Zum 75. Todestag von Anton Bruckner

OTTO WUTZEL St. Florian - Anton Bruckner ie Geschichte des Augustiner-Chorherrenstiftes St. Florian umfaßt rund 1600 Jahre. Es ist die cellula Sancti Floriani, das Sankt Florianshus der Urkunden des Frühmittelalters, das sich bis in unsere Gegen- wart als ragendes Denkmal österreichischer Geschich- te erhalten hat. Der Bogen der Überlieferung spannt sich von der Austria Romana bis zum Tedeum Anton Bruckners. Die Frühgeschichte St. Florians wird vo:m geistigen Erbe des römischen Märtyrers Florianus und des großen Kirchenlehrers Augustinus ;~eprägt. In dem 9oojährigen Zeitabschnitt seit der ,'V,Vieder- begründung·ties Klosters 1071 wurde Stein auf Stein gefüg t, und es ent~tanden großartige Kunstwerke. Der genius loci beflügelte eine Reihe von Bauherrn und Architekten zu einem einzigartigen barocken Gesamtkunstwerk, inspirierte im 19 . Jahrhundert zu außergewöhnlichen geisteswissenschaftlichen Leistungen - zur Begründung der Historikerschule St. Florian - und führte Anton Bruckner zur Heilkraft seiner Musik. Sein mu sikalisches Werk steht ebenbürtig neben dem Sebastians-Altar Albrecht Altdorfers, der zu den unvergänglichen Kunstschätzen der deutschen Spätgotik gezählt wird. Die Kirchenmusik wurde im Kloster immer mit begeisterter Anteilnahme gepflegt. Die monumentale Krismann-Orgel in der Stiftskirche besaß ihre Ausstrahlung. Von Franz Kurz, dem nüchternen His toriker, ist überliefert, daß er in der Musik Erho- lung suchte und selbst komponierte. Der „Glanz des Ewigen" wird jedoch spürbar, als sich Anton Bruckner de:m Hause verbindet. 1824 in Ansfelden, also im Bannkreis des Stiftes, geboren, wird er als Halbwaise 1837 unter die Florianer Sängerknaben aufgenommen. Er erlernt den Beruf sei nes Vaters und wird 1845 Hilfslehrer sowie Stiftsorganist in St. Florian. Später führte ihn das Leben zu anderen Berufungen und an andere Orte, nach St. Florian ist der Domorganist, Konservatoriumsprofessor und Ehrendoktor jedoch stets gerne heimgekehrt . Die Kirchenorgel war sein geistiges Haus und die größte Stunde der Heimkehr vollzog sich für ihn am 15 . Oktober 1896, als er in der Gruft der Stiftskirche, unter seiner Orgel, beigesetzt wurde. Die Krismann-Orgel wird seitdem Bruckner-Orgel genannt. Zum religiösen und wissen- schaftlichen ist nunmehr auch ein musikalischer Auftrag für St. Florian gekommen. Diese weitgespannte Dreiheit bes timmt di e Gegenwart, seitdem die Chorherren nach politischer Vertreibung am 24. Juni 1945 wieder ihren Einzug in den Ort der „cellula Sancti Floriani" h alten konnten. Dieses Vermächtnis trägt Geist und Leben des heutigen Klos ters. 31

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