Zum 75. Todestag von Anton Bruckner

bracht, Lederschildchen, in die die Namen der einzelnen Register mit Gold einge- druckt sind. Über sie wurden später einmal häßliche Porzellanplättchen geschraubt, die zur Zeit wieder entfernt sind 26 . Vergleicht man die heutige Disposition mit den Plänen Breinbauers, die nun wieder aufgefunden wurden, so decken sich die Dispositionen der einzelnen Werke bis auf die des Echowerkes. (Die Disposition zum 3. Manual, Positiv, wird nie angegeben.) Für das Echowerk hatte Breinbauer folgende Stimmen vorgesehen: Flöte 16 ' Principal 8 ' Coppel 8' Echo 8' (,,wird das Pfeifenwerk des früheren Positivregisters verwendet"") Vox humana 8 i Octav 4' Superoctav 2 i Mixtur 3' 4fach Trompete 8' (,,wird repariert und verwendet"tT) Dies ist ein sicherer Beweis dafür, daß später noch einmal - wahrscheinlich zu Be- ginn des 20. Jahrhunderts - ein Orgelbauer am Werk war. Es fehlt heute in diesem Teilwerk jede Klangkrone, außerdem wurden die Zungenstimmen, die Breinbauer laut Angabe von Chrisman übernommen hatte, durch schlechte Fabriksware er- setzt28. ,, ... Doch der Klang der Principale und Mixturen ist edel und scheint noch ziemlich original zu sein. Von erquickender Frische ist das Positivcharakter aufweisende 3. Manual 29 ." Sicher war auch die ursprüngliche Disposition von Chrisman schon romantisch be- einflußt, doch der Orgelbauer verstand es, den traditionellen Barockklang mit den neuen Stimmen der aufkommenden Orgelromantik kunstgerecht zu vereinen. Das zeigt sich vielleicht am deutlichsten in der Disposition der alten St. Florianer Stifts- orgel, die nicht nur Principale und Flöten, sondern auch schon mehrere Zungen und Streicher beinhaltete 30 . Aber auch die Orgel in der lgnatiuskirche in Linz gibt Zeug- nis, daß Chrisman ein tüchtiger Orgelbauer war. Die bereits geschilderte „kurze Oktave" bereitet nicht nur dem Unkundigen Schwierigkeiten im Spiel, auch was Literatur betrifft, muß man sich speziell auf diese Orgel einstellen. Denn nicht jede Art von Orgelmusik ist auf ihr spielbar. Sie eignet sich besonders gut zur Darstellung der Musik süddeutscher oder italienischer Barock- meister wie Georg Muffat oder Girolamo Frescobaldi. Dazu kommt noch eventuell alte spanische oder englische Orgelmusik. Bachsehe Orgelwerke, A und O der Orgel- literatur, sind auf dieser Orgel unmöglich spielbar; dafür wäre ein Pedal mit dreißig Tönen Umfang und ein größerer Umfang in den Manualen erforderlich. Dies gilt auch für jede romantische oder zeitgenössische Komposition. Bleibt also nur noch die Kunst der Improvisation: als Improvisator errang Anton Bruckner seine ersten Erfolge, als einer der größten Meister in dieser Kunst ging er in die Musikgeschichte ein. Anton Bruckner und die Linzer Domorgel Anton Bruckner war Domorganist in Linz von 1856-1868. Nach seinem glänzenden Probespiel am 13. November 1855 wurde er mit 26. Jänner 1856 zum definitiven Domorganisten bestellt 31 • Eine Musikzeitschrift aus dem Jahr 1924 läßt Bruckner den Hergang seiner Prüfung folgendermaßen schildern 32 : 45

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