ wang hieher eine Ordinari=Prozession durch längere Zeit jährlich gehalten hat mit dem Bemerken, daß davon dieser Sonntag: der Stäbl=Sonn= und Kirchtag genannt worden ist, so dürfte es am Platze sein, Näheres über den Grund davon mitzutheilen. Nun der Grund sowohl der Entstehung der lange Zeit bestandenen jährlichen Prozession

18 der Pfarre Viechtwang am bemeldeten Sonn¬ tag hieher als der dadurch erfolgten Benen¬ nung dieses Sonntags ist folgendes Ereigniß: Zur Zeit der unseligen Reformation ver¬ blieb nämlich die dem Stifte Kremsmünster inkorporirte Pfarre Viechtwang römisch-katho¬ lisch, ungeachtet in Oberösterreich das Luther¬ thum eingerissen und insbesonders in der näch¬ sten Nähe von Viechtwang vom unkatholischen Adel sogar ein Prädikant — Michl Stifl aufgenommen worden ist, der ringsum das Volk verführte und durch die falsche Prophe¬ zeiung des nach kurzer Zeit an einem von ihm benannten Tage eintretenden jüngsten Ta¬ ges derart bethörte, daß es anfing, sich dem Fressen und Saufen hinzugeben, und alle Sa¬ chen zu verthun. Denn, — während die zum Lutherthum Abgefallenen der Umgegend ihre Tage in Saus und Braus verbrachten, haben die Viechtwän¬ ger, um in dem alleinseligmachenden römisch¬ katholischen Glauben beständig zu verharren, ihr gläubiges Vertrauen nächst Gott auf die Adlwanger=Gnadenmutter gesetzt, und einhel¬ lig zusammen geschworen, lieber alles zu ver¬ lassen und mit dem bloßen Stecken davon zu gehen, als den römisch-katholischen Glauben zu verlassen.“ — Und, da die unglückselig Bethörten beim Ausbleiben des prophezeiten

19 jüngsten Tages nun mit Betteln ihre Nahrung suchen mußten, haben die Viechtwänger zur Danksagung angefangen, ihre sonst vorher all¬ jährlich nach Adlwang gepflogene Prozession fortzusetzen, aber so, daß jede Manns= und Weibsperson ein weißes Stäblein in den Hän= den trug. Frage: Hat sich auch Adlwang von jeher durch wunderbare Erhörungen und Heilungen berühmt gemacht? Ja; — denn eben die wunderbaren auf die vertrauungsvoll angerufene Fürbitte der schmerzhaften Gottesmutter erfolgten Heilun¬ gen von den verschiedensten Seelen= und Kör¬ perleiden haben ohne Zweifel vorzugsweise den Marien=Kultus (Verehrung) zu seiner einsti¬ gen Blüthe allhier, und zu seinem gegenwär¬ tigen, erfreulichen Stand gebracht. In dieser Beziehung kann auf das im hiesigen Pfarr¬ Archive befindliche Mirakelbuch verwiesen wer¬ den, wo vom Jahre 1642 — an — viele wun¬ derbare Heilungen erzählt werden, die auf die mächtige Fürbitte der schmerzhaften Gottes¬ mutter allhier erfolgt sind, an Augen, Apostem

20 und Aussatz Leidenden, an Abzehrenden, in Folge von unglücklich vorgenommenen Ader¬ lässen Aufgegebenen, an Blattern=Kranken und Besessenen. Die so wunderbar Geheilten werden zu¬ gleich in diesem Buche mit Tauf= und Zuna¬ men, mit Charakter und anderen näheren Um¬ ständen angeführt, sammt — was wohl zu merken ist — den selbsteigenen Aussagen der so glücklich Geheilten, so sie mündlich oder schriftlich abgegeben haben. Nicht minder kom¬ men darin auch vor: viele wunderbare Erret¬ tungen aus Feuer, Wasser= und andern Le¬ bensgefahren, so in Folge von vertrauensvol¬ ler Anrufung der schmerzhaften Gnadenmutter zu Adlwang und Verlobung allhier stattge¬ funden — sowie viele Fälle, in denen fromm¬ vertrauenden Verehrern Mariens auch Befrei¬ ung von mancherlei innerlichen oder Seelen¬ leiden und Nöthen zu Theil geworden.

