Zum 75. Todestag von Anton Bruckner
RUDOLF HAASE Keplers Planetenharmonien eziehungen zwischen Anton Bruckner und Johannes Kepler könnten nicht nur durch den äußeren Um- stand hergestellt werden, daß man im gleichen Jahr den 400. Geburtstag des Astronomen und den 75 . Todestag des Komponisten feiert; denn beider Leben war eng mit der S_tadt Linz verbunden, der Bruckner Entscheidendes auf manchen Etappen seines Weges verdankte und in der Kepler den längsten Auf- enthalt seines Lebens (1612-1626) verbrachte 1 . In Linz schrieb Kepler sein eigentliches Hauptwerk, die ,,Harmonices mundi libri V" 2 , doch scheint nichts da- von bekannt zu sein, ob Bruckner jemals etwas von der musikalischen, oder besser harmonikalen Bedeutung Keplers erfuhr. Freilich hat- te man im 19. Jahrhundert diese Keplersche „Weltharmonik" nahezu vergessen oder nahm sie jedenfalls nicht ernstJ, so daß kaum zu erwarten ist, daß man Bruckner über den wahren Inhalt informiert hätte. Interessiert hätten aber gerade Bruckner die großartigen Gedanken Keplers, da er wie kein anderer eine „himmelwärts ge- richtete Weltanschauung"4 hatte, wie V. 0 . Ludwig formulierte, und von seinem „himmelsuchenden Blick", spricht auch der Dichter Robert Hohlbaum, der darüber hinaus in einem erdachten Gespräch zwischen Brahms und Bruckner Brahms die folgenden Worte über den Beginn von Bruckners 7. Symphonie in den Mund legt: ,,Wenn Sie schaffen, schauen Sie immer aufwärts. Die Posaunen, die steigen ge- radewegs in den Himmel hinauf" 6 • Wir fühlen uns nicht berufen, weder den biographischen noch den angedeuteten weltanschaulichen Zusammenhängen zwischen Kepler und Bruckner weiter nachzu- spüren, doch soll es uns ein Anliegen sein, das Gedenken an die beiden Großen im gleichen Jahr dadurch zu unterstützen, daß wir einige noch heute weithin unbe- kannte Einzelheiten über Johannes Keplers „Weltharmonik" anführen, aus denen ganz von selbst klar werden dürfte, warum gerade Bruckner diesem grandiosen Weltbild lebhaft zugestimmt haben wiirde. Uns ist Johannes Kepler als berühmter Astronom und Mathematiker wohlvertraut, doch nur wenige wissen, daß er selbst diese naturwissenschaftlichen Leistungen nicht als seine Hauptaufgabe betrachtete. Er strebte nämlich zeitlebens nach dem Beweis der legendär überlieferten pythagoreischen Lehre von der Weltharmonie, die gerade damals durch die philologischen Forschungen der Humanisten wieder sozusagen in aller Munde gekommen war. Die großen Universalgelehrten jener Zeit, wie Para- 33
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