alarmierend, sondern brachte auch die bislang recht säumige Stadtverwaltung auf die Beine. Daß die vormalige Lange Gasse im Stadtteil Ennsdorf in Haratzmüllerstraße umbenannt wurde, war die gebührende Ehrung für einen Mann, der mit 200.000 Kronen, also fast einem Viertel der späteren Baukostensumme, den eigentlichen Grundstein zur Errichtung des neuen Krankenhauses gelegt hatte. Von dieser Stiftung bis zur Eröffnung des neuen Krankenhauses zogen sich jedoch vierzehn lange Jahre hin, die durch die Bemühungen um die Finanzierungsmöglichkeiten, durch Streitigkeiten über den Bauplan und zuletzt noch durch Verzögerungen infolge des Kriegsausbruchs im Jahre 1914 geprägt waren. DIE SITUIERUNG DES SPITALSNEUBAUES Strittig war zunächst, noch ehe der Spitalsbau finanziell gesichert war, dessen Situierung. Am 7. November 1903 war im Gemeinderat beschlossen worden, das Fladergut der Theresia Schüttenberger an der Sierninger Straße anzukaufen. Der Baupreis betrug für die 23Joch Areal 50.000 Kronen. Dafür wurden dem Spitalsbaufonds 39.100 Kronen entnommen; ein Teil des Grundes, für die Erweiterung des Armenverpflegshauses bestimmt, wurde aus dem Reservefonds der Stadtkasse finanziert. Das städtische Bauamt und der Stadtphysikus Dr. Hauck erklärten die Gründe des Fladergutes als sehr geeignet für einen Spitalsbau. Trotzdem kam im Jahre 1909eineandere Überlegung auf. Die Stadtgemeinde hatte nämlich die Liegenschaft des Dr.-Plattner-Gutes erworben, und damit sah sich die Stadt im Besitz eines riesigen Areals, das an den Stadtteil Ennsdorf nahezu angrenzte. Der Beschluß vom 7. November 1903 wurde tatsächlich umgestoßen, statt dessen der Beschluß gefaßt, das neue Spital auf den Plattnergründen zu errichten. Da es jedoch, wie es Bürgermeister Lang beabsichtigt hatte, im Jahre 1911 nicht mehr zum Baubeschluß kam, änderte sich die Situation nochmals, denn die Waffenfabrik beanspruchte die Plattnergründe für die Errichtung neuer Werksanlagen, die dann im Jahre 1913 auch erbaut wurden. Durch eine Subvention der Landesregierung in Höhe von 10.000 Kronen, durch eine Zuteilung aus den Erträgnissen der Staatslotterie im Ausmaß von 30.000 Kronen, eine Zuwendung der österreichischen Waffenfabriksgesellschaft von 100.000 Kronen, durch die Erträge eines Frühlingsfestes, durch weitere Veranstaltungen sowie Spenden war der Spitalsbaufonds bis 10. April 1911 auf 699.728 Kronen angewachsen. Zur Erstellung eines Vorprojektes hatte die Stadtverwaltung Kontakt aufgenommen mit dem Wiener Architekten Schimitzek, doch verstummten in Steyr die Verdächtigungen nicht, hier läge eine 12 einseitige Bevorzugung vor, denn obwohl zwei Steyrer Baumeister Offerte eingereicht hatten, kam es zu keiner öffentlichen Präsentation der Projekte. Bei einer Beratung in der Kanzlei des Baudirektors Kaempf.im Linzer Rathaus legte Schimitzek ein überarbeitetes Projekt vor. Bei dieser Besprechung waren auch Bürgermeister Julius Gschaider, Vizebürgermeister Fendtsowie Primarius Dr. Klotz anwesend. Nach der einhelligen Begutachtung, daß die Neubearbeitung des Krankenhausbauplanes sowohl von medizinischen als auch von technischen Standpunkten aus als sehr gut anzusehen wäre, wurde beschlossen, das neue Schimitzek-Projekt dem Spitalbaukomitee und dem Gemeinderat vorzulegen. Inzwischen wuchs der Unmut der Bevölkerung über den langsamen Fortschritt in der Bausache Krankenhaus. So war in der Steyrer Zeitung am 4. August 1913 zu lesen: ,,Die Steyrer Spitalnot schreit zum Himmel. Als gestern abends die Rettungsmannschaft einen Schwerverletzten nach St. Anna brachte, war dieser Zeuge, wie erst ein Bett geräumt werden mußte, um Platz zu schaffen. Der Kranke, der in dem Bette vorher lag, war über die Nötigung, sich anderswohin zu begeben, sehr ungehalten und man wird ihm dies nicht verübeln können. Aber wenn jetzt mitten im Sommer der Platzmangel schon so fü hIbar ist, wie wi rd's erst im Wi nter werden, wenn bis dorthin durch