Gewerbe, um desscntwillen sie gegründet worden war, die Anstalt hatte sich eben weit über ihre ursprüngliche Zielsetzung hinaus entwickelt. Dagegen blieb die Abteilung für Graveure und Ziseleure weiter erhalten und wurde in den nächsten Jahren sogar beträchtlich erweitert. Professor Hans Gerst- m a y r, ein Schüler des berühmten Stahlschnittmeisters Michael Blümelhuber, wirkte seit 1920 an ihr. Sein Verdienst ist die Einführung des künstlerischen Stahlschnittes an unserer Schule. Die metallkunstgewerbliche Abteilung genoß bald einen Ruf, der weit über die Grenzen unseres Bundeslandes hinausreichte, ihre Absolventen fanden auch in Wien lohnende Beschäftigung. Die bisherige Abteilung für Feinzeugschmiede und Werkzeugschlosser wurde in eine Fachschule für Maschinen- und Werkzeugbau umgewandelt. Sie erhielt damit im wesentlichen jene Form, die sie heute noch besitzt, und erfreute sich von Jahr zu Jahr immer stärkeren Zustroms. Um auch den auswärtigen Schülern eine Unterkunft zu bieten, wurde im Schulgebäude ein Schülerheim eingerichtet, das sich selbst erhalten mußte. Von da an stieg der Anteil der Auswärtigen an der Gesamtschülerzahl immer mehr. Für Zwecke der Fortbildung der Arbeiterschaft wurden Abendkurse aus verschiedenen Gebieten der Technik eingerichtet. Insgesamt standen seit 1920 der Bundeslehranstalt sechs Lehrsäle für den theoretischen Unterricht, ein Atelier, vier Laboratoriumsräume, zwei Sammlungszimmer, zwölf Säle und entsprechende Neben räume für den Werkstättenunterricht, drei Säle für das Schülerheim und sechs Dienstwohnungen für Lehrer und Schulwarte zur Verfügung. 1923 wurde außerdem in dem Schulgebäude eine gewerbliche Fortbildungsschule für metallbearbeitende Berufe untergebracht. Lehrlinge aus dem ganzen Bezirke, die einen Metallbcruf erlernten, erhielten nun einmal wöchentlich eine Schulbildung, die ihre Meisterlehre ergänzen sollte. Es ist klar, daß die Unterbringung zweier Schulen in einem Gebäude gewisse Schwierigkeiten mit sich bringen mußte, die jedoch in ausdauernder Arbeit überwunden wurden. Ein Wunsch unserer Schule ging jedoch auch damals nicht in Erfüllung, die Errichtung einer höheren Staatsgewerbeschule. Ein Lehrer der Anstalt, Prof, Ing, H a ß 1 i n g e r, hatte bereits am 29. Dezember 1918 in einem Schreiben an den Bürgermeister die Errichtung einer solchen Schule gefordert, die höhere Abteilungen mcchanisch-technischcr, elektrotechnischer und chemisch-technischer Richtung umfassen sollte. Er wies darauf hin, daß in Linz nur bautechnische Abteilungen bestünden und Oberösterrcich eine Schule der oben erwähnten Art dringend benötige. Leider blieb jedoch dieser Initiative vorderhand jeder Erfolg versagt, die Lehranstalt behielt ihr Fachschulniveau weiter. Direktor Ing. Wolf erhielt für seine Verdienste den Regicrungs- ratstitel, starb aber schon, nach nur vierjähriger Amtszeit, 1923. Mit seinem Namen ist die Ausgestaltung der Schule verbunden. Prof. Ing. F r e i- h o f n e r wurde nun Direktor. Unter ihm erreichte die Schülerzahl 150 bis 170, von denen etwa zehn auf die kunstgewerbliche Abteilung, die übrigen je zur Hälfte auf Maschinenbau- und Elektrotechnikklassen entfielen. 1928 feierte man den fünfzigjährigen Bestand, wobei damals die vierjährige Dauer der Fachschule für Eisenindustrie 1874—1878 nicht berücksichtigt wurde. 500 Absolventen aus allen TeiDirektor Ing. Ferdinand Freihofner len Österreichs fanden sich dazu ein, an dem Festakt nahmen auch Sektionschef Dr. Wo h 1 g e m u t h vom Bundesministerium für Unterricht und der Lan- deshauptmannstcllvertreter von Oberösterreich, Dr. S c h w i n n e r, teil. Die Bedeutung der Bundeslehranstalt wurde aus diesem Anlaß allseits gewürdigt23). Bald darauf trat ein wichtiges Ereignis ein, das Schulgebäude ging in den Besitz des Bundes über. Zu Ende der Zwanzigerjahre begann sich die Weltwirtschaftskrise auch auf Steyr immer fühlbarer auszuwirken. Die Produktion der „Steyr-Werke“, wie seit 1925 die Österreichische Waffenfabriksgesellschaft hieß, wurde immer mehr gedrosselt, die Arbeitslosenzahl stieg. Die Stadtgemeinde konnte unter diesen Umständen für die Erhaltung des Schulgebäudes nicht mehr aufkommen. Den zunächst geforderten Verkaufspreis von S 450 000.—M) lehnte jedoch das Bundesministerium für Handel und Verkehr ab25), lediglich eine Summe von S 167 000.— wurde angeboten. Als sich die Wirtschaftslage Steyrs weiter verschlechterte, nach dem Zusammenbruch der Bodenkreditanstalt, zu deren Wirtschaftskomplex die Steyr-Werke gehörten, die Arbeitslosenzahl von 6000 erreicht wurde (in einer Stadt von damals 24 000 Einwohnern!), mußte sich die Gemeinde bereitfinden, die geforderte Summe auf S 300 000.— zu ermäßigen2“). Nach Beschluß des Gemeinderates und Genehmigung durch das Handelsministerium27)2") schloß man am 17. Dezember 1930 den Vertrag ab. Direktor Regierungsrat Ing. Josef Haßlinger 15
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