Zum 75. Todestag von Anton Bruckner
celsus, Robert Fludd, Athanasius Kircher, Marin Mersenne, lehrten jedenfalls alle diese Harmonie der Welt, und sie wußten auch, daß die den Kosmos beherrschenden Harmoniegesetze musikalische sein sollten, nämlich die Intervallproportionen. Auch Kepler gehört zu der Gruppe dieser Denker, doch hat die Nachwelt allzu fahrlässig seine diesbezüglichen Bemühungen mit den Ausführungen der Genannten zusammen- geworfen und zugleich verunglimpft; denn was Kepler allein ihnen allen voraus hatte, das war die einwandfreie wissenschaftliche Behandlung des genannten Pro- blems, während es sich bei allen anderen nur um unbewiesene und oft recht obscure Darstellungen handelte. Kepler, dessen naturwissenschaftliche Leistungen allein tra- diert wurden, nahm sich auch des Gedankens der Weltharmonie wissenschaftlich an, freilich mit Methoden, die nicht die üblichen naturwissenschaftlichen sind - und wir wissen heute, daß auch dieses Gebiet seines Forschens richtige und bis heute gültige Ergebnisse gezeitigt hat. Schon die erste größere wissenschaftlichen Abhandlung, die der junge Kepler mit 23 Jahren in Graz erscheinen ließ, das „Mysterium cosmographicum"7, das ihn schlagartig der Fachwelt bekannt machte, war dem Gedanken der Weltharmonie ge- widmet. Er dachte sich diese Weltharmonie damals noch rein geometrisch und glaub- te, sie bestehe darin, daß zwischen die kugelförmig gedachten Planetensphären (die elliptische Gestalt der Planetenbahnen entdeckte er ja erst später) die sogenannten platonischen Körper, die einzigen regelmäßigen räumlichen geometrischen Gebilde (Tetraeder, Würfel, Oktaeder, Dodekaeder und Ikossaeder) konstruiert seien, so daß das Planetensystem gleichsam eine gewaltige Konzeption ineinanderverschachtelter geometrischer Gebilde sein sollte. So stellte er sich den Plan des Schöpfers vor; denn dieser göttliche Plan interessierte ihn vor allen Dingen, also die hinter den eigent- lichen naturwissenschaftlichen Tatsachen liegenden Ursachen, und diese Betrach- tungsweise behielt er zeitlebens bei. Interessanterweise mußte nach 25 Jahren, 1621, eine Neuauflage dieses „Mysterium cosmographicum" gedruckt werden, und im Vorwort zu dieser 2. Auflage stehen die folgenden, sich auf die erste Auflage beziehenden Worte 8 : ,,Fast alle astrono- mischen Bücher, die ich seit jener Zeit herausgab, konnten sich auf eines der Haupt- kapitel in diesem kleinen Buch beziehen, als dessen Erweiterung oder Vervollkomm- nung sie sich daher darstellen". Das heißt aber nichts anderes, als das die für uns so bedeutsamen astronomischen Entdeckungen Keplers, also auch seine beiden ersten Pla- netengesetze9, schließlich Folgen seiner Beschäftigung mit dem Gedanken der Welt- harmonie sind! Freilich machte er diese astronomischen Entdeckungen im Zusam- menhang mit den ihm von Tycho Brahe in Prag übertragenen Aufgaben, doch müssen wir die landläufige Meinung über die Gründe dieser Zusammenarbeit einer Korrek- tur unterziehen. Kepler selbst sagt uns das an jener Stelle, wo er später den end- gültigen Beweis der Weltharmonie wirklich fand, nämlich im 5. Buch seiner „Welt- harmonik", in dessen Vorrede die Worte stehen 10 : 11 Was mich veranlaßt hat, den besten Teil meines Lebens astronomischen Studien zu widmen, Tycho Brahe aufzu- suchen und Prag als Wohnsitz zu wählen, das habe ich mit Gottes Hilfe endlich ans Licht gebracht". Wiederum leitete ihn also sein Streben nach dem Beweis der Welt- harmonie, und weil er glaubte, daß Tycho Brahe ihm dafür das beste Zahlenmaterial geben konnte, deshalb primär ging er zu ihm! übrigens hat auch Keplers 3. Plane- tengesetz einen direkten Zusammenhang mtt dem Beweis der Weltharmonie; es be- findet sich nämlich auch in der schon mehrfach genannten „Weltharmonik" und bil- 34
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