beharrlich und systematisch durch naturwissenschaftliche l'orschung Stück für Stück des toten Ballastes überflüssig machte. Dies war nur durch Schaffung neuer, leichterer Werkstoffe und eine bis ins letzte durchdachte und zweckentsprechende Gestaltung jedes Einzelteiles möglich. „Leichtbau", so nennt sich heute bereits ein eigenes technisches Fachgebiet, dessen Umfang ständig zunimmt. Beim Flugzeugbau eine Notwendigkeit, konnte sich der Leichtbau auf anderen technischen Gebieten erst langsam durchsetzen. Aber heute beherrschen seine Richtlinien schlechthin jeden Zweig der Technik. Leichtbau ist keine technische .Modeerscheinung mehr, sondern geradezu das Endziel technisch-wirtschaftlichen Denkens geworden. Die Antike konnte bei Mensch und Materie aus dem Vollen schöpfen. Das ist heute undenkbar. Besonders die beiden letzten Weltkriege haben die Industrialisierung gewaltig vorangetrieben und einem neuen Stil, neuen Ideen in der Technik Eingang erzwungen, die der Gegenwart das Zeichen äußerster Materialausnützung und rationellster Herstellungsverfahren aufprägen. Kennzeichen jeder gesunden technischen Entwicklung ist immer und überall der günstigste „Wirkungsgrad", das beste Verhältnis von erzielter Leistung zum Aufwand. Zum Erreichen dieses Zieles tragt das Ideengut des Lcichtbaues aber maßgebend bei. L e i c h t b a u im engeren Sinn ist erforderlich, wenn cs gilt, das Gewicht einer Konstruktion um jeden Preis so gering als möglich zu machen. Die Kosten kommen hier also erst in zweiter Linie in Betracht. Kennzeichnend für diese Richtung ist der Einsatz hochfester Leichtmetalle und Kunststoffe, Hauptanwendungsgebiet ist der Flugzeugbau. Seine geradezu stürmische Entwicklung in den letzten zwanzig Jahren hat nach allen Richtungen hin äußerst befruchtend gewirkt. Stahlleichtbau ist dagegen ein Gebiet, bei dem die Verbilligung an erster Stelle steht. Gewichtsersparnis ist nur Mittel zum Zweck. Durch Austausch von Gußeisen gegen Walzstahl in Form dünner Bleche und hohler Profile bei umfassender Anwendung der Lichtbogenschweißung lassen sich Ge- wichtsersparnis.se bis zu 50% und mehr erzielen. Dies führt zu einer beträchtlichen Verbilligung der auf diese Weise hergestellten Maschinen, die nicht nur durch die Materialersparnis als solche, sondern auch durch billigeren Transport, leichtere Unterbauten und Fundamente, vereinfachte Wartung und konstruktive Vorteile wesentlich mitbedingt ist. Ortsfeste Maschinen und Geräte bilden das I lauptanwen- dungsgebiet. Der Einsatz teurer Leichtmetalle würde hier keine wesentlichen, dauernden Vorteile mit sich bringen. Als L e i c h t m e t a 1 1 - S p a r b a u könnte man eine dritte, deutlich ausgeprägte Richtung kennzeichnen. Er wird dort angewandt, wo ein d a u e r n d e r Nutzen des Leichtmetalleinsatzes gewährleistet ist, also etwa bei b e w e g t e n Konstruktionen des Verkehrs- und Förderwesens. Trotz der höheren Gestehungskosten der Einzelmaschine läßt sich hier meist eine ganz entscheidende Senkung der Gesamtkosten erreichen. Und hier trifft auch Henry Fords Schlagwort vom Schleppen toter Lasten den Nagel auf den Kopf. Ein einfaches Beispiel: Ein Laufkran aus Leichtmetall hat nur etwa das halbe Gewicht gegenüber der technisch gleichwertigen Stahlausführung. Zugegeben — er ist teurer. Aber es wäre grundfalsch, den Kran für sich allein beurteilen zu wollen. Kann doch beim Leichtmetallkran der gesamte, oft sehr ausgedehnte Unterbau für die Fahrbahn wesentlich schwächer gehalten werden, ein Schutzanstrich erübrigt sich, der Fahrmotor braucht nur mehr ein Viertel der ursprünglichen Leistung, um nur einige Folgeerscheinungen zu nennen. Von höherer Warte aus gesehen, verringern sich also die Gestehungskosten und Betriebskosten der Gcsamtanlage bedeutend. Wir sehen, daß der modern denkende Ingenieur (aber auch jeder einzelne von uns!) nicht engstirnig und nur auf kurze Sicht planen darf. Wie oft wird an einer Stelle gespart und geknausert, und wenn man das Gesamtergebnis untersucht, zeigt sich ein schwerer Verlust. Da heißt es wieder: Geistigen Ballast abwerfen, höher steigen, ein weiteres Gesichtsfeld gewinnen. Beim Bau von Schienen- und Straßenfahrzeugen, Seilbahnen, Schiffen, Fördereinrichtungen, kurz überall dort, wo große Massen häufig zu beschleunigen oder zu bewegen sind, liegen die Verhältnisse ähnlich wie beim Kran. Jede Verringerung der toten, bewegten Lasten ermöglicht es, die Nutzlast und Geschwindigkeit zu steigern. Selbstverständlich überschneiden sich die Gebiete der Leichtbauweisen entsprechend der enormen Vielfalt technischer Gebilde. Aber ob es sich nun um ein Großflugzeug oder einen Triebwagen, um eine Werkzeugmaschine oiler eine vorgespannte Stahlbetonbrücke, einen Ackerwagen oder einen Schnelldampfer handelt, es gibt kaum ein technisches Gebiet, das von den Erkenntnissen des Leichtbaus nicht maßgebend beeinflußt oder zumindest befruchtet würde. Jedoch ohne Fleiß kein Preis. Gründliches theoretisches Rüstzeug ist unumgänglich notwendig. Nur genaueste Vorausberechnung der zu erwartenden Beanspruchungen befreit den Konstrukteur von der Notwendigkeit des Überdimensionierens und läßt ihn erkennen, welche Form eines Bauteils seinem Zweck am besten gerecht wird und welches Material sieh am besten dafür eignet. Dies erfordert mehr denn je ein souveränes Beherrschen der Technologie, besonders aber der Mechanik mit den nötigen mathematischen Grundlagen. Dem klassischen Maschinenbau fremde Bauelemente, wie „Platten", „Schalen", dünnwandige Profile und dergleichen, mit den eigentümlichen Erscheinungen der Beukmg, des Kippens, des Drillknickens und ähnlicher Stabilitätsprobleme, stellen den Studierenden vor ungewohnte Probleme. Das Gefühl für neue, zweckmäßige Formen entsteht nicht plötzlich, es muß erst geschult werden, sonst verleitet es leicht zu falschen Schlußfolgerungen. Immer wieder muß durch exakte Rechnung nachgeprüft werden, bis wir auch dann gefühlsmäßig die richtige Lösung finden, wenn genaue Rechenmethoden noch nicht zur Verfügung stehen oder ihre Anwendung zu umständlich wäre. Ganz läßt sich dies allerdings nicht erlernen. Es gehört dazu ein großes Maß intuitiven Einfühlungsvermögens und technischen Instinktes, der eben das Merkmal aller begnadeten Erfinder war und ist. Durch die Einbeziehung eines eigenen Fachgegcn Standes „Leichtbau-Grundlagen“ in den Lehrplan der Höheren Abteilung der Bundesgewerbesehule werden die neuzeitlichsten technischen Entwicklungs 42
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