Zum 75. Todestag von Anton Bruckner

Daneben besuchte der Künstler noch Vorlesungen über die Geschichte der Kunst- technik bei Dozent Bucher, hörte gewerbliche Chemie und Technologie der Metalle sowie der Keramik bei Professor linke, Stillehre bei Baurat A lois Hauser, Kun s t- geschichte bei Dr. Eduard Leisching, Anatomie bei Dr. A. Frisch und schließlich Har- monielehre-Vorlesungen b ei Anton Bruckner an der Universität. D arüber vermerkt die Biographie: ,,In keiner Kunst wirkt die göt tliche Kraft des Gesetzes so sta rlc auf mein Gemüt wie in der Musilc, obgleich. ich. als Laie nicht sagen kann, wodurch diese Wirlcung erzielt wird, und ob das Geh.örte den Gesetzen dieser Kunst entspricht . Es war mir rätselhaft, wieso in einer Kunst, die mir viel weniger vertraut war als die bildende, die Einwirlcung auf mich. bedeutender war. In meiner Naivitä t glaubte ich, durch die Vorlesungen über die Harmonie lehre von Anton Bruclcner an der Universität, die ich. 1895* besuchte, darüber belehrt zu werden." - Doch die Lösung des musikalischen Rätsels hat sich auch durch diesen Unterricht bei Alfred Coßmann nicht ein gestellt . Wesentlich für uns Heutige is t es aber, wie er den lebendigen und toten Kompo- nisten mit seinen graphischen Mitteln festge halten h a t . 1. Es lieg t eine ausdrucksvo lle Kopfzeichnung vor, die nach der Brucknerbüste von Viktor Tilgner im A telier des Bildhauers entstanden ist. Das charakteristische Profil wurde für ein Bruckner-Gedenkblatt in Kupferstichtechnik unter teilweiser Verwen- dung der Schneidnadel sowie für das Exlibris Karl Andorfers verwendet. 2. Bemerkenswert sind die fünf gerade briefmarkengroßen Bleistiftstudien nach der Totenmaske Anton Bruckners. Mit unheimlicher Schärfe werden in verschi edenen Blickwinkeln di e Züge des großen Komponisten festgehalten, die über die formale Gena uigkeit hinaus einen Eindruck von der ge ist igen Erscheinung vermitteln . Über diese greifbaren und augensch einlichen Tatsachen hinaus ha t die universelle Beschäftigung mit den Künsten , ihrer wissenschaf tli chen Begründung und den ingenieurmäßigen Grundlagen für den reproduzierenden Künstler Alfred Coßmann und in genau so gül t igem Sinne für jeden Nachschöpfer die grundlegende Bedeutung: Nur in der Zusammenschau aller Nachb argebiete kann das Genie ungestört wachsen, die Kraft schöpfen , die Erkenntnisse wei tergeben und seinen künstlerischen wie menschlichen Einfluß geltend machen. Freilich in n aturwissensch af tlich an a tomisch exakter Betrachtung von Ursache und Wirkung läßt sich keiner einzelnen Kunst- disziplin der entscheidende Anteil an ei ner überragenden Entwicklung zumessen. Sie alle zusammen - b eispi elsweise die Erkenntnisse aus An atomie und Musiktheorie - machen die Größe eines Menschen genau in dem Sinne aus, daß das Ganze vor dem Teil vorh anden ist. Die so genährte Lebenskraft ha t Alfred Coßmann befähigt, als Erneuerer des Kupfer- stiches in die Kuns tgeschichte einzugehen, eine Schule zu begründen und das Erarbeitete an Hans Ranzoni d. J., Hubert Woyty-Wimmer, Ing. Friedrich Teubel, Karl Schwärzler, Ferdinand Lorbeer, Herbert Toni Sch imek und Ernst Taussig weiterzugeben. Auf diese Weise wird wieder das Nahverhältni s der Kün ste offen sichtlich. * Hier muß ein 1rrtum in der Jahreszah l vorliegen, denn die le tzte Vorlesung hi e lt Anton Bruckner am 12. Novembe r 1894. 26

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