daß der Plauzenhof im Volksmund schon „Platzenhof" genannt wurde, wobei das Wort Platzen volkstümli c h für Weinen, oder Plärren, steht. Die Situation im Plauzenhof, verbunden mit einer erschreckend hohen Sterblichkeitsrate, war so unhaltbar geworden, daß sich ab 1840 verantwortungsbewußte und mitmenschlich denkende Bürger energisch für Reformen einzusetzen begannen. Allen voran war es der Vorstadtkaplan Karl Aigner, der sich für eine Besserung der Zustände abmühte. ABHILFE SCHAFFEN Erhalten geblieben ist ein Schreiben vom 19. Juni 1843, an den Superior der Barmherzigen Schwestern vom Orden des heiligen Vinzenz von Paul in Wien gerichtet, unterzeichnet von Dechant und Stadtpfarrer Joseph Plersch, Vorstadtpfarrer Aloys Himmelreich und Kooperator Karl Aigner. DiesesSchreiben enthält die Bitte, die Barmherzigen Schwestern mögen die Leitung des Spitals in Steyr und die Pflege der Kranken im Plauzenhof übernehmen. ,,Die Stadt Steyr, nahe an 10.000 Einwohner zählend, entbehrt nämlich ein in seiner Bestimmung durchgängig entsprechendes Krankenhaus, dessen sie so sehr bedürftig ist. Denn es befinden sich hier, besonders in der Vorstadtpfarre, viele Gewerbsleute, die zum Betriebe ihrer Gewerbe einer großen Anzahl Dienstleute bedürfen, welche aber in den größtenteils beschränkten Häusern, selbst wenn alle gesund sind, nur notdürftig Unterkunft finden. Wenn auch nur ein Einziger erkrankt, so ist es, abgesehen von dem für Kranke so beschwerlichen Geräusch ihrer Beschäftigungen, selbst bei dem besten Willen unmöglich, ihm jene Treue und Pflege, und ein solch gesundes und ruhiges Lokal zu verschaffen, als zu einerHerstellungoderauch nur Linderung unumgänglich notwendig sind. Und für alle die vielen Kranken besitzen wir nur ein einziges Krankenhaus, den sogenannten Plauzenhof, oder die Annakapelle, dessen Besorgung einem Hausmeister mit fünf Krankenwärterinnen anvertraut ist, die aber in Rücksicht auf ihre Behandlungsweise der Kranken in Bildung und Moralität oft manches zu wünschen übrig lassen, so daß viele Kranke nur ungern sich in diese Anstalt bringen lassen . Eben darum nähren wir, die Gefertigten, schon lange den heißesten Wunsch nach Errichtung eines Krankenhauses unter Leitung jenes gesegneten Ordens ..." ,, ... doch um eine so lc he Anstalt vom Grund aus neu zu errichten, dazu würde wohl mehr erforderlich sein, als wie (besonders nach unserem großartigen Brandunglück vom vorigen Jahr) zu leisten im Stande wä ren . Wir wenden uns daher bittlich an Euer Hochwürden und Gnaden mit der Frage, ob es nicht möglich wäre, daß dieses ohnehin bestehende Krankenhaus den Wohlerwürdigen Barmherzigen Schwestern gänzlich übergeben würde? Zu diesem Zwecke erlauben wir uns eine kleine Beschreibung dieser Anstalt beyzusetzen." Nach folgender Beschreibung bestand das Krankenhaus Plauzenhof aus drei miteinander verbundenen Gebäuden, dem eigentlichen Krankenhaus, der Kapelle und der Wohnung des Benefiziaten. Im Krankenhaustrakt befanden sich ebenerdig die Wohnung des Hausknechts sowie zwei Krankenzimmer mit neun Betten; im ersten Stock die Wohnung des Hausmeisters, dem die Verpflegung der Kranken oblag, sowie Krankenzimmer, von denen das größere mit Notfall bis zu 14 Betten, das kleinere für die Frauen zehn Betten enthielt. Die Verpflegskosten und die Arzneien für „kranke Armeninstitutspfründler" wurden aus dem Milden-Versorgungsfonds bezahlt, 20 Heller als Verpflegssatz pro Tag. Es wurden auch selbstzahlende Kranke aufgenommen; diese leisteten je Tag 24 Heller Verpflegsgebühr. ,,Ärzte sind dermahlen zwey: der Kreisarzt mit 100 Gulden und ein Stadtwundarzt mit 85 Gulden jährlicher Bestallung". Der Hausmeister erhielt nebst Verpflegung 10 Heller im Tag, die fünf Krankenwärterinnen und Krankenwärtern je 6 Heller täglich. DAS SPITALSPROJEKT Die Übelstände im Plauzenhof waren dem Magistrat Steyr wohlbekannt. So heißt es in einer Niederschrift vom 17. April 1844: ,,Diesem Plautzenhof ist laut General Stiftsbrief vom 3. August 1837 eine \..ocal Krankenanstalt für erkrankte Fondspfründner und Gesellen des hiesigen Maurer- und Steinmetz Handwerks, welche mit keinen kronischen Krankheiten behaftet sind. Dieses Spital befand sich in einem verfallenen Zustand, daher beschloß der Magistrat im April 1841 eine Restauration desselben. Die Verhandlungen über diese Angelegenheit verzogen sich, bis am 16. März 1844 der Magistrat an S. Majestät die Bitte stellte um Bewilligung dieses Local Spital dem Orden der Barmherzigen Schwestern übergeben zu dürfen, welche Bitte auch das Ordinariat unterstützte." ZU HOHE KOSTEN Nicht bloß die hohen Kosten von Sanierungsmaßnahmen, - der erste Voranschlag belief sich auf 8333 Gulden - , sondern auch die Mißgunst des zuständigen Referenten im Magistrat Steyr brachten es mit sich, daß die Erledigung jahrelang hingeschleppt wurde. Die Eingabe vom 16. März 1844 an den Kaiser war zwar von Stadtpfarrer Kanonikus Plersch, Bürgermeister Stiegler, zahlreichen Gemeinderatsmitgliedern und mehr als hundert Bürgern der Stadt Steyr unterfertigt worden, doch offenbar war es nicht nach jedermanns Geschmack, daß das städtische Lokalkrankenhaus nach Restaurierung auf Kosten der Stadt in ein „geistl ic hes Spital " mit Ordensschwestern als Pflegerinnen umgewandelt werden sol lte. Trotzdem trieb Kooperator Karl Aigner das Projekt mit Ausdauer und schließlich auch Erfolg voran. Am 1. Dezember 1845 berichtete er dem Ordensprior von den Schwierigkeiten, die ihm bereitetworden waren, aber auch von den Teilerfolgen. Am20.Juni 1845fand im Plauzenhofeine Kommission durch den Kreisarzt und den Kreisingenieur statt, deren Aufgabe es war, zu überprüfen, wie weit die vorhandenen Baulichkeiten in technischer und sanitärer Hinsicht überhaupt noch für Ausbaumaßnahmen geeignet wären. Den Vorsitz führte der Magistratsrat Bleyer, und das war für Karl Aigner bereits ein Erfolg, denn der frühere Referent Magistratsrat Maurer, der als Gegner des Projekts bis dahin alle Bemühungen zunichte gemacht hatte, war am 17. Dezember 1844 vom Referat abberufen worden. Trotzdem sah sich Aigner wieder allen Einwendungen gegenüber, die „beyde Gegner (der Arzt im eigenen Interesse, der andere als Werkzeug des Herrn Rathes Maurer)" vorbrachten. Was Karl Aigner in dieser Darstellung als „eigenes Interesse" des Kreisarztes bezeichnet, mag so verstanden werden, daß der Kreisarzt seine Behandlungsgebühr von hundert Gulden jährlich verlieren wü rde, wenn nach der Restaurierung und Erweiterung des Plauzenhofspitals ein eigener Spitalsarzt angestellt wü rde. Nachdem die Einwände in baulicher Hinsicht entkräftet waren, verlangte der Kreisarztzwei Zimmerfür Syphilitische, ein Zimmer für deren weltliche Wärterinnen, eines für Irrsinnige und eines für kranke Arrestanten. Nachdem der Kreisingenieurbestätigthatte, daß sich alles unterbringen ließe, sah sich auch der Kreisarzt, Dr. Sauter, genötigt, das Protokoll zu unterschreiben, wonach das Gebäude für die Ausbaumaßnahmen genügend geeignet wäre. Weiters berichtet Karl Aigner, die ,,feindliche Parthei" habe daraufhin die Kosten ins Sp iel gebracht und behauptet, der ,,Bauüberschlag" wäre zu hoch. In der entscheidenden Sitzung vom 7. November 1845 widerlegte Magistratsrat Bleyer alle denkbaren Einwend ungen in einem 18 Bogen umfassenden Bericht. Zugleich legte er einen Vertragsentwurf in 28 Punkten vor, der nach einem Vertrag abgefaßt war, den die Stadt Graz mit dem Orden der Barmherzigen Schwestern abgeschlossen hatte. Dieser Vertrag wurde in Endfassung am 5. Juni 1849 unterfertigt und besiegelt und am 16. Oktober 1849vonderk.k. Landesregierung bestätigt. Bereits am 20. Juni 1845, anläßlich der Kommission im Plauzenhof, hatte sich Kaplan Aigner erbötig gemacht, die Baumaßnahme zu „minderen Kosten" zu übernehmen, wenn keine Lizitation erfol5
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