75 Jahre Landeskrankenhaus Steyr 1916-1991

Das Spital St. Anna, nach der ursprünglichen Bestimmung für Stiftlinge aus dem Mildenversorgungsfonds, für erkrankte Gesel len des Maurer- und Steinmetzgewerbes sowie für Bedürftige, die aus dem Armenrecht versorgt wurden, gedacht, hatte schon immer, nach Maßgabe der vorhandenen Krankenbetten, auch Kranke anderer Herkunft aufgenommen. Mit der Zunahme der Bevölkerungszahl, bedingt durch die steigenden Beschäftigungszah len in der Werndlschen Waffenfabrik, entstand eine Situation, die den Magistrat im Jahre 1892 zwang, das Öffentlichkeitsrecht für das städtische Krankenhaus anzustreben. Die Zustimmung der k.k. Stattha lterei erfolgte noch im Jahre 1892, doch wurde sie erst am 3. Februar 1894 im Landesgesetz- und Verordnungsblatt für Oberösterreich mit folgendem Wortlaut offiziell kundgetan: ,, infolge der mit dem Beschlusse des oberösterreichischen Landtages vom 20. September 1892 ertheilten Zustimmung und mit Genehmigung des hohen k.k. Ministeriums des Inneren vom 18. December 1893, Z.20.590, wird das städtische St. Anna-Spita l in Steyr im Sinne des Ministerial-Erlasses vom 4. December 1856, Z.26.641, und nach Inhalt der von der Stadtgemeinde Steyr vorgelegten Statuten vom 25. September 1891 als eine allgemeine öffent li - che Krankenanstalt anerkannt. Dies wird mit dem Beisatze zur allgemeinen Kentniß gebracht, daß von dem Gemeinderathe der Stadt Steyr mit dem Beschluße vom 25. September 1891 die auch in die Statuten dieser Krankenanstalt aufgenommene Verpflichtung übernommen wurde, die zur Stadtgemeinde Steyr zuständigen, in diese Heilanstalt aufzunehmenden Kranken ohne irgendwelche Inanspruchnahme des Landesfonds aus eigenen Gemeindemitteln, beziehungsweise aus milden Stiftungsmitte ln zu verpflegen." Wie diesem Text zu entnehmen ist, hat sich die Stadtgemeinde Steyr im Ansuchen um die Gewährung des Öffentl ichkeitsrechtes, das vom Landtag noch im September 1892 genehmigt wurde, doch erst noch der Zustimmung des k.k. Ministeriums des Inneren bedurfte, ausdrücklich verpflichtet, für das Krankenhaus in Steyr keine Landesmittel in Anspruch zu nehmen. Aus dem Jahre 1886 liegt e in Bericht vor, wonach im Jahre 1885 im Spital zu St. Anna 593 arme Kranke mit 16.783 Verpflegstagen in ärztlicher Behandlung 10 -Die Neuerrichtung des Krankenhauses und Pflege gestanden waren; das entspricht einer durchschnittl ichen Aufenthaltsdauer von 28 Tagen. 64 Patienten waren durch Tod abgegangen . Bei Jahresende waren 48 Kranke im Spi tal verblieben, was dem Durchschnittsbelag nahekommt. Die Auslagen zur Herhaltung des Spitalsbetriebes wurden mit 7682 Gulden beziffert, die vielen Spenden an Holz und Viktualien nicht gerechnet. Noch immer waren die Barmherzigen Schwestern neben den Verpflegsgebühren, die vom Magistrat bezahlt wurden, auf wohltätige Spenden angewiesen, und so heißt es im genannten Bericht: ,,Wieviele arme Kranke haben also liebevol le Aufnahme, Pflege und dadurch ihre Gesundheit wieder erhalten, welche sonst oft in ihrem Elende zugrundegegangen wären! Wir sind überzeugt, daß die Barmherzigen Schwestern, welche mit bewunderungswürdiger Selbstaufopferung und Hingabe ihr ganzes Leben dem Dienste der Kranken und Waisen widmen, auch in diesem Jahre w ieder rechtzahlreicheWohltäter finden werden, die sie unterstützen in ihrem Werk christlicher Liebe." Die Barmherzigen Schwestern hatten sich in St. Anna