Zum 75. Todestag von Anton Bruckner
JOSEF LASSL Um ein Fest von innen bittend Gedanken zum Todestag Anton Bruckners edenktage reizen immer zu Feiern und Zelebritäten aller Art, die dann in Äußerlichkeiten und leeres Gepränge verrinnen, statt daß sie zu prüfender Be- trachtung anregen. Sollte es bei Anton Bruckner, des- sen Todestag sich am 11. Oktober 1971 zum 75. Male jährt, anders sein? Es wäre möglich. Denn es gibt genug Gründe, die die ehrende Erinnerung an den Meister von St. Florian wegführen von lärmender Öffentlichkeit, um ein Fest von innen zu erbitten. Es trennt vor allem die dankenden Erben nicht mehr der Streit um seine Musik. Seit 1896 hat sich vieles zum Besseren des oberösterreichischen Weltkompo- nisten gewandelt. Anton Bruckner hat zwar seinen Erfolg damals noch erlebt und durch Auszeichnungen bestätigt erhalten, wie das Ehrendoktorat der Philosophischen Fakultät der Universität Wien oder die Förderung durch das Kaiserhaus oder eine treue Anhängerschaft etlicher Freunde beweisen, aber den Ruhm, der Bleiben und Fortleben unter Ebenbürtigen bedeutet, verlieh die Nachwelt zögernd und langsam. Allerdings bedurfte das Werk nicht wie bei Adalbert Stifter einer mühsamen Wie- dererweckung, es genügten forscherliche Beschäftigung und breite Pflege. Auch hat sich der Stand in der Musikgeschichte nicht verringert, sondern Anton Bruckner behauptet sich seit seinem Tode neben den Größten seiner Zeit und aller Zeiten. Die Geschichtlichkeit von einst verformte sich in Ewigkeit für immer. Anton Bruckners unabdingbarer Glaube, daß er nicht zuschanden werde, hat sich bewahrheitet und verwirklicht. Die Unantastbarkeit seines Porträts heißt jedoch nicht, daß sich das Bildnis von selbst gereinigt hätte. Das überlieferte Urteil, ein Sammelsurium von Gegensätzen und Irrtümern, mußte sich erst auspendeln. Die übertreibungen der Parteien im Für und Wider, wie sie anfangs in Verdikt und Enthusiasmus, nachher noch als trübe Reste bei den Fehden um die Urfassungen zu finden waren, fielen vor der immer strahlenderen Schönheit der begehrten Inter- pretationen ab. Biographien, Gelehrtenfleiß, Programmzyklen, Briefsammlungen, Dokumente, Diskussionen, werbende Vereine und Bünde, Dirigenten, Musikför- derer und Kritiker hoben die Gestalt aus dem Wust der unzähligen Anekdoten und umwucherten überlieferung, in der Legende und Original nur schwer auseinander- zuhalten waren. Das Geistige des Schaffens, ein unbeschreib- und undarstellbarer Vorgang, wurde durch das oft Lächerliche und Alltägliche des Persönlichen fraglich. Es gilt auch heute noch mit mancher fortgepflanzten Erdichtung aufzuräumen. Zu einem unromantisierten Anton Bruckner zu kommen, müßte ein Gedenkfest zu 15
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