Zum 75. Todestag von Anton Bruckner

eigentliche zentrale Entdeckung gelingt; er vergleicht nämlich die Aphel- und Perihelbögen der Planeten, also die von der Sonne aus gemessenen täglichen Winkel, welche durch das Fortschreiten der Planeten in 24 Stunden an den Extrempunkten ihrer Bahnen gebildet werden, und da ergibt sich ihm ein ganzes System von lnter- vallproportionen, das er in der folgenden Tabelle darstellt 1 7: SATURN Aphel a a:b 4:5 (große Terz) Perihel b a:d 1: 3 (Duodezime) C : d 5 : 6 (kleine Terz) JUPITER Aphel c b:c 1:2 (Oktave) Perihel d C : f 1:8 (drei Oktaven) e : f 2:3 (Quinte) MARS Aphel e d:e 5: 2 4 (kl. Terz und zwei Oktaven) Perihel f e:h 5: 12 (kl. Terz und Oktave) ERDE Aphel g g:h = 15: 16 (diaton. Halbton) Perihel h f: g = 2:3 (Quinte) g:k = 3: 5 (große Sexte) VENUS Aphel i i : k = 24: 25 (chromat. Halbton) Perihel k h: i 5: 8 (kleine Sexte) i :m = 1: 4 (zwei Oktaven) MERKUR Aphel 1 1 :m = 5 : 12 (kl. Terz und Oktave) Perihel m k : 1 = 3 : 5 (große Sexte) Diese Intervalle sind - mit Ausnahme der beiden Halbtöne - ausschließlich Konso- nanzen, überwiegend Dreiklangstöne, und bilden also ein auch musikalisch recht sinnvolles Ergebnis. Natürlich können wir diese Töne nicht direkt hören, was auch nie behauptet worden ist, doch braucht man die Proportionen nur auf einem Mono- chord oder einem anderen geeigneten Instrument einzustellen, um sie erklingen lassen zu können. Man muß diese gleichsam ideellen Intervalle also in den Hörbe- reich transponieren, was auf denkbar einfache Weise möglich ist. Es zeigt sich gerade dadurch, daß hier völlige Analogie, ja Identität, zwischen dem astronomischen Be- reich und dem akustischen existiert. Kepler untersucht anschließend mit der gleichen Methode die Bahn des Mondes um die Erde und stellt dabei die Quarte als charakteristisches Intervall fest, und dann be- nutzt er obige Tabelle als Ausgangsbasis für weitere Untersuchungen, die recht eigentlich musikalische sind; denn er versucht, aus dem vorgefundenen planetari- schen Tonmaterial Tonleitern zu bilden, vor allem Dur und Moll, auch Kontra- punkte, mehrstimmige Sätze, Einzelmelodien der verschiedenen Planeten, und schließlich formuliert er sogar eine Hypothese, wie nämlich die Gesamtharmonie aller Planeten am ersten Schöpfungstag geklungen haben könnte. Mehr als diese Einzelheiten interessiert uns jedoch die Frage, wie es sich denn mit der Richtigkeit dieser Planetenharmonien verhält. Dieser Frage ist vor allem Francis Warrain 18 nachgegangen, der Keplers Forschungen gründlich untersuchte und bezüg- lich der angegebenen Tabelle feststellte, daß nur drei der von Kepler angegebenen Werte einer Korrektur bedürfen, so daß sich andere Proportionen ergeben, nämlich c : f = 12 : 25, 1 : m = 9: 20 und k : 1 = 16 : 27. Darüber hinaus aber hat Warrain die nach Kepler entdeckten Planeten Uranus, Neptun und Pluto ebenfalls mit den Keplerschen Methoden untersucht und dabei eine Fülle weiterer Intervallproportio- nen festgestellt, sodaß sich eine Erweiterung der von uns dargestellten Tabelle auf 39 Proportionen ermöglichen läßt19. Es ist damit erwiesen, daß Keplers Berechnungen 36

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