nicht bloß der Krankenpflege gewidmet, sondern dort im Jahre 1860 auch ein Waisenhaus errichtet, das am 24. September 1860 von Bischof Franz Joseph Rudigier eingeweiht wurde. Dank der tatkräftigen Unterstützung durch Frau Werndl konnten dort zunächst elf Waisenkinder Platz finden. Im Jahre 1885 wurde das Waisenhaus vergrößert, so daß schon 62 Zöglinge, 18 Knaben und 44 Mädchen, aufgenommen werden konnten . Für diesesWaisenhaus war im Jahre 1879 zusätzlich eine Privatschule geschaffen worden, - eine Stiftung, die in den folgenden Jahrzehnten Segensreiches an den Kindern geleistet hat und die in der Volks- und Hauptschu le St. Anna noch heute fortlebt. UNHALTBARE ZUSTÄNDE Die Jahre 1892 bis 1916waren imSpital St. Anna vom Wirken des Arztes Dr. Viktor K I o t z geprägt, der mit 1. Jänner 1892 seine Tätigkeit aufgenommen hatte und nach Verleihung des Öffentl ichkeitsrechtes als Primararzt die Leitung des Krankenhauses versah und dort - trotz wachsender Schwierigkeiten - bis zum Jahre 1916, also bis zur Eröffnung des Krankenhausneubaues an der Sierninger Straße, ausharrte, vielfach allein in der ärztlichen Betreuung der Patienten, denn es war schwierig, einen Bewerber für die ausgeschriebene Assistenzarztstelle zu finden . Die Erschwernisse, unter denen Primararzt Dr. Viktor Klotz seine Arbeit verrichtete, lagen einerseits im Anwachsen der Bevölkerung, die auch die Zahl der Kranken vermehrte, die Spita lsbehandlung brauchten, andererseits aber in der Tatsache, daß sich in den Jahrzehnten, in denen das Spital St. Anna nun schon in Betrieb war, die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft wesent lich erweitert hatten . Die Konskription vom Jahre 1850 hatte für Steyr eine Zahl von 11 .005 Einwohnern ergeben. Nach der Volkszäh lung des Jahres 1857 lebten damals in Steyr 7331 Einheimische und 3421 Fremde, zusammen a lso 10.752 Personen. Dann stieg die Einwohnerzahl sprunghaft. 1880 wurden schon 17.199 Einwohner gezählt, im Jahre 1890 waren es bereits 21.499 (einschließl ich 382 Mann Garnison). Die Zahl der in Steyr wohnhaften Personen sank dann zwar bis zum Jahre 1900, bedingt durch den schwankenden Beschäftigtenstand in der Waffenfabrik, auf 17.592 ab, doch auch für eine Population in dieser Größe war das Spita l zu St. Anna spürbar zu klein geworden. PRIVATE INITIATIVEN Den Übelstand hatte die Private Therese Praschek, Stadtplatz 42, schon im Jahre 1876 erkannt, denn sie vermachte dem Spita l zu St. Anna ein Kapital an Wertpapieren im Betrage von 10.200 Kronen, das nach dem Ableben ihres Sohnes im Jahre 1899 dem Magistrat in Höhe von 9407 Kronen ausgefolgt wurde. Der Gemeinderat beschloß am 26. Jänner 1900, dieses Kapital „zur Schaffung eines Fonds zum seinerzeitigen Bau eines neuen Spitales" bei der Sparkasse in Steyr anzulegen, und fügte diesem Fonds noch 5000 Kronen aus städtis~hen Mitteln bei. Die Überlegung g ing also bereits in Richtung eines Krankenhausneubaues, doch e inen bedeutenden Schritt zur Verwirklichung dieses Vorhabens tat erst Herr Johann Haratzmüller durch eine großzügige Stiftung. Haratzmüller hatte aus seiner Verlassenschaft 200.000 Kronen zur „Erbauung und Errichtung e ines neuen städtischen Krankenhauses" bestimmt. Am 20. März 1903 - Johann Haratzmüller war am 28. Dezember 1902 gestorben - besch loß der Gemeinderat unter Vorsitz von Bürgermeister Viktor

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