80 Jahre Bundesgewerbeschule Steyr

Kegelschnitte gleichen Winkel geschnitten haben, durch zwei zur Achse parallele Stäbe . . .“ „Bitte, da wird ein Zylindermantel entstehen“, wird schon gerufen und alle erwarten bereits das Abschalten der Saalbeleuchtung. „Wir nehmen nun, wenn ich bei unserer Lichtquelle voll aufblende, milchigweiß den Mantel eines Drehzylinders wahr. — Und nun schalten wir wieder einen Schlitz vor, um eine Lichtebene zu erhalten, deren Neigung wir durch Drehen stetig ändern wollen.“ „Der Schnitt normal zur Achse ist ein Kreis, bitte!" „Wie beim Kegel“, ruft eine andere Stimme. „Und der schiefe Schnitt wird eine Ellipse sein“, eine dritte. . „Ja! Aber nun achten Sie auf die Kurvenkrümmung im höchsten und tiefsten Punkt, wenn ich die Neigung der Lichtebene verändere! Was bemerken Sic?“ „Wenn der Zylinder mit lotrechter Achse von einer steilen Ebene geschnitten wird, ist die Ellipse im höchsten und tiefsten Punkt sehr stark gekrümmt.“ „Und wenn ich die Lichtebenc flacher drehe — genauer gesagt, ihren ersten Neigungswinkel kleiner mache ... so ... , nun?“ „Dann wird die Schnittellipse rundlicher, also weniger stark gekrümmt.“ „Wobei ich feststellen muß, daß jetzt erst das Wort Ellipse beim ebenen Zylinderschnitt gefallen ist.“ „Bitte, das sieht man ja eh.“ „Bei laienhaft-zufriedener Betrachtung! Sie dürfen nicht glauben, daß alles eine Ellipse ist, was so beiläufig nach Ellipse aussieht. Wenn wir nach den runden Strahlenflächen zur Kreisringfläche kommen daß die Schnittlinie im höher gelegenen Teil schmäler und daher stärker gekrümmt und im unteren Teil breiter und daher schwächer gekrümmt sein müßte. Eine solche Annahme kann hier aber gar nicht Zustandekommen, weil Sie die ebene Schnittkurve im Raum schwebend sehen. Und zwar auf dem plastisch wahrnehmbaren Kegelmantel, der nicht völlig in der Dunkelheit verschwindet, weil ich dort oben in der rückwärtigen Ecke des Saales eine schwache Lampe eingeschaltet habe. Sie sehen plastisch, daß die Schnittebene im oberen Teil steil auf die Kegelerzeugenden trifft und im unteren Teil die Mantellinien unter kleinen Winkeln schneidet. Kommen Sie aus Ihren Bänken her und stellen Sie sich hier nahe an den Tisch.“ ..Obacht!“ „Weggehen!“ „Kannst net aufpassen!“ „.Ja — in das Strahlenbündel der Lichtebenc darf sieh natürlich niemand stellen, weil wir alle dadurch nichts mehr sehen können!“ Gelächter über die Schüler, die sich unbedacht in den Strahlengang gestellt hatten. — In der Dunkelheit sich bückend und zur Seite huschend, bleiben sie unerkannt. „Es geht jetzt jeder langsam ein bißchen zur Seite und verändert so seinen Platz, um die Schnittlinie aus verschiedenen Richtungen zu betrachten.“ „Sehr gut zu sehen!“ bestätigen die Schüler. „Lichtwechsel!“ ordne ich an und sage, diese unerwartete Aufforderung begründend: „Ich vertausche nun rasch mit wenigen Handgriffen die zwei weißen Stäbe, die die Rotationsachse im Kreisringfläche und uns diese auch mit diesem Gerät ansehen werden, würden Sie gewisse Schnittkurven auch für Ellipsen halten, und doch handelt es sich um ganz andere Kurven, die man als Kurven vierter Ordnung bezeichnet.“ „Bitte. Herr Professor!“ „Nun?" „Da ist es womöglich auch nicht sicher, ob die Wurstscheiben beim Selcher elliptisch sind.“ „Sehr schnippisch! Aber wissen Sic, die geometrisch genaue Zylinderform der Wurststangen ist keineswegs erwiesen und bei Wurstkränzen haben wir ja Annäherungen an die Kreisringfläche vor uns und daher sicher keine Ellipsen, das steht fest. — Doch wollen wir diese schmackhaft-geometrische Plauderei im Dunkeln nicht fortsetzen . . .“ 35

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