21 Schlüßlich noch eine kurze Erwähnung und Beschreibung jener Orte, so noch außer der Gnadenstatue von den Wallfahrten mit Verehrung besucht werden. 1. Das Grab Christi — einst im In¬ nern der Kirche auf einer Seite des Gnaden¬ Altares angebracht — jetzt außerhalb der Kirche vor dem Hochaltare auf der Ostseite, dann 2. der heilige Brunnen, etwa einen Büch¬ senschuß weit im Thale gegen Westen von der Kirche; nach Aussage der Brunnengräber ent¬ springt er viele Klafter tief unter dem Hoch¬ altare der Kirche, und fließt von dort unter der Erde bis ins Thal, wo eine Brunnenstube in Form einer Kapelle besteht, in deren Mitte das Vesperbild Mariens sich befindet, wo das rinnende Wasser bei den fünf heil. Wunden des in dem schmerzhaften Mutterschooß liegen¬ den Heilandes seinen Ausfluß hat. Die Wallfahrter pflegen sich mit diesem, schon an und für sich guten und gesunden Wasser nicht bloß zu laben, sondern auch ihre

22 preßhaften Glieder damit zu waschen, — ja solches sogar nach Hause mitzunehmen für be¬ sonders an Fiebern, Augen und Füssen Lei¬ dende. Der Glaube an die heilende Kraft dieses Wassers stützt sich auf eine uralte über¬ lieferte Sage: daß, ehe der Brunnen noch eingefangen gewesen, man oftmals bei dessen Ausfluß zu gewissen Zeiten um den Brunnen eine überaus schöne und mit hellem Glanze umgebene Jungfrau herum gehen gesehen hat, so allgemein für unsere Frau und Mutter Got¬ tes Maria gehalten worden ist. P. L. K., Vicar.

23 - Gebet. O gnadenvolle Mutter meines Erlösers o seligste Jungfrau Maria! Du Trösterin der Betrübten, Du Heil der Kranken, Du Hilfe der Christen, Du Zuflucht der Sünder, Du mächtige Bittende vor Gottes Thron: auf Dein Gebet baue ich zuversichtlich, auf Deine Für¬ sprache setze ich ein gläubiges Vertrauen. Darum habe ich auch nach Adlwang eine fromme Wall¬ fahrtsreise gemacht, um Dich in dieser Deinem Andenken geweihten Kirche besonders zu vereh¬ ren, und Dich in Demuth anzuflehen, daß Du in meinen geistlichen und leiblichen Nöthen mir durch Deine kräftige Fürbitte Erhörung und Hilfe von Gott verschaffen wollest! Ich lege im Geiste mein Gebet in Deinen Schooß: lege mein Anliegen auf den Leichnam Deines göttlichen Sohnes Jesu Christi! O schaue vom Himmel mit eben jenem Mitleiden heute auf mich herab, mit welchem Du einst Deinen göttlichen Sohn betrachtet hat, als Er vom Kreuze genommen wurde

24 — Erwirb mir durch Deine Fürsprache eine heilige Gesinnung, Geduld in Leiden, Liebe zur Tugend, Eifer zur Buße, Verzeihung der Sünden, und einst eine glückselige Wander¬ schaft ins ewige Leben! Um dieses bitte ich durch Jesum Christum Deinen Sohn, meinem Herrn und Erlöser, der mit dem Vater und heiligen Geiste als gleicher Gott lebet und regieret von Ewigkeit zu Ewig¬ keit — Amen.

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