Zum 75. Todestag von Anton Bruckner

TONI HOFER Kulturelle Aufgaben des Brucknerbundes Seit der Gründung des Brucknerbundes, die zu einer Zeit erfolgte, als Anton Bruck- ner noch nicht den gebührenden Platz an der Sonne erreicht hatte, machten es sich diese 1925 gegründete Vereinigung und folgend die der Internationalen Bruckner- Gesellschaft (IBG) in Wien angeschlossenen großen Bruckner-Gesellschaften und -Bünde des Kontinents zur Aufgabe, daß das Werk Anton Bruckners in würdigen Aufführungen erklingt. Es gab große, bedeutende Konzerte mit bedeutsamen Diri- genten und Orchestern. Zumeist lagen die Zuhörer im Banne einer Klangwelt, die sich Bruckner - abseits des Musikwollens seiner Zeit - erarbeitet hatte. Es war für den Komponisten ein schwerer Weg zur Größe, dabei ein Umweg, auf den ihn verwundende Pfeile trafen. Aber die Demut vor dem Großen und über- irdischen, in den Messen und Gebetsniederschriften bekundet, seine Ehrfurcht vor dem Höheren und die Angst vor den vernichtenden Kräften mit ihrem Drang zur Erniedrigung waren der Motor voll großer Kraft geworden; sein Lebenskampf war nicht Kampf im üblichen Sinne. Er kämpfte nicht, aber er siegte dennoch auf seine Weise durch Wuchs und innere Größe. Das dürftige Leben seiner Jugendzeit bot nicht Möglichkeiten, wie sie der heutigen Jugend bereitet werden. Massenmedien gab es nicht. Der Arbeitstag war lang. Charles Dickens beschrieb in seiner Erzählung „Der Weihnachtsabend" eindringlich alles, was es schon lange nicht mehr gibt. Jetzt fragt kaum einer, wie es einst war, weil es „eben so war". Es war eine Zeit, heute kaum mehr zu verstehen. - Davon will „man" schon gar nichts mehr hören. Die Weiten der Welt, der Griff nach Mond und Planeten, moderne Physik und Che- mie, geänderte Lebensformen, Verschmutzung von Umwelt und Geist, Einsickern fremder Auffassungen, Verneinung und Diffamierung der Persönlichkeit, der Demut, Bejahung des Trieblebens, Genußsucht, ein erkennbarer Hang zur Aggression und Brutalität als scheinbarer Beweis menschlicher Stärke - all dies soll verkraftet wer- den. In mißverstandener Demokratie, in der Meinung, daß man alles tun dürfe oder müsse, um etwas zu gelten, entgleiten dem Menschen vielfach die Zügel, die er fest in seinen Händen halten müßte. Suchtgifte und überstarke Geräuschwellen schaffen ein Klangempfinden, vor dem unsere Heimat besser verschlossen geblieben wäre. Ist es nur Konservativismus, der viele davon abhält, den neuen Lebensweisen an- zuhängen? Kaum. In vielen Menschen bleibt das Goethesche „Was du ererbt von deinen Vätern hast" Generationen lang wirksam und stark genug, Ererbtes fortzu- leben. Läßt sich die Symmetrie des Körpers, läßt sich der Baum, die Blüte, als Ge- wordenes umändern? Keine Kraft mag den Rhythmus des Wachstums zu zerstören oder zu neuen Formen abzuändern. Und oft ist das Kleine und Wunderbare der Natur so erregend wie eine große menschliche Errungenschaft oder Leistung des 65

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