75 Jahre Landeskrankenhaus Steyr 1916-1991

DER FESTLICHE TAG DER ERÖFFNUNG Endlich, am 18. September 1916, war der denkwürdige Tag, der festlich begangen wurde. Zur Eröffnungsfeier waren Bischof Dr. Johannes Maria Gföllner, Statthalterei-Vizepräsident Graf Thun, Landesausschuß Graf Dürckheim und Statthalterbeirat Dr. Löcker als Landessanitätsreferent gekommen. Von Steyr war alles vertreten, was Rang und Namen hatte: Bezirkshauptmann Dr. Neuber, Garnisonskommandant k.u.k. Major Böhm, Stadtpfarrer Kanonikus Strobl, Vorstadtpfarrer Sch ließleder, Stadtphysikus Dr. Holub, StadtarztDr.Klunzinger, und natürlich die gesamte Steyrer Gemeindevertretung mit Bürgermeister Julius Gschaider an der Spitze sowie Primarius Dr. Storch als ärztlicher Leiter des neuen Krankenhauses. Die Ansprache, die Bürgermeister Julius Gschaider aus Anlaß der Eröffnungsfeier hielt, war ein Rückblick auf die langjähri - gen Bemühungen um den Spitalsneubau, zugleich auch eine Antwort auf die Kritik, die wegen der fortlaufenden Verzögerungen und gegen das Projekt selbst lautgeworden war. Nachdem größere Spendenzuwendungen und die Erträgni sse von Woh ltätigkeitsveranstaltungen die Mittel des Spitalbaufondes zu einer „bedeutenden Höhe" hat anwachsen lassen, sei man in den Jahren 1909 und 1910 zu ersten Vorarbeiten und zur Ausschreibung eines Plan-Wettbewerbes geschritten. Dankbar erinnerte Bürgermeister Gschaider an seinen Vorgänger, den Bürgermeister Franz lang, der sich intensiv um den Spi tal sneubau bemüht hatte, jedoch im Jahre 1911 gestorben war. Die Begutachtung durch das Spita lbaukomitee sowie Regierungsrat Dr. Brenner als medizinischen und Baurat Kaempf als bautechnischen Sachverständigen hätte zur Verleihung des ersten Preises für die Entwürfe des Architekten Hans Schimitzek aus Wien geführt, der dann vom Gemeinderat mit der Ausarbeitung von Ausführungsplänen betrautworden sei. Unter Bürgermei - ster Gustav Sto lzer (1911-1912) sei an der Aufbringung der Mittel eifrig weitergearbeitet worden, so daß man sich einem baldigen Baubeginn in unmittelbare Nähe gerückt wähnte. Aber die Prüfung der Kosten im Jahre 1912, so Bürgermeister Gschaider weiter, habe ein niederschmetterndes Ergebnis gebracht. Der Bau hätte 1,3 Millionen Kronen gekostet, während im Spitalbaufonds nur 700.000 Kronen vorhanden waren. Es mußten also neue Wege beschritten werden. Vor allem wurde der Bau des Infektionspavillons ausgeschieden . ,:Verschiedene Entwürfe wurden vorgelegt, die alle nicht recht befriedigten, bis endlich ein im August 1913 eingelangter Entwurf des Architekten Schimitzek entsprach, so daß nach eingehenden Erhebungen am 14. Oktober 1913 der Gemeinderat auf Grund des Berichtes des Vizebürgermeisters Fendt den einstimmigen Beschluß fassen konnte, den Bau nach den vorliegenden Plänen unverzüglich zu beginnen." Gegenüber der veransch lagten Bausumme bei Baubeschluß hatten sich bis zur Fertigstellung jedoch Kostenüberschreitungen von insgesamt 169.428 Kronen ergeben: 57 .026 Kronen durch eine siebenprozentige Kostenüberschreitung der Anbotsumme und 112.401 Kronen durch nachträglich beschlossene Anschaffungen. Zur Deckung dieser Mehrkosten nahm die Stadt Steyr einen Kredit von 300.000 Kronen auf, wobei der Mehrbetrag offenbar schon zur Errichtung des Infektionspavillons gedacht war, denn dieser hatte sich letztlich doch als unverzichtbar erwiesen. Die Generalversammlung der österreichischen Waffenfabriksgesellschaft hatte, wie dem Bürgermeister am 13. Oktober 1913 mitgeteilt wurde, beschlossen, zur Erri chtung des Infektionspavillons 335.000 Kronen zu stiften. DIE TYPHUSEPIDEMIE Wie sehr dieser Infektionspavillon nötig gewesen wä re, erwies sich schon im Jahre 1917 durch den Ausbruch einer Typhusepidemie, der auch der Primarius des neuen Städtischen Allgemeinen Krankenhauses, Dr. Vinzenz Storch, und eine geistliche Pflegeschwester, Anna Kratochwill, in Ausübung ihres