75 Jahre Enrica von Handel-Mazzetti 1946
Der Bildnis- und Historienmaler Joseph Abel ist ein bedeutender Vertreter der klassizistischen Nichtung, Joseph Sutter wurde zu einer führenden Persönlichkeit im Kreise der nazarenischen Maler in Nom und München, Johann Baptist Wengler pflegte biedermeierlichen Nealismus in Landschaften und bäuerlichen Trachtentypen, desgleichen Joseph Zinögger in meisterlichen Blumenstücken und Joseph Wall¬ hamer vermochte es in der damals hochentwickelten Bildnismalerei in Aquarell zu selbständiger Eigenart und Kraft zu bringen. Aus dem Biedermeier hervor¬ gehend, brachte sich Johann Baptist Neiter in seinen reifsten Spätwerken durch Feinheit des Kolorismus, Erfassung des Geelischen und geistreiche Auswertung des Motivs in eine Reihe mit Anton Nomako. Er ist vielleicht die größte male¬ rische Begabung, die Oberösterreich hervorgebracht hat, sein Zeitgenosse Karl Kronberger vermochte es trotz hoher Befähigung nicht, sich in seinen reizvollen Sittenbildern aus der Befangenheit im Gegenständlichen zu befreien. Von den drei oberösterreichischen Malern der jüngsten Vergangenheit, die den Gegenstand der vorliegenden Betrachtung bilden sollen, nämlich Alois Greil, Klemens Brosch und Matthias May, ist der erste gleichfalls nahezu ausschließlich dem Sittenbild verschworen, ja im Gegenständlichen seiner Darstellungen nicht nur befangen, sondern geradezu verstrickt. Greil hat sich nicht allein in seine mensch¬ lichen Gestalten, vielmehr in jede Einzelheit ihrer Umgebung, in den kleinsten Gegenstand so tief versenkt, daß diese im Bild in neue magische Wirklichkeit springen. