75 Jahre Landeskrankenhaus Steyr 1916-1991

Jahre krankenhaus 1916-1991 Steyr

zum 75jährigen Bestehen des Snnbc~krnnkcn~nu~c~ e tc~f

Zum Geleit 2 Das Landeskrankenhaus Steyr wurde 1916 eröffnet und bereits 14 Jahre später vom Land Oberösterreich übernommen. In diesen nunmehr 75 Jahren entstand durch permanente Um- und Erweiterungsbauten eines der modernsten Landesspitäler mit insgesamt 874 systemisierten Betten . Als nunmehr „letzte" BausteinewerdengeradeeinchirurgischesZentrum und radiologisches Institut um rund S600 Mio. und ein modernes Schulzentrum neu errichtet. Gerade das Landeskrankenhaus Steyr ist ein Spiegelbild für die rasante und zukunftsorientierte Entwicklung der oö. Landesspitäler und insgesamt des Gesundheitswesens unseres Bundeslandes. Wichtigen und wesentlichen Anteil daran haben natürlich die fast 1200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 140Ärzte, 500 Bedienstete des Krankenpflegefachdienstes und Sanitätshilfsdienstes, 92 Bedienstete der medizinisch-technischen Dienste, 128 Verwaltungsbedienstete und 323 Mitarbeiter des Hauspersonals kümmern sich jährlich um rund 23.000 stationäre und 55.000 ambulante Patienten. Als Landeshauptmann-Stellvertreter von Oberösterreich und verantwortlicher Krankenanstaltenreferent möchte ich daher den 75. Geburtstag nutzen, um allen Kolleginnen und Kollegen sehr herzlich für ihre engagierte und äußerst kooperative Tätigkeit im Dienste der Patienten zu danken. Gleichzeitig ersuche ich Sie aber, auch weiterhin tatkräftig mitzuhelfen, damit die oö. Landesspitäler und insbesondere das Landeskrankenhaus Steyr auch in Zukunft eine führende Position im oberösterreichischen Gesundheitswesen einnehmen. Dr. Karl Albert Eckmayr Landeshauptmannstell vertreter und Krankenansta ltenreferent

75 Jahre Krankenhaus Steyr stellt nicht nur für die Stadt, sondern für die gesamte Region einen wesentlichen Meilenstein in der Gesundheitsversorgung dar. Jubiläen werden hiezu verwendet, zum einen, kritisch Rückschau zu halten, zum anderen, der Einrichtung gebührend zu danken. Die Errichtung des ersten Gebäudekomplexes kann heute noch nachvollzogen werden und fällt in die Zeit des Ersten Weltkrieges, wo sicherlich andere Voraussetzungen herrschten al s dies heute der Fall ist. Der Stellenwert der gesundheitlichen Versorgung und Vorsorge ist heute ein ungleich anderer al sdies bei der Gründung der Fall war. Sowohl die medizinischen Neuerungen als auch die technischen Entwicklungen haben in den letzten Jahren einen revolutionären Umbruch in diesen Bereichen eingeleitet. Tortz aller Modernität ist zur Betreuung und Versorgung der Kranken und Verletzten der Mensch erforderlich. All jenen, die seither in diesem Bereich tätig waren und sind, gebührt der ganz besondere Dank, verbunden mit der Bitte, auch in Hinkunft uneingeschränkt ein offenes Ohr für die Leiden der Menschen zu haben. Als Bürgermeister der Stadt Steyr freue ich mich über die Entwicklung dieses Regional-Krankenhauses sowie darüber, daß dieses Zentrum fast alle medizinischen Betreuungsbereiche beherbergt. Lediglich die Einrichtung einer geriatrischen Abteilung ist seitens der Stadt gefordert, um den älteren Menschen eine adäquate Gesundheitsversorgung bieten zu können . Alle Bediensteten sowie den Krankenhausträger ersuche ich, auch weiterhin so tatkräftig und initiativ zum Wohle der Bevölkerung im allgemeinen und der Kranken im besonderen tätig zu sein. Zum Geleit 3

Die Geschichte des Krankenhauswesens in Steyr Der Plauzenhof und St. Anna Die Betreuung alter und kranker Menschen oblag, bevor die gesetzliche Sozialversorgung eingeführt wurde, den kommunalen Wohlfahrtseinrichtungen , deren Geldmittel aus Beiträgen der Gemeinde, der Stadtverwaltung, zum größten Teil jedoch aus mildtätigen Stiftungen stammten. Adelige und woh lhabend gewordene Bürger sahen es als ihre Verpfl ichtung an, schon zu Lebzeiten oder durch testamentari sche Verfügung Stiftungen festzu legen, deren Mittel für Kranke, Sieche, alte oder in Not geratene Mitmenschen zweckgebunden waren. In Steyr wurden die vorhandenen Stiftungen aufgrund einer Hofverordnung vom Jahre 1788 in eine einheitliche Rechnungsführung zusammengefaßt. Dieser sogenannte Milden-Versorgungsfonds in Treuhandschaft der kaiserlich-königli - chen landesfürstlichen Stadt Steyr verwaltete fünf Stiftungen : Das Bürgers pi t a 1, im Jahre 1313 von der Kön igin Elisabeth e rbaut, in der Folge wesent lich erwei tert, als Wohnung und Verpflegsplatz für 32 verarmte Pfründner. Das Bruderhaus in der Sierninger Straße, mit damals 16 Freiplätzen für verarmte Bürger und Bürgerinnen . Das Siechenhaus inAichetmitPlatz fü r 20 Stiftlinge. Das Laza reth haus an der Steyr, seit 1794 jedoch auf versch iedene Häuser aufgeteilt, mit täglicher Verpflegung für 24Arme. Und schließlich den PI au ze n h o f in Aichet Uetzt Annaberg Nr. 4) , der für die Aufnahme bedürftiger erkrankter Mit4 bürger bestimmt war und damit zur Vorstufe für ein geordnetes Spita lswesen in Steyr geworden ist. Die Geschichte des Plauzenhofes läßt sich bis zum Jahre 1567 zurückverfolgen . Dama lswar, wie aus dem Steuerbuch ersichtl ich, Sebastian Händl Eigentümer der Liegenschaft, vermutlich war er auch der Erbauer des Wohngebäudes, das „Nieder-Aichet" genannt wurde, - zum Unterschied von „Ober-Aichet", das heute noch unter dem bekannten Namen Aichetschlößl besteht. Joachim Händl , Sohn Sebasti an Händl s, seit 1598 Alle inbesitzer von „Nieder-Ai - chet" mit samt Kalkofen und Sägewerk an der Steyr, wanderte 1626 seines evangelischen Glaubens wegen aus, und so kam die Stadtgemeinde in den Besitz von „Nieder-Aichet". Die Händl gehörten zu den angesehensten Patrizierfamilien von Steyr, wurden jedoch in die Wirren der Religionskr iege hineingerissen .Joachim Händl , seit 1605 im Rate, 1615 und 1616 Stadtrichter, von 1618 bis 1625 sogar Bürgermeister in Steyr, ist 1628 in der Fremde, in Ungarn, gestorben. Im Jahre 1638 verkaufte d ie Stadt Steyr das „Nieder-Aichet" mit den dazugehörigen Betrieben, einem Sägewerk, einer Papie rmühl e, einer Drahtzieherei und einer Weißgärberwalch, an den Handelsmann und Ratsherrn Martin Ernst Plauz, der erst nach der Niederschlagung des Bauernaufstandes nach Steyr gekommen war. 1631 hatte e r d re i Häuser in der Berggasse, nächst der Burg, aus dem Erbe des Arztes Anomäus erworben. ImJahre 1643 erwarb die verwitwete Ka iserin Eleonore diese Häuser und schenkte