den Waffenfabriksneubau um 2000 Arbeiter mehr als bis jetzt in Steyr sein werden? Es ist äußerst bedauernswert, daß für den kommenden Winter das neue Spital noch nicht zur Verfügung steht. Die Spitalsnot in Steyr erscheint umso furchtbarer, wenn man sieht, wie sehr andere StädteindieserFrageunsvoraussind . . ," EIN UMSTRITTENES PROJEKT Das Projekt Schimitzek wurde, obwohl es als Favorit der Gemeinderatsmehrheit galt, weiterhin der öffentlichen Kritik unterzogen. So machte die Steyrer Zeitung politische Protektion für die Exklusivität geltend, mit der Schimitzek von den Deutschnationalen, die den Gemeinderat dominierten, begünstigt wurde. Warum seien nicht weitere Sachverständige beigezogen worden? Warum habe man das Projekt Schimitzek der Öffentlichkeit erst vorgelegt, nachdem die Entscheidung für dieses Projekt praktisch schon gefallen war? Auch sachlich gab es am Projekt - ,,abgesehen von der Fassade, die ja vielmehr der eines Alpenhotels gleichsieht wie der eines Spitals" - mancherlei zu kritisieren. Konkretisiert wurden folgende Planungsmängel: In den Gängen fehlt es an Licht und Luft, die Narkoseräume sind fensterlos, im zweiten und dritten Stock sind „unhygienische Klopfterrassen" vorgesehen. Auch wei tere Mängel ließen die Meinung aufkommen, der Architekt Ing. Hans Schimitzek wä re doch nicht jener fachkundige Spitalsplaner, als der er sich offeriert hatte, und dieStatthalterei erließ am 23. September 1913 tatsächlich einen Erlaß, wonach Schimitzek in der Endplanung die genannten Mängel zu beheben hatte. Der Landessanitätsrat, der schon seit langem den Spitalsneubau in Steyr zu beschleunigen versuchte, verlor schließlich die Geduld mit der Säumigkeit der Steyrer Stadtverwaltung und trug ihr auf, ohne Zögerung den Bau sofort in Angriff zu nehmen . ImSchreiben des Statthalters heißt es: ,,Ich erwarte, daß an die Durchführung des projektierten Neubaues unverzüglich geschritten wird". Am 19. Oktober 1913 erstattete Vizebürgermeister Fendt im Gemeinderat einen umfassenden Bericht. Durch Kostenvoranschläge, die, nachdem bis dahin nur Wiener Firmen herangezogen worden waren, von heimischen Gewerbetreibenden eingeholt worden waren, seien die Kosten bei gleichem Raumangebot für 173 Betten Normalbelag wesentlich geringer anzusetzen . Nach früheren Berechnungen waren die Baukosten mit 1,4 Millionen Kronen veranschlagt worden. Jetzt, so Fendt, könne man mit 803.317 Kronen das Auslangen finden, wobei alles inbegriffen sei: Bau und Einrichtung, Exspectanzbaracke und Leichenhaus, Kanalisierung, Kläranlage, Wasserbeschaffung, Gartenanlage, Einfriedung und Straßenanlage. Da der Spitalsbaufonds 804.962 Kronen zur Verfügung habe, sei die finanzielle Bedeckung für den Spitalbau gegeben. In Anbetracht der nunmehr möglichen Finanzierung sowie der höchsten Notwendigkeit eines neuen Spitals stellte daraufhin das Spitalbaukomitee dem Gemeinderat folgenden Antrag: ,,Der Gemeinderat wolle beschließen, es sei der Bau des neuen Krankenhauses nach den vorliegenden Plänen sofort in Angriff zu nehmen und es wird das Spitalbaukomitee im Einvernehmen mit der Bausektion ermächtigt, die Ausschreibung und Vergebung der verschiedenen bezüglichen Arbeiten vorzunehmen." Noch im Jahre 1913 wurden die Grundaushebungen und die Herstellung der Betongrundfeste durchgeführt. Nach dem strengen Winter 1913/1914, der die Bauarbeiten unterbrach, wu rde im Frühjahr 1914 unter Stadtbaumeister Franz Plochberger mit Nachdruck weitergearbeitet. Zugleich wurden die Ausschreibungen für die Inneneinrichtung vorangetrieben. Die Versicherung von Bürgermeister Julius Gschaider, im Jahre 1915 könnte das Spital se iner Bestimmung übergeben werden, wurde durch den Ausbruch desWeltkrieges illusorisch gemacht. Es ergaben sich Schwierigkeiten in der Anlieferung der Einrichtung, und so verzögerte sich die Eröffnung des neuen Krankenhauses um mehr als ein Jahr.
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