Dienstes zum Opfer fielen . Am 24. August 1916wurden die ersten Patienten aus St. Anna ins neue Krankenhaus verlegt sowie neue Patienten aufgenommen. Achtzehn Barmherzige Schwestern übersiedelten ebenfalls ins neue Gebäude und nahmen die Pflege der Kranken auf. Am 28. August 1916 wurde die Generaloberin des Ordens, Schwester Gervasia Sa lzner, se lbst in Begleitung der Oberin Sr. Regina Nenning und der Küchenschwester Sr. Chrysogona Mayer, beim Magistrat Steyr vorstellig, um offene Fragen bezüglich der Verpflegskosten und der ordnungsgemäßen Unterbringung der Barmherzigen Schwestern zu klären. Die Schwestern erhielten keine Lohnzahlung vonseiten der Stadtgemeinde, sondern mußten die Aufwendungen für Verpflegung und Kleidung im Rahmen der Verpflegsgebühren, damals 1,45 Kronen pro Kopf und Tag, tätigen. Der Bettenbelag erreichte bald die Höchstzahl von 170 Patienten. Schon im Dezember 1916mußten d ie Räumlichkeiten in St. Anna aberma lsgenützt werden, da die Zahl der Kranken auf 220 bis 250 angewachsen war. Pr imararzt Dr. Storch bekam Unterstützung durch den Sekundararzt Dr. Brenner, der aber nur kurze Zeit blieb, wonach Dr. Kaiser aus Wien kam. Auch Dr. Kaiser wurde bald zum Militärdienst einberufen, es kamen Dr. Fi scher, der aber nur zwei Tage blieb, sowie Dr. Prater, der seine Tätigkeit ebenfalls bald wieder beendete. Sch ließlich wurde der Militärarzt Dr. Deutsch als Sekundararzt angestellt, der bis 1919 blieb. Dieser ständige Wechsel kennzeichnet die Erschwernisse, unter denen im Ersten Weltkrieg die ärztliche Betreuung der Patienten bewerkstelligt werden mußte. Als am 7. Dezember 1916 die ersten Typhuskranken eingeliefert wu rden und dasalteSpital St. Anna als Infektionskrankenhaus verwendet wurde, nahmen dort drei geistliche Schwestern, die schon zuvor dort gewirkt hatten, den Dienst wieder auf. Sie wurden von zwei Schwestern, die aus Linz kamen, verstärkt. Auch zwei weibliche Hilfskräfte und ein Hausdiener mußten aufgenommen werden. Die Bemühungen, die Barmherzigen Schwestern auch für den Pflegedienst im neuen Krankenhaus zu gewinnen, gehen auf das Jahr 1912 zurück. Das Spita lbaukomitee richtete an das Ordensinstitut in Steyr, dessen Oberin damals Sr. Philomena Herzinger war, die offizielle Anfrage, ob der Orden im Prinzip bereit wäre, die Verpflegung und Pflege der Patienten auch im neuen Spital zu übernehmen, doch die Zustimmung dazu mußte im Mutterhaus in Wien erfolgen . Die Generaloberin in Wien, Sr. Gervasia Sa lzner, konnte zunächst keine bindende Zusage machen und begründete dies mit dem großen Schwesternmangel. Die Verzögerung der Zusage könnte aber auch in der Tatsache gelegen sein, daß das Verhä ltniszwischen der Schwesternschaft in Steyr und dem Magistrat Steyr während der Amtszeit des Bürgermeisters Julius Gschaider durch kleinliche Verrechnungen belastet war. So hatte Gschaider nach Einführung der elektrischen Beleuchtung im März 1912 ver langt, die Schwestern sollen für das elektrische Licht einen jährlichen Beitrag von 15 Kronen und 50 Hellern leisten, da ja eine erhebliche Einsparung im Verbrauch von Kerzen eingetreten sei. Die Ungewißheit, ob der Orden der Barmherzigen Schwestern bereit wäre, die Verpflegung und Pflege der Patienten auch im neuen Krankenhaus zu übernehmen, dürfte die Stadtverwa ltung in Bedrängnis gebracht haben, denn die Bemühungen wurden in freundlichstem Ton fortgesetzt. Am 16. Juli 1913 präzisierte die Genera loberin in einem Schreiben an die Gemeindevorstehung die Bedingungen des Instituts ,,für den Fall, daß es in die Lage käme, den Krankendienst im projektierten Krankenhause der Stadt Steyr zu übernehmen": einen Gottesdienstraum im Ausmaß von mindestens 8,65 mal 6 Quadratmetern; einen Sch lafraum für zwanzig Schwestern im Ausmaß von achtQuadratmetern je Bett; ein Speisezimmer im Souterrain im Ausmaß von 6,9 mal 4,54 Metern. 13

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