sie als Stiftung dem Orden der Cölestinerinnen, d ie die Häuser abreißen und an deren Stel le ein Kloster erbauen ließen. Im Zuge der Reformen des Kaisers Josef II . wurde auch das Cölestinerinnenkloster in Steyr aufgehoben und von der Stadt Steyr zu einemTheaterhaus umgesta ltet. Mit dem Besitzer Martin Ernst Plauz änderte sich auch der Name von „Nieder-Aichet". Das Anwesen wurde hinfort Plauzenhof genannt. Der Name bl ieb, doch der Plauzenhof g ing schon 1656 an Georg Sigmund Graf von und zuTättenbach über. Im Jahre 1679, als die Pest in Niederösterreich wütete und auch auf das Land ob der Enns überzugreifen drohte, sicherte sich die Stadt Steyr den Plauzenhof durch Ankauf als Asyl für Pestkranke, die dazugehöri gen Grundstücke und Betriebe wurden in der Folge weiterve rkauft. DIE PEST IN STEYR Anno 1713 gr iff d ie Pest tatsäch lich auf Steyr über, im Plauzenhof-Lazarett soll en über hundert Menschen gestorben sein ; sie wurden auf einer nahegelegenen Wiese begraben . Opfer der Pest wurde auch der Rektor der Jesuitenresidenz, damal s noch am Michaelerplatz, P. Franciscus Sorer, der sich bei der seelsorgl ichen Betreuung der Pestkranken den Todeskeim geholt hatte. Auch der Subprior des Stiftes Garsten, P. Wi lhelm Aigner, wurde 1713 ein Opfer seiner priesterlichen Pflichterfüllung. In der Folge war der Plauzenhof Spita l und Siechenhaus zug leich, aber er wurde, alten Beric hten zufolge, zum Schrecken für jeden armen Kran ken, so

daß der Plauzenhof im Volksmund schon „Platzenhof" genannt wurde, wobei das Wort Platzen volkstümli c h für Weinen, oder Plärren, steht. Die Situation im Plauzenhof, verbunden mit einer erschreckend hohen Sterblichkeitsrate, war so unhaltbar geworden, daß sich ab 1840 verantwortungsbewußte und mitmenschlich denkende Bürger energisch für Reformen einzusetzen begannen. Allen voran war es der Vorstadtkaplan Karl Aigner, der sich für eine Besserung der Zustände abmühte. ABHILFE SCHAFFEN Erhalten geblieben ist ein Schreiben vom 19. Juni 1843, an den Superior der Barmherzigen Schwestern vom Orden des heiligen Vinzenz von Paul in Wien gerichtet, unterzeichnet von Dechant und Stadtpfarrer Joseph Plersch, Vorstadtpfarrer Aloys Himmelreich und Kooperator Karl Aigner. DiesesSchreiben enthält die Bitte, die Barmherzigen Schwestern mögen die Leitung des Spitals in Steyr und die Pflege der Kranken im Plauzenhof übernehmen. ,,Die Stadt Steyr, nahe an 10.000 Einwohner zählend, entbehrt nämlich ein in seiner Bestimmung durchgängig entsprechendes Krankenhaus, dessen sie so sehr bedürftig ist. Denn es befinden sich hier, besonders in der Vorstadtpfarre, viele Gewerbsleute, die zum Betriebe ihrer Gewerbe einer großen Anzahl Dienstleute bedürfen, welche aber in den größtenteils beschränkten Häusern, selbst wenn alle gesund sind, nur notdürftig Unterkunft finden. Wenn auch nur ein Einziger erkrankt, so ist es, abgesehen von dem für Kranke so beschwerlichen Geräusch ihrer Beschäftigungen, selbst bei dem besten Willen unmöglich, ihm jene Treue und Pflege, und ein solch gesundes und ruhiges Lokal zu verschaffen, als zu einerHerstellungoderauch nur Linderung unumgänglich notwendig sind. Und für alle die vielen Kranken besitzen wir nur ein einziges Krankenhaus, den sogenannten Plauzenhof, oder die Annakapelle, dessen Besorgung einem Hausmeister mit fünf Krankenwärterinnen anvertraut ist, die aber in Rücksicht auf ihre Behandlungsweise der Kranken in Bildung und Moralität oft manches zu wünschen übrig lassen, so daß viele Kranke nur ungern sich in diese Anstalt bringen lassen . Eben darum nähren wir, die Gefertigten, schon lange den heißesten Wunsch nach Errichtung eines Krankenhauses unter Leitung jenes gesegneten Ordens ..." ,, ... doch um eine so lc he Anstalt vom Grund aus neu zu errichten, dazu würde wohl mehr erforderlich sein, als wie (besonders nach unserem großartigen Brandunglück vom vorigen Jahr) zu leisten im Stande wä ren . Wir wenden uns daher bittlich an Euer Hochwürden und Gnaden mit der Frage, ob es nicht möglich wäre, daß dieses ohnehin bestehende Krankenhaus den Wohlerwürdigen Barmherzigen Schwestern gänzlich übergeben würde? Zu diesem Zwecke erlauben wir uns eine kleine Beschreibung dieser Anstalt beyzusetzen." Nach folgender Beschreibung bestand das Krankenhaus Plauzenhof aus drei miteinander verbundenen Gebäuden, dem eigentlichen Krankenhaus, der Kapelle und der Wohnung des Benefiziaten. Im Krankenhaustrakt befanden sich ebenerdig die Wohnung des Hausknechts sowie zwei Krankenzimmer mit neun Betten; im ersten Stock die Wohnung des Hausmeisters, dem die Verpflegung der Kranken oblag, sowie Krankenzimmer, von denen das größere mit Notfall bis zu 14 Betten, das kleinere für die Frauen zehn Betten enthielt. Die Verpflegskosten und die Arzneien für „kranke Armeninstitutspfründler" wurden aus dem Milden-Versorgungsfonds bezahlt, 20 Heller als Verpflegssatz pro Tag. Es wurden auch selbstzahlende Kranke aufgenommen; diese leisteten je Tag 24 Heller Verpflegsgebühr. ,,Ärzte sind dermahlen zwey: der Kreisarzt mit 100 Gulden und ein Stadtwundarzt mit 85 Gulden jährlicher Bestallung". Der Hausmeister erhielt nebst Verpflegung 10 Heller im Tag, die fünf Krankenwärterinnen und Krankenwärtern je 6 Heller täglich. DAS SPITALSPROJEKT Die Übelstände im Plauzenhof waren dem Magistrat Steyr wohlbekannt. So heißt es in einer Niederschrift vom 17. April 1844: ,,Diesem Plautzenhof ist laut General Stiftsbrief vom 3. August 1837 eine \..ocal Krankenanstalt für erkrankte Fondspfründner und Gesellen des hiesigen Maurer- und Steinmetz Handwerks, welche mit keinen kronischen Krankheiten behaftet sind. Dieses Spital befand sich in einem verfallenen Zustand, daher beschloß der Magistrat im April 1841 eine Restauration desselben. Die Verhandlungen über diese Angelegenheit verzogen sich, bis am 16. März 1844 der Magistrat an S. Majestät die Bitte stellte um Bewilligung dieses Local Spital dem Orden der Barmherzigen Schwestern übergeben zu dürfen, welche Bitte auch das Ordinariat unterstützte." ZU HOHE KOSTEN Nicht bloß die hohen Kosten von Sanierungsmaßnahmen, - der erste Voranschlag belief sich auf 8333 Gulden - , sondern auch die Mißgunst des zuständigen Referenten im Magistrat Steyr brachten es mit sich, daß die Erledigung jahrelang hingeschleppt wurde. Die Eingabe vom 16. März 1844 an den Kaiser war zwar von Stadtpfarrer Kanonikus Plersch, Bürgermeister Stiegler, zahlreichen