Zum 75. Todestag von Anton Bruckner

so „Fidelio" (Erstaufführung in Linz am 2. Oktober 1840), ,,Norma" , ,,Oberon", ,,Ernani" und „Nabucco". (Die Theaterzettel befinden sich im Familienbesitz.) Hiezu engagierte er berühmte Sänger der Hofoper Wien. Vom Linzer Theater holte er sich auch seine erste Frau, die Opernsängerin Johanna Christoff (Theatername Jeanette Blumenfeld), die allerdings schon bald darauf im Alter von 29 Jahren starb. Volle 32 Jahre wirkte Karl Zappe sen. als Dom- und Stadtpfarrkapellmeister in Linz. Diese Tätigkeit brachte ihn in engen Kontakt mit Anton Bruckner, seinem Organisten. Im Winter 1840/41 besuchte der 16jährige Bruckner, Schüler des Prä- parandenkurses, die unter der Leitung von Karl Zappe stehenden Konzerte des Musikvereines und hörte zum erstenmal eine Symphonie. Es war die 4. Beethovens. Bruckner war von der Wiedergabe so beeindruckt, daß er nicht mehr Lehrer, son- dern Kapellmeister werden wollte, um selbst einmal „die Symphonien der großen Meister empfangsbereiten Hörern vorführen zu können". Seine Mutter in Ebelsberg war darüber ganz bestürzt und erklärte, dies sei kein Brotverdienst und kein Beruf. Bruckner erklärte hierauf: ,,Der Kapellmeister Zappe in Linz lebt davon und is' so- gar verheirat', hab' i g'hört." Am 12. November 1855 wurde Bruckner nach einem Probespiel in der Stadtpfarr- kirche vor der Prüfungskommission, der auch Domkapellmeister Zappe angehörte, mit der Stelle eines Dom- und Stadtpfarrorganisten betraut. Seine Dienstwohnung erhielt er im 2. Stock des Mesner- oder Musikantens töckels am Pfarrplatz. Im 1. Stock wohnte Karl Zappe, der nun sein Vorgesetzter war. Die beiden Musiker verband bald innige Freundschaft. Durch 13 Jahre hindurch haben sie jeden Sonn- und Feiertag an beiden Kirchen, dem heutigen Alten Dom und in der Stadtpfarr- kirche, die Kirchenmusik gestaltet. Gar oft war Bruckner zum Mittagessen beim Domkapellmeister, regelmäßig am 1. Adventsonntag zum „Bratwürstelessen", ein- geladen. Bruckner spielte hernach „Landler" , in den späteren Jahren Stücke aus Opern von Richard Wagner. Auch am Stammtisch der Musiker i'm Gasthaus „Zum schwarzen Bock" in der Altstadt fanden sich beide nach längeren gemeinsamen Spaziergängen ein. Sehr erfreut zeigte sich Bruckner, daß Zappe für den Dreikönigs- tag 1868 seine d-Moll-Messe wieder im Dom zur Aufführung brachte. Bruckner konnte sie selbst dirigieren. Die Freundschaft zwischen beiden Kirchenmusikern blieb auch nach Bruckners Übersiedlung nach Wien erhalten, und Bruckner übertrug sie nach dem Tod von Karl Zappe sen. auch auf seinen Sohn, Karl Zappe jun., der bis zu seinem Tode im Jahre 1890 ebenfalls die Stelle eines Dom- und Stadtpfarr- kapellmeisters bekleidete. Kurz nach dem Tode meines Großvaters kam Bruckner im Jahre 1890 von Wien nach Linz und besuchte in Begleitung von August Göllerich die Witwe, um ihr das Beileid persönlich auszudrücken, nachdem er zum Ableben ein Telegramm geschickt hatte. Mein damals 12jähriger Vater erinnerte sich sehr gut an die mahnenden Worte Bruckners, die dieser zu den sechs unversorgten Kindern sprach. Unter den Erinnerungsstücken hüte ich eine Photographie Bruckners aus der Linzer Zeit, die er meinem Urgroßvater vermutlich bei seinem Abgang aus Linz schenkte, als besonders kostbaren Schatz. So spannt sich ein großer Bogen aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts bis in die Gegenwart, in der es mir gegönnt ist, im Brucknerbund als Nachfahre der Freunde des Meisters für seine Anerkennung und für die Aufführung seiner großen Werke einen bescheidenen Beitrag leisten zu können. 30

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