Zum 75. Todestag von Anton Bruckner

14 Bruckners große Kunst ist ein notwendiges Element für den heutigen Menschen geworden. Sie ist gegenwärtig, weil sie dem überzeitlichen zuge- wandt ist. Während seine Zeitgenossen Wagner und Brahms ihre Epoche geformt haben, vorwärtsdrängend die Baumeister ihres Zeitalters wurden, stand Bruckner abseits . Er arbeitete nicht für das Heute; er dachte in seiner Kunst nur an die Ewigkeit und schuf für die Ewigkeit. So wurde er der Mißverstandendste der großen Musiker. Bei ihm war alles anders als bei anderen Großen: dies geht bis in die äußeren Lebensdaten, bis in den Entwicklungsgang hinein. Er beginnt in reifen Jahren, als andere schon ein ganzes Lebenswerk hinter sich hatten. Schubert und Mozart hatten schon vollendet, als Bruclcner noch Kontra- punktaufgaben schrieb. Daß ein Künstler erst in höherem Alter der eige- nen schöpferischen Kraft innewird, finden wir nur bei Bruckner - wie tief bezeichnend erscheint uns dies erst im Alter Zu-sich-selber-Gelangen! WILHELM FURTWÄNGLER

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