Gemeinderatsmitgliedern und mehr als hundert Bürgern der Stadt Steyr unterfertigt worden, doch offenbar war es nicht nach jedermanns Geschmack, daß das städtische Lokalkrankenhaus nach Restaurierung auf Kosten der Stadt in ein „geistl ic hes Spital " mit Ordensschwestern als Pflegerinnen umgewandelt werden sol lte. Trotzdem trieb Kooperator Karl Aigner das Projekt mit Ausdauer und schließlich auch Erfolg voran. Am 1. Dezember 1845 berichtete er dem Ordensprior von den Schwierigkeiten, die ihm bereitetworden waren, aber auch von den Teilerfolgen. Am20.Juni 1845fand im Plauzenhofeine Kommission durch den Kreisarzt und den Kreisingenieur statt, deren Aufgabe es war, zu überprüfen, wie weit die vorhandenen Baulichkeiten in technischer und sanitärer Hinsicht überhaupt noch für Ausbaumaßnahmen geeignet wären. Den Vorsitz führte der Magistratsrat Bleyer, und das war für Karl Aigner bereits ein Erfolg, denn der frühere Referent Magistratsrat Maurer, der als Gegner des Projekts bis dahin alle Bemühungen zunichte gemacht hatte, war am 17. Dezember 1844 vom Referat abberufen worden. Trotzdem sah sich Aigner wieder allen Einwendungen gegenüber, die „beyde Gegner (der Arzt im eigenen Interesse, der andere als Werkzeug des Herrn Rathes Maurer)" vorbrachten. Was Karl Aigner in dieser Darstellung als „eigenes Interesse" des Kreisarztes bezeichnet, mag so verstanden werden, daß der Kreisarzt seine Behandlungsgebühr von hundert Gulden jährlich verlieren wü rde, wenn nach der Restaurierung und Erweiterung des Plauzenhofspitals ein eigener Spitalsarzt angestellt wü rde. Nachdem die Einwände in baulicher Hinsicht entkräftet waren, verlangte der Kreisarztzwei Zimmerfür Syphilitische, ein Zimmer für deren weltliche Wärterinnen, eines für Irrsinnige und eines für kranke Arrestanten. Nachdem der Kreisingenieurbestätigthatte, daß sich alles unterbringen ließe, sah sich auch der Kreisarzt, Dr. Sauter, genötigt, das Protokoll zu unterschreiben, wonach das Gebäude für die Ausbaumaßnahmen genügend geeignet wäre. Weiters berichtet Karl Aigner, die ,,feindliche Parthei" habe daraufhin die Kosten ins Sp iel gebracht und behauptet, der ,,Bauüberschlag" wäre zu hoch. In der entscheidenden Sitzung vom 7. November 1845 widerlegte Magistratsrat Bleyer alle denkbaren Einwend ungen in einem 18 Bogen umfassenden Bericht. Zugleich legte er einen Vertragsentwurf in 28 Punkten vor, der nach einem Vertrag abgefaßt war, den die Stadt Graz mit dem Orden der Barmherzigen Schwestern abgeschlossen hatte. Dieser Vertrag wurde in Endfassung am 5. Juni 1849 unterfertigt und besiegelt und am 16. Oktober 1849vonderk.k. Landesregierung bestätigt. Bereits am 20. Juni 1845, anläßlich der Kommission im Plauzenhof, hatte sich Kaplan Aigner erbötig gemacht, die Baumaßnahme zu „minderen Kosten" zu übernehmen, wenn keine Lizitation erfol5

ge, und am 18. Oktober 1845 hatte er dem Magistrat den Antrag gestellt, den auf 8624Gulden Convent ionsmünze veransch lagten Adaptierungsbau um die runde Summe von 8000 Gulden zu übernehmen. Die Baumaßnahmen unter Aufsicht Aigners begannen am 1. Mai 1848, also in einem denkwürdigen Jahr der österrei - chischen Geschichte, und am 22. Dezember 1849 konnte das völ li g umgewandelte Spital mit 39 Betten eröffnet werden . Die Patienten, die während der Bauzei t im „Pfarrhöfl" (Garstenstraße Nr. 9) untergebracht worden waren, konnten in die freundlich gestalteten Krankenzimmer rückverlegt werden. Wie vorzüglich in spita lstechn ischer Hinsicht und wie wohltuend für die Kranken der Plauzenhof, nunmehr das Sankt-Anna-Spital, der Umbau gelungen war, bestätigt der Steyrer Arzt Anton Schweikofer in e iner dem Spita l St. Anna gewidmeten Broschüre. Das neue Spita l dürfe in Rücksicht seiner Zweckmäßigkeit, der darin herrschenden Ordnung und Reinlichkeit sowie der Vortrefflichkeit der Krankenpflege zu den besten und schönsten Spitälern der österreich ischen Monarchie gezäh lt werden . ,,Wenn es nicht bestritten werden kann, daß ein gut eingerichtetes Krankenhaus zu den vorzüg lichsten Insti - tutionen einer woh lorgan isierten Gemeinde gehört, so kann sich die Stadt Steyr zu dem ihrigen aufrichtig Glück wünschen; denn seit der erfolgten Umgestaltung desselben kann keine andere Gemeinde unseres Kronlandes mit ihr diesfalls konkurrieren". Doktor Schweikofer würdigte in dieser Broschüre auch den „Pr iester, der zunächstdie Veranlassung zu dieser glücklichen Metamorphose gab und sich durch ein Chaos von Hindernissen in seinem eifrigen Streben zur Erreichung des vorgesteckten Zieles nicht beirren ließ ..." DIE GEISTLICHEN SCHWESTERN Mit den Barmherzigen Schwestern vom Orden des heiligen Vinzenz zog überdies e in geschu ltes Pflegepersonal in das neugestaltete Krankenhaus ein, doch so segensrei ch und zugleich nützlich auch d ie Übernahme des Spita ls durch den Orden war, der Weg bis zum endgü ltigen Einzug der Pflegeschwestern war mit vielen Hindernissen und bürokratischen Abwicklungen gepflastert. So bedurfte es der kaiserlichen Genehmigung, die mit Dekret vom 14. August 1847 verfügt wurde, der Zustimmung der k.k. Landesregierung, die mit 21 . August 1847 erteilt wurde, sowie des Einverständnisses des k.k. Traunkreisamtes, das mi t 29. September 1847 ausgesprochen wurde. Und natürlich vor allem der Willenserklärung durch die k.k. landesfürstliche Stadt Steyr. Nach jahrelangemTauziehen zu der Frage, ob der Plauzenhof für eine Adaptierung zu einer zeitgemäß ausgestatteten 6 Krankenanstaltgeeignet wäre und ob es wünschenswert wäre, die Führung des städtischen Spitals einem geistlichen Orden zu übertragen, hatte sich im Magi - strat Steyr doch die Auffassung durchgesetzt, daß es sowohl im Hinblick auf die Kostengünstigkeit a ls auch hinsichtlich e iner fachkundigen Pflege der Kranken am zweckmäß igsten wäre, die Betreuung der Krankenansta lt Plauzenhof, damal s schon St. Anna genannt, dem Orden zu übergeben . Am 15. Oktober 1847, also bereits nac h Genehmigung der Ansta ltsübertragung an den Orden, richtete der Bürgermeister der Stadt Steyr an d ie „Löbliche Ordens-Vorstehung der Wohlerwürdigen Barmherzigen Schwestern zu Gumpendorf in Wien" ein offizielles, geradezu bittliches Schreiben. ,,In hiesiger Vorstadt Ai - chet besteht seit langer Zeit e ine Local-Kranken-Anstalt, Plauzenhof genannt, welche bisher unter hieramtlicher Obhut durch gedungene welt liche Wärter innen versehen wurde. Die Achtung, welche sich der