Zum 75. Todestag von Anton Bruckner

LEOPOLD NOWAK Von der Größe Anton Bruckners enn in den Mai- und Junitagen die 900-Jahr-Feier der Augustiner Chorherren von St. Florian festlich be- gangen wurde und so manches aus der ruhmreichen Vergangenheit dieser Kulturstätte Oberösterreichs in der Erinnerung aufschien, ist es ein Gebot der Stunde, auch jenes Künstlers zu gedenken, der hier seine geistige Heimat fand, der in sie am Ende seines Lebens zurückkehrte: wir meinen Anton Bruckner. Nennt man diesen Namen, dann werden Vorstellun- gen geweckt, die aus den Bereichen von Monumen- talität, Kraft, Glauben, Menschlichkeit und Größe stammen. Seine Symphonien, seine Motetten und Messen, sein Streichquintett, überall begegnet man jenem Zug ins Große, vernimmt man Musik, der Kleinliches fremd ist, obwohl der Meister auch mit kleinsten Motiven das Auslangen fand und gerade aus ihnen oft die eindrucksvollsten Strecken seiner Werke schuf. So wie sich im Stift St. Florian aus Kleinem Großes formt, aus Säulen, Wölbungen und Bogen Räume entstanden sind, deren Architektur noch jeden Beschauer zur Bewunderung hinriß ob der Weite ihres Daseins, so entstanden in Bruckners Wer- ken ebensolche gewaltige Bauten des Geistes, der Musik, die ihn als den größten Symphoniker des vorigen Jahrhunderts nach Beethoven erkennen lassen. Es klingt also selbstverständlich, wenn man aus der Kenntnis der Werke bei Anton Bruckner von „Größe" spricht. So einleuchtend dies nun aus der Musik des Meisters entgegentönt, so wenig scheint das zuzutreffen, wenn man Bruckner in seinem täg- lichen Leben, in seinen menschlichen, ja vielleicht „allzumenschlichen" Bereichen beobachtet. Es scheint so zu sein - und dem oberflächlichen Betrachter mag es vielleicht eine Art „Genugtuung" bedeuten, wenn er das Genie auf den Sessel gewöhnlicher menschlicher Art herunterziehen kann. So einfach liegen die Verhältnisse aber nicht, denn gerade bei Menschen von so hoher Geistigkeit und schöpferischer Kraft, wie Bruckner einer gewesen ist, dient alles dazu, ihn zu „erhöhen", auch wenn er noch so „gewöhnlich" dasteht. Bruckners Leben zeigt in seinem Entwicklungsgang schon eine Größe an ihm, die man gerne übersieht: wir meinen den Lehrer. Wie bekannt, begann Bruckner seine Laufbahn als Volksschullehrer, oder, wie es 1.840 hieß, als „Schulgehülfe für Trivial- schulen". Seine Berufswahl entsprang einem Akt der Pietät. Auf die Frage des Prä- 9

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