Orden der Woh lerwürd igen Barmherzigen Schwestern durch seine ebenso zweckmäßige, als liebevolle Krankenpflege al lerorts errungen hat, und der verdiente ehrenvolle Ruf, welcher ihm durch beinahe al le Welttheile vorangeht, haben bei den hiesigen Bewohnern und dem Magistrate den Wunsch erregt, daß d ie eingangs benannte Anstalt ihm ebenfalls möchte übergeben werden, wei l auf d iese Weise der Zweck ihrer Stiftung vol lkommener a ls jetzt erreicht werden würde." SORGFÄLTIGE VERTRÄGE ,,Der Magistrat" - so weiter - ,,schmeichelt sich mit der angenehmen Hoffnung, daß seinem Ersuchen die lebhaft gewunschene Zustimmung werde ertheilt, sein nun ins 4te Jahre hinauf gerichtetes Streben durch einen glückli - chen Erfolg werde gekrönt und der oft belobte Orden durch sein bereitwilligstes Entgegenkommen auch gegenüber der hiesigen Stadt und seine zahl - reiche Bevölkerung Zeugniß ablegen werde, w ie sehr ihm am Herzen liege, sein heilsamesWirken überallhin, wo sich Gelegenheit biethet, zu verbreiten und der leidenden Menschheit mehr und mehr nützlich zu werden." Der Magistrat Steyr konnte sich in der Tat schmeicheln, nach langwierigen Verhandlungen über die Modal itäten der Übergabe den Orden der Barmherzigen Schwestern für die Übernahme der Krankenansta lt gewonnen zu haben, denn er sicherte sich dami t ein fachkundiges Pflegepersonal, das auf Entgelt verzichtete, den Dienst an den Kranken aus christli cher Nächstenliebe versah und Tag und Nacht um „Gotteslohn" arbeitete. Wie sehr die Barmherzigen Schwestern für städtische Interessen benützt wurden, geht auch aus den Paragraphen des Vertrageshervor,der mit 5. Juni 1849 vom Gemeindeausschuß Steyr beschlossen und am 16. Oktober 1849vonderk. k. Landesregierung bestätigt wurde. ,,Der Magistrat Steyr in Vertretung gemeiner Stadt als Eigenthümerin des Milden Versorgungsfondes überläßt dem Orden der Barmherzigen Schwestern unter nachstehenden Bedingungen den zu dieser Stiftung gehörigen, im Grundbuche dieser Stadt IV. Band, folio, 705. incastratirten, in der Ortschaft Aichet sub Consc: No. 86 alten und 448 neuen Bezeichnung gelegenen sogenannten Plauzenhof sammt der darin befindlichen Kapelle und folgenden dazu gehörigen Gründen zum unentgeltli c hen Gebrauche, als: a ) das bei der Josefinischen Steuerregulirung der Unbeträchtlichkeitwegen nichtfatirte Gartel sub No. top. 935. b) das Wiesfleckerl in der Flur Plauzenhof, ein Zipf der sogenannten Wurmwiese, endlich c) den Wiesgrund sub. No. top. 1055 von 8/64. Joch . .. ein Zipf von der sogenannten Tabackfe ldwiesen, wie solche im städtischen l.agerbuche Folio 163 und 175 besc hrieben und in der neuen Katastralmappe mit den Parzellen Nummern 666 bis inclusive 670 verzeichnet und vermerkt sind ." Mit gleicher juridischer Akribie wahrt im Paragraphen 2 die Stadt Steyr ihre Eigentumsrechte: ,,Die Stadt Steyr bleibt nach wie vor vollständige Eigenthümerin dieses Hauses sammt Zugehör, und sie berichtiget darum auch aus dem Fondsvermögen alle dasselbe treffenden, wie immer Namen habenden Steuern und Landesumlagen, die Brandaßekuranzquote, die Rauchfangkehrer-Bestallung, den Nachtwächterlohn, mit einem Worte, sie trägt alle hierauf haftenden ordentli chen und außerordentli chen Lasten." Der§ 9 des Vertrages geht sch ließlich auf die Arbeitsbedingungen der geistl ichen Schwestern ein : ,,Die Barmherzigen Schwestern übernehmen entgegen die Krankenpflege im Plauzenhofe und lei - sten für ihre Person auf einen Lohn hiefür gänzlich Verzicht. Die Aufnahme der schwangeren und syfi liti schen Kranken darf in selben ebenso wenig, als jene der anderen Kranken einem Anstande unterworfen werden, die Ordensschwestern sind jedoch nicht gehalten" - das war eine Bedingung des Ordens bei den Vertragsverhand lungen - ,, ihre Pflege selbst zu besorgen, sondern sie können vielmehr diese, jedoch unter ihrer Oberaufsicht stehenden weltlichen Wärterinnen überlaßen ." Im§ 10 wird der Orden verpflichtet, zehn Schwestern für den Krankend ienst beizustellen, bei ErkrankungenfürErsatzzu sorgen sowie das Wörterpersona l zumindest in bisheriger Zah l anzustellen: e inen Hausmeister, einen Hausknecht und vier Krankenwärterinnen. Den Barmherzigen Schwestern wird im§ 11 zur Pflicht gemacht, b innen zwei Jahren die Zah l der 39 vorhandenen Krankenbetten auf 50 Pflegeplätze zu erwei-

tern. Des wei teren bestimmt der§ 13, daß der Plauzenhof ke ine allgemeine, sondern eine Lokalanstalt ist, die stiftsbriefmäßig dazu geschaffen worden ist, die erkrankten „Mildenversorgungsfondsund Armen institutspfründner dieser Stadt und ihres Bezirkes, dann d ie Gese llen des hiesigen Maurer- und SteinmetzHandwerks, welche mit keinen chronischen Krankheiten behaftet sind, und nur im Nothfalle auch andere Kranke" aufzunehmen. § 15: ,,Sie" - die Ordensschwestern - „s ind verbunden zu sorgen, daß den Kranken die nöth ige gesetzlic he ärztlic he und wundärztliche Hü lfe, Med ikamente, Kost, Trank, Holz, Licht, Wäsche, Kleidung und sonstigen Bedürfniße unentgeltlic h beygestellt werden. Sie haben den Ankauf der hierzu nöthigen rohen Stoffe und sonstigen Utensilien, ihre Verarbeitung, Reini gung und Ausbeßerung, mit einem Worte, den ganzen inneren Haushalt auf ihre Kosten zu besorgen, und zu führen; nur die Begräbnißauslagen b leiben ausgenommen, und nach wie vor, von den dazu beruffenen Fonden oder Individuen zu tragen. Da aber die „Unterhaltung des Spitals" als eine der vorzüglichsten Stiftungsverbindlichkeiten auf dem Vermögen des Mildenversorgungsfonds nunmehr vom Orden übernommen werde, so werden dem Orden „zur leichteren Bestreitung der d iesfälligen Kosten alljährlich mit 1. Jänner aus den Renten dieses Fondes von demMagistrate zu Handen derOberin gegen ordentli che Quittung" ein ,,freywi lli ger Beitrag" von 2200 Gulden in konventioneller Münze in k.k. Silberzwanzigern - ,,drey Stück auf e inen Gulden gerechnet" - zugesprochen. „In allem Übrigen werden durch die Übergabe der Krankenpflege im Plauzenhofe an die Barmherzigen Schwestern die Rechte und der Einfluß der Stadt Steyr als Eigenthümerin . . in Nichts geschmä lert worde verändert." Nachdem der Vertrag festhält, daß die Ordensschwestern zwar berechtigt sind, die Wirtschaftsführung e igenständig durchzuführen, aber ansonsten dem Magistrat unterstehen und auch der sanitätsbehördlichen Inspektion der Kreisbehörde und der Landesregierung unterliegen , wi rd im§ 24 nochmals auf die unentgeltliche Leistung des Pfleged ienstes hingewiesen: ,,Was den Unterhalt der Barmherzigen Schwestern anbelangt, so verzichten sie, nachdem sie in ihrer Ausdehnung und Wirksamkeit sich nach den Mitteln richten werden, welche aus anderen Quellen zur Bedeckung ihrer Erforderni sse sich ergeben, auf jede Unterstützung zur Erhaltung ihrer Personen oder einen Lohn für die von ihnen unentgeldlich gespendet werdende Krankenpflege sowohl aus einem w ie immer Namen führenden öffentli che Fonde, a ls auch aus dem M.V. Fondsvermögen und der Stadtkasse insbesondere, indem sie die Mittel zu ihre Subsistenz, so we it sie nic ht durch eigenes Vermögen ist, aus der Hand christlicher Wohltätigkeit empfangen." Auch sonstige Versorgungsansprüche weist der Magistrat von sich : ,, Für den Fall der Dienstuntauglichkeit e iner oder der anderen Schwester oder wenn das ganze Institut nach dem Entschluße hoher Regierungen oder aus eigenem Antriebe vom Krankendienste im Plauzenhofewieder austretten sollte, wird von Seite der Schwestern jedem Anspruche auf eine Pension, Provision oder Entsc hädigung aus den vorbemerkten Fanden entsagt ." Für den Fall , daß die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Orden nicht in erhoffter Verträglichkeitverliefe, wurde eine für beide Seiten gültige Kündigungsfr ist von einem Jahr vereinbart. Dieser Vertrag ist am 15. August 1849 durch Unterschrift von Ernest Maximilian Huretz, Domherr und Superior der Barmherzigen Schwestern in Wien, und derOrdensoberin Sr. Hedwig angenommen worden . Das Verhältnis zwischen den Barmherzigen Schwestern im Spita l zu St. Anna und dem Magistrat Steyr gestaltete sich in der Folge im wesentli chen harmonisch, war jedoch nic ht gänzlich frei von Differenzen. Zu Zwistigkeiten kam es vor a llem wegen der Spenden und der Legate, die dem Ordensinstitut zuflossen , aber vom Magistrat für den Milden-Versorgungsfonds beansprucht wurden, und schließlich wegen der Syphi liskranken. STREITIGKEITEN Erhalten geblieben ist ein geharnischtes Schreiben der lnstitutsvorstehung an die Gemeindevorstehung vom 1. August 1862. Ein gewisser Josef Strasser aus Sierning hatte dem Spita l testamentari sch 1000 Gulden vermacht, und das Institut der Barmherzigen Schwestern verweigerte die Herausgabe der Erbschaft, denn es stand, so d ie Begründung, der ,,gefertigten lnstitutsvorstehung unzweifelhaft auch das Recht zu, dieses VerDas Spital zu St. Anna mächtni s in Empfang zu nehmen und zum Besten des Spitals und der Kranken daselbst zu verwenden". Hätte Strasser einen anderen Verwendungszweck im Auge gehabt, so hätte er dies im Testament ausdrücklich bestimmt. Im übrigen stellen die Barmherz igen Schwestern der löblichen Gemeindevorstehung anheim, den „vermeinthlichen Anspruch auf dieses Legat im Namen des milden Versorgungsfondes im civilrechtl ichen Wege geltend zu machen". Außerdem weist das Institut darauf hin, daß ,,der hiesige Orden für sich ausden, dem hiesigen Spital der Barmherzigen Schwestern zufließenden milden Gaben und frommen Vermächtnißen keinen Vortheil zi eht, sondern dieselben im Interesse der leidenden Menschheit und zum Besten des Spitals und der Kranken daselbst verwendet, wie dies die jährlichen Rechnungsausweise bezeugen". Der Streit um die Ve rpflegskosten für die Syphiliskranken hielt fast zwei Jahre lang an und endete erst am 15. Dezember 1869 mit der Erklärung des Ordens, daß er die Vertragskündigung zurückziehe und nac h Erfüllung der Forderungen durch die Gemeindevorstehung die Besorgung des Spita ls St. Anna und der Kranken im Sondersiechenhaus fortzusetzen bereit sei. Die Vorgeschic hte dieses Streitfalls reicht bis zum Jahre 1865 zurück. Wegen der steigenden Zahl der Kranken bekam der Orden der Barmherzigen Schwestern das Recht, in das Sondersiechenhaus in der Sierninger Straße,das für „Erwerbsunfähige und arme Irre" bestimmt war, zeitweilig auch Syphiliskranke zu verlegen und für d iese Verpflegskosten zu verrechnen . Am 7. August 1868 beschloß der Gemeinderat, daß für Syphiliskranke im Sondersiechenhaus aus den Mitteln des Armeninstituts keine Verpflegskosten mehrbezahltwerden, sondern diese aus der Pauschalvergütung für das Spital St. Anna von den Barmherzigen Schwestern beglichen werden müßten. Die Bestimmung des Vertrages vom 21. Juli 1865 7

wurde kurzerhand mit dem Hinweis außer Kratt gesetzt, die Verrechnung der Heil-und Pflegekosten mit dem Armeninstitut wäre nur ein befristetes Zugeständnis gewesen. In dem Schreiben des Bürgermeisters Josef Pöltl vom 10. August 1868 heißt es, die ehrwürdigen Schwestern wü rden auf d ie Verpflichtung zur Vertragstreue hingewiesen und angehalten, ,,erstens nunmehr ohne Weigerung d ie Bestimmungen des § 9 des obgenannten Vertrages" - vom 5. Jun i 1849 - ,, ihrem gegebenen Versprechen gemäß, so wie auch den § 13 desselben Vertrages getreul ich zu erfüllen"; zweitens aber gebe d ie Gemeindevorstehung bekannt, daß ,,nachdem es unter den Sifilit isch erkrankten auch Personen boshaften Charakters gibt, der Gemeinderath geneigt sei, für solche im Sondersiechenhause bis a uf weiteres ein Local in wohn lichen Stand setzen zu lassen, a llwo selbe vor der menschlichen Gesel lschaft während der Kurzeit ganz und sicher abgesch lossen werden können. Drittens jedoch, und das ist der Stre itan laß, müßten die Heil - und Verpflegskosten ,,für die im Sonde rs iechenhause unterzubringenden Syfilitischen nicht wie bisher das Armen-I nstitut, sondern im Sinne des§ 9 des Vertrages vom 5. Juni 1849 die Barmherzigen Schwestern vom 1. September d. J. selbst zu tragen haben". Die Institutsdirektion der Barmherzigen Schwestern zu St. Anna - damalswar der Ordens- und Spita lsseelsorger Mathias Scheibenbogen Institutsdirektor und Schwester Alfonsa Döschel Oberin - reagierte auf d ieses Schreiben sehr gereizt. Mit 30. August 1868 bekam d ie Gemeindevorstehung d ie Antwort auf das Sc hreiben des Bürgermeisters. Die Schwestern zitieren d ie Vertragsbestimmungen 1849, wonach sie verpflichtet wären, a) Mildenversorgungsfondspfründler, b) Armen institutspfründner und c) erkrankte Gesellen des hiesigen Maurer- und Steinmetzgewerbes im Spital St. Anna aufzunehmen, nicht jedoch Siphilitische, d ie bei ihrer Erkrankung diesen drei Kategorien n i c h t angehören - ,,wie z. B. die im Sondersiechenhause derzeit untergebrachte Magdalena Bresenhuber". Am 8. Oktober 1868verlangtedieOberin Sr. Alfonsa von derGemeindevorstehung die Begleichung ausständi ger Verpflegsgebühren, - indem sie den Besch luß des Gemeinderaths ignorierte: ,,Die ergebenst Gefertigte b ittet demnach die Ausbezahlung sowohl der rückständigen als künftigen Verpflegskosten für d ie Nichtpfründnerin Magdalena Bresenhuber gnädigst bewi lligen zu wol len". Um die Differenzen klären zu können, wurden die Barmherzigen Schwestern für den 3. November 1868 zu einem Gespräch geladen, doch lei steten diese der Einladung nicht Folge. 8 Mit 15. Februar 1969 richtete Bürgermeister Josef Pöl tl e ine geharnischte „Note" an das Schwesterninstitut zu St. Anna. DaraufweisterdieSchwestern nochmals darauf hin, daß der Gemeinderat am 7. August 1868 besch lossen habe, die Verpflegskosten der „in der Siechenanstalt behandelten syph ilitischen Kranken nicht mehr vom Armen -I nstitute besonders zu vergüten , sondern ... von den Barmherzigen Schwestern selbst zu tragen seyen". Demungeachtet, so weiter in der Note, werden „aber nach Anzeige der Armen- Instituts Rechnungsführung in den Wochenrechnungen über d ie Siechenverpflegskosten jene für d ie syph ili - tischen Weibspersonen noch immer in Aufrechnung gebracht". Wenn sich die Schwestern auf den Vertrag vom 21. Juli 1865 berufen, so sei dem Institut schon damals, ,,insowe it es die Syphilitischen betrifft, der Vorbeha lt gemacht, daß Bestimmung dieses Paragraphes nur bis auf Weiteres zu gelten habe. Dieser Zeitpunkt ist nach obigen Gemeinderathsbeschluße, vom 7. August 1868, eingetreten". Die Barmherzigen Schwestern wurden eingeladen, sich „längstens b innen vier Wochen entweder zustimmend oder ablehnend schr iftlich zu äußern, wobei „der Gemeinderath keine oder eine ausweichende Antwort als eine ablehnende betrachten wird". Die Antwort der Barmherzigen Schwestern war unmißverständlich. Das Mutterhaus in Wien-Gumpendorf künd igte mit 15. März 1869 beide Verträge, der Gemeinderatnahm diese Künd igung am 2. Apri l 1869 zur Kenntn is. BESORGNISSE IN DER BEVÖLKERUNG Da aber entstand in der Bevölkerung ein gewalt iger Aufruhr, denn das Spita l zu St. Anna wurde, trotz des Streitesum Gu lden und Heller, den der Magistrat mit dem Institut führte, von den Barmherzigen Schwestern bestens betreut, und die Bevölkerung von Steyr wußte dies zu schätzen .Es wurde eine Unterschrittenaktion in die Wege geleitet, und am 19. Apri l 1869 wurde der Gemeindevertretung eine Petition überreicht, d ie von fünfhundert Menschen unterzeichnet war. Darin wurde d ie Bestürzung über die Vertragskünd igung zum Ausdruck gebracht. ,,Wer das ruhmvolle Wirken der Schwestern aus eigener Erfahrung und Anschauung kennt, wer da weiß, daß dieselben mit Aufopferung ihres Lebens vol le 19 Jahre zur vollsten Zufriedenheit gewirkt, und dieses Wirken in neuester Zeit noch erhöht haben, der muß nicht bloß dem im Alpenboten ausgesprochenen Satze: 'das Spita l zu St. Anna ist eine vortreffliche Heilanstalt, und eine der vorzügl ichsten Zierden unserer ura lten kathol ischen Stadt', von ganzem Herzen beipflichten, sondern auch alle seine Kräfte dazu verwenden, daß im Interesse der ganzen Stadt, eine so vortreffl ich geleitete Heil - anstal t, e ine so vorzügliche Zierde der katho li schen Stadt erha lten b le ibe. Daß d ie ehrwürdigen Schwestern gekündigt haben, ist nicht b loß bedauerlich, sondern vie lmehr beklagenswerth, aber wir begreifen vol lkommen, daß es so kommen mußte. Ohne in die leidige Angelegenheit, d ie nun auf einmal als Mißverständniß erscheint, näher einzugehen, erlauben wir uns nur auszusprechen, daß es ganz andere Mittel gäbe, der wachsenden Syphi lis zu steuern, a ls dadurch, daß derartige Erkrankte den Schwestern zur Pflege überwiesen werden. Die in den Verträgen bezeichneten Syphi liti schen zu pflegen, haben sich die Ehrw. Schwestern niemals geweigert." Schl ießlich richten die Unterzeichneten an die „Männer unseres Vertrauens, die im Gemeinderathe die Interessen der Gemeinde die ehrende Aufgabe übernommen haben", die ergebenste Bitte, den Wunsch ihrer Wähler zu erfü ll en und so ba ld als möglich zur vol len Zufriedenheit der Ehrw. Schwestern zu entscheiden, das Referat in andere Hände zu legen und die Ordensvorstehung in Wien zur Zurücknahme der Kündigung zu bewegen. Am 24. Jul i 1868 war bereits eine städtische „Spezia lkommiss ion" mit den Gemeinderäten Schweikofer, Vogl und Gründ ler gebildet worden, die sich mit der Krankenpflege zu befassen hatte und die nunmehr auch mit der neuen Si - tuation befaßt wurde. Die Spezia lkommission gab dem Gemeinderat gegenüber am 22. August 1869 eine ausführliche Stell ungnahme ab, deren Inhalt jedoch nicht gerade geeignet war, das gestörte Verhä ltnis zu den Barmherzigen Schwestern zu bessern. Eingeräumtwurde, daß der Vertrag vom 5. Juni 1849 in mehreren Bestimmungen „den Anforderungen der Zeit, der zunehmenden Bevölkerungszah l nicht entspreche, da mit den Pflichten der Gemeinde-Vertretung als Verwa lterin des milden Versorgungsfondes, und a ls san itätspoli zeiliche Behörde in direktem Widerspruch stehe". Beanstandet wurde, daß bezüglich der Kranken, d ie im Notfall aufgenommen werden sol len, der „Orden vol lständig freie Hand behä lt". Indem bezüglich „der Aufnahme anderer Kranken aber keinen Einfluß zu üben berechtigt ist, ist derGemeinde ei nes der wesentli chsten Rechte entzogen, und ein Zustand geschaffen, der mit den Anforderungen der Humanität in keiner Weise vereinbarli ch ist". Die Gemeinde könne es, wenn „kein rechtloser Zustand bestehen soll, nicht in das Belieben eines Dritten , wie hier in die Diskretion des Ordens setzen, ob der arme nicht transportable Kranke im Spitale der Stadt Aufnahme finde oder nicht". Ergo: die Stadt müsse sich die Verfügung über die Aufnahme der Kranken vorbehalten, und sie hätte sich d ieses Recht auf jeden Fall sichern müssen, auch wenn ihr die Schwestern

mit der Kündigung des Vertrages nic ht zuvorgekommen wä ren . Es mißfiel der Spezial kommission, daß laut Vertrage vom Jahre 1849, daß „die Gemeinde über die Art der Verwendung dieses Geldesgar keinen Einfluß zu nehmen hat, daß sie keine Rechnung hierüberverlangen könne, daß sie sic h überhaupt in die pekuniären Verhä ltniße des Ordens in keiner Weise zu mischen hat. Diese 2200 Gulden C.W. werden ausdem milden Versorgungsfonde entnommen, als aus einer Stiftung, deren Verwaltung gesetzlich und stiftbriefmäßig der Gemeinde-Vertretung zusteht. Der Betrag von 2200 Gu Iden C.W. ist eine bedeutende Rente dieses Fondes, und für die Verwendung dieses Betrages ist gesetzlich und stiftbriefmäßig die Gemeinde-Vertretung verantwort lic h. Die GemeindeVertretung kann sich daher, wenn sie ihre Pflicht erfüllen soll, niemal s des Rechtes begeben, auf diese Verwendung Einfluß zu nehmen, und dieselbe zu kontro llieren ." Um das Aufsic htsrecht der Gemeinde sicherzustellen, müsse auf jeden Fall, so die Spezialkommission, auf eine Änderung dieser Bestimmung aus dem Vertrag vom 5. Juni 1849 gedrungen werden. Ferners seien die Vertragsbestimmungen über die Aufnahme der Syphili - tischen so unklar, daß die Differenzen die „natü rliche und nothwendige Fo lge der zweife lhaften Vertragsbestimmung" gewesen seien. ZWIST UM DIE SYPHILISKRANKEN Zur Petition vom Apri l 1869, an „derenSpi tze die beiden Pfarrämter stehen", meint die Spezia lkommission, daß sie der Äußerung, man wä re mit der Krankenpflege der Barmherzigen Schwestern bisher zufrieden gewesen, zustimme, daß sie jedoch niemals einem Schritte einraten könne, der ,,die Rechte, die Ehre und Würde der Gemeinde-Vertretung beeinträchtigen würde". Also: nur keinen Canossagang bei den ehrwürd igen Schwestern! Im übrigen, so die Spezia lkommiss ion, habe der Orden mit Vertrag vom 15. August 1849 zugestimmt, daß vorkommende Anstände zwischen dem Magistrat und der Ordensoberin dem k.k. Kreisamt zur Entscheidung vorgetragen werden. Der Orden habe dies hinsichtlich des Zwistes um die Syph iliskranken unterlassen, sondern sei g leich mit der Kündigung vorgegangen, so daß die Spezia lkommission folgern müsse, die Kündigung sei schon vorher eine beschlossene Sache gewesen. Die Gemeinde müßte sich „geradezu ihres Rechtes begeben, sie müßte a ls selbständiger Vertragstheil geradezu aufhören zu existiren, wenn sie auf das Ans innen eingienge, um Zurückna hme der Kündigung b ittlic h zu werden". Wol le man jedoch auf die Petition e ingehen, denn es stehe außer Zweifel, daß die „Schwestern die Krankenpflege mit Liebe und Ausdauer besorgten, daß wenig Klagen über die Behandlung der Kranken und Pfründner laut wurden", so erachte es die Spezia lkommission für nothwend ig, ganz neue Grundlagen hinsic htlic h eines Vertrages und einer der Zeit entsprechenden Organisation zu schaffen, wobei sic h die Gemeinde das Recht wahren müßte, Kranke nach Maß der Räume dem Spita l zuzuweisen und die Kontrolle ausüben zu können. Es müßte auch ein neuer Maßstab für die Entschäd igung der Schwestern gefunden werden, entweder durch einen Pauscha lbetrag oder durch sonstige Entlohnung. Bezüglich derSyphil iskranken erachte es die Spezialkommission für zweckmäßig, einen Zubau zum Sonders iec henhause zu errichten und hinsic;::htlich der Heilung und Pflege der Syphi liskranken mit dem Orden einen Separatvertrag abzusch ließen . Im übrigen sei es müßig, sich näher mit Vertragsbedingungen zu befassen, solange der Orden nicht die Erklärung abgegeben habe, die Krankenpflege auch wei terhin zu übernehmen . Die Spezialkommiss ion ste llte daher im Gemeinderat den Antrag, der Orden der Barmherzigen Schwestern solle über den Bericht der Spezia !kommiss ion in Abschrift informiert und ersucht werden, binnen vierWochen sic hzu äußern, ob er auf Grundlage neuer Verträge bereit sei, die Krankenpflege in St. Anna und die Betreuung der Pfründner im Sondersiechenhause fernerhin zu übernehmen. Der Orden müßte sich allerdings mit dem Zuweisungsrecht des Magistrates und dem stiftsbriefmäßigen Aufsichtsrecht einverstanden erklären . Am 16. November 1869 machte Bürgerme ister Pöltl, aufgrund des Gemeinderatsbeschlusses vom 14. November, der Schwesternschaft den Vorschlag, die Stadt Steyr wolle dem Spital 30 Heller Verpflegsgebühr pro Tag und Kranken zahlen, die Honorare für d ie Ärzte und die Apothekenkosten übernehmen, dagegen aber die zuletzt bestehende Pauscha lsubvent ion von 2310 Gulden im Jahr einstellen. Die Antwort kam von der Ordensle itung in Wien: Die Barmherzigen Schwestern könnten einem Verpflegssatzvon 30 Hellern wegen der Teuerung auf dem Lebensmittelmarkt nicht zustimmen, sie würden jedoch zu den früheren Bedingungen, jedoch unter Ausschluß der Siph iliskranken, bei einer aufgebesserten Subvention die Spita lsregie zu St. Anna sowie d ie Honorierung der Ärzte und die Übernahme der Apothekenkosten fortsetzen. Hinsichtlich des Sondersiechenhauses jedoch b leibe die Kündigung vom 15. März 1869aufrecht. ,, Es wolle daher d ie Einleitung getroffen werden, daß d ie daselbst bed iensteten Schwestern ba ldmöglic hst abberufen werden." Der Streit, der sich fast zwei Jahre hingezogen hatte, fand mit beidsei ti ger Einsicht ein schnell es Ende.Am 7.Dezember Primarius Dr. Vikfor Klotz 1869 ri c htete Bürgermeister Pöltl folgendes Schre iben an die Leitung der Barmherzigen Schwestern zu St. Anna : ,, In Erledigung der mit schätzbarer Zusch rift am 4. d . Mts. mitgetheilten Schreiben der lnstitutsvorstehung der Barmherzigen Schwestern in Wien vom 3. d. Mts. beehre ich mic h die Mittheilung zu machen, daß der Gemeinderath in seiner Sitzung vom 6. d . Mts. den einhelligen Beschluß gefaßt habe, daß die sifilitisch Kranken vom Sondersiechenhause entfernt, und in einem anderen städtischen Gebäude untergebracht und behandelt werden, und daß es bezüglich der Krankenpflege im St. Anna Spitale so wie im Sondersiechenhause nach den bisherigen Modalitäten mit Ausnahme der sifilit isch Kranken sein verb leiben habe. Auf Grund dieses Beschlußes erwartet demnach derGemeinderath, daß die geehrte lnstituts-Vorstehung die veranlaßte Kündigung der Verträge zurückziehen werde." Kurz und bündig war auch das Einverständnis des Ordens mit Schreiben vom 15. Dezember 1869 an die löbliche Gemeinde-Vorstehung : ,,Zu Folge des Beschlußes des löblichen Gemeinderathes in der Sitzung vom 6. Dezember 1869 erklärt die lnsti tutsvorstehung der Barmherzigen Schwestern, daß sie die frühere Kündigung der Verträge zurückziehe, und die fernere Besorgung des St. Anna Spital s und Sondersiechenhauses bereitwil lig übernehme nach den bisheri - gen Modalitäten." 9

Das Spital St. Anna, nach der ursprünglichen Bestimmung für Stiftlinge aus dem Mildenversorgungsfonds, für erkrankte Gesel len des Maurer- und Steinmetzgewerbes sowie für Bedürftige, die aus dem Armenrecht versorgt wurden, gedacht, hatte schon immer, nach Maßgabe der vorhandenen Krankenbetten, auch Kranke anderer Herkunft aufgenommen. Mit der Zunahme der Bevölkerungszahl, bedingt durch die steigenden Beschäftigungszah len in der Werndlschen Waffenfabrik, entstand eine Situation, die den Magistrat im Jahre 1892 zwang, das Öffentlichkeitsrecht für das städtische Krankenhaus anzustreben. Die Zustimmung der k.k. Stattha lterei erfolgte noch im Jahre 1892, doch wurde sie erst am 3. Februar 1894 im Landesgesetz- und Verordnungsblatt für Oberösterreich mit folgendem Wortlaut offiziell kundgetan: ,, infolge der mit dem Beschlusse des oberösterreichischen Landtages vom 20. September 1892 ertheilten Zustimmung und mit Genehmigung des hohen k.k. Ministeriums des Inneren vom 18. December 1893, Z.20.590, wird das städtische St. Anna-Spita l in Steyr im Sinne des Ministerial-Erlasses vom 4. December 1856, Z.26.641, und nach Inhalt der von der Stadtgemeinde Steyr vorgelegten Statuten vom 25. September 1891 als eine allgemeine öffent li - che Krankenanstalt anerkannt. Dies wird mit dem Beisatze zur allgemeinen Kentniß gebracht, daß von dem Gemeinderathe der Stadt Steyr mit dem Beschluße vom 25. September 1891 die auch in die Statuten dieser Krankenanstalt aufgenommene Verpflichtung übernommen wurde, die zur Stadtgemeinde Steyr zuständigen, in diese Heilanstalt aufzunehmenden Kranken ohne irgendwelche Inanspruchnahme des Landesfonds aus eigenen Gemeindemitteln, beziehungsweise aus milden Stiftungsmitte ln zu verpflegen." Wie diesem Text zu entnehmen ist, hat sich die Stadtgemeinde Steyr im Ansuchen um die Gewährung des Öffentl ichkeitsrechtes, das vom Landtag noch im September 1892 genehmigt wurde, doch erst noch der Zustimmung des k.k. Ministeriums des Inneren bedurfte, ausdrücklich verpflichtet, für das Krankenhaus in Steyr keine Landesmittel in Anspruch zu nehmen. Aus dem Jahre 1886 liegt e in Bericht vor, wonach im Jahre 1885 im Spital zu St. Anna 593 arme Kranke mit 16.783 Verpflegstagen in ärztlicher Behandlung 10 -Die Neuerrichtung des Krankenhauses und Pflege gestanden waren; das entspricht einer durchschnittl ichen Aufenthaltsdauer von 28 Tagen. 64 Patienten waren durch Tod abgegangen . Bei Jahresende waren 48 Kranke im Spi tal verblieben, was dem Durchschnittsbelag nahekommt. Die Auslagen zur Herhaltung des Spitalsbetriebes wurden mit 7682 Gulden beziffert, die vielen Spenden an Holz und Viktualien nicht gerechnet. Noch immer waren die Barmherzigen Schwestern neben den Verpflegsgebühren, die vom Magistrat bezahlt wurden, auf wohltätige Spenden angewiesen, und so heißt es im genannten Bericht: ,,Wieviele arme Kranke haben also liebevol le Aufnahme, Pflege und dadurch ihre Gesundheit wieder erhalten, welche sonst oft in ihrem Elende zugrundegegangen wären! Wir sind überzeugt, daß die Barmherzigen Schwestern, welche mit bewunderungswürdiger Selbstaufopferung und Hingabe ihr ganzes Leben dem Dienste der Kranken und Waisen widmen, auch in diesem Jahre w ieder rechtzahlreicheWohltäter finden werden, die sie unterstützen in ihrem Werk christlicher Liebe." Die Barmherzigen Schwestern hatten sich in St. Anna nicht bloß der Krankenpflege gewidmet, sondern dort im Jahre 1860 auch ein Waisenhaus errichtet, das am 24. September 1860 von Bischof Franz Joseph Rudigier eingeweiht wurde. Dank der tatkräftigen Unterstützung durch Frau Werndl konnten dort zunächst elf Waisenkinder Platz finden. Im Jahre 1885 wurde das Waisenhaus vergrößert, so daß schon 62 Zöglinge, 18 Knaben und 44 Mädchen, aufgenommen werden konnten . Für diesesWaisenhaus war im Jahre 1879 zusätzlich eine Privatschule geschaffen worden, - eine Stiftung, die in den folgenden Jahrzehnten Segensreiches an den Kindern geleistet hat und die in der Volks- und Hauptschu le St. Anna noch heute fortlebt. UNHALTBARE ZUSTÄNDE Die Jahre 1892 bis 1916waren imSpital St. Anna vom Wirken des Arztes Dr. Viktor K I o t z geprägt, der mit 1. Jänner 1892 seine Tätigkeit aufgenommen hatte und nach Verleihung des Öffentl ichkeitsrechtes als Primararzt die Leitung des Krankenhauses versah und dort - trotz wachsender Schwierigkeiten - bis zum Jahre 1916, also bis zur Eröffnung des Krankenhausneubaues an der Sierninger Straße, ausharrte, vielfach allein in der ärztlichen Betreuung der Patienten, denn es war schwierig, einen Bewerber für die ausgeschriebene Assistenzarztstelle zu finden . Die Erschwernisse, unter denen Primararzt Dr. Viktor Klotz seine Arbeit verrichtete, lagen einerseits im Anwachsen der Bevölkerung, die auch die Zahl der Kranken vermehrte, die Spita lsbehandlung brauchten, andererseits aber in der Tatsache, daß sich in den Jahrzehnten, in denen das Spital St. Anna nun schon in Betrieb war, die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft wesent lich erweitert hatten . Die Konskription vom Jahre 1850 hatte für Steyr eine Zahl von 11 .005 Einwohnern ergeben. Nach der Volkszäh lung des Jahres 1857 lebten damals in Steyr 7331 Einheimische und 3421 Fremde, zusammen a lso 10.752 Personen. Dann stieg die Einwohnerzahl sprunghaft. 1880 wurden schon 17.199 Einwohner gezählt, im Jahre 1890 waren es bereits 21.499 (einschließl ich 382 Mann Garnison). Die Zahl der in Steyr wohnhaften Personen sank dann zwar bis zum Jahre 1900, bedingt durch den schwankenden Beschäftigtenstand in der Waffenfabrik, auf 17.592 ab, doch auch für eine Population in dieser Größe war das Spita l zu St. Anna spürbar zu klein geworden. PRIVATE INITIATIVEN Den Übelstand hatte die Private Therese Praschek, Stadtplatz 42, schon im Jahre 1876 erkannt, denn sie vermachte dem Spita l zu St. Anna ein Kapital an Wertpapieren im Betrage von 10.200 Kronen, das nach dem Ableben ihres Sohnes im Jahre 1899 dem Magistrat in Höhe von 9407 Kronen ausgefolgt wurde. Der Gemeinderat beschloß am 26. Jänner 1900, dieses Kapital „zur Schaffung eines Fonds zum seinerzeitigen Bau eines neuen Spitales" bei der Sparkasse in Steyr anzulegen, und fügte diesem Fonds noch 5000 Kronen aus städtis~hen Mitteln bei. Die Überlegung g ing also bereits in Richtung eines Krankenhausneubaues, doch e inen bedeutenden Schritt zur Verwirklichung dieses Vorhabens tat erst Herr Johann Haratzmüller durch eine großzügige Stiftung. Haratzmüller hatte aus seiner Verlassenschaft 200.000 Kronen zur „Erbauung und Errichtung e ines neuen städtischen Krankenhauses" bestimmt. Am 20. März 1903 - Johann Haratzmüller war am 28. Dezember 1902 gestorben - besch loß der Gemeinderat unter Vorsitz von Bürgermeister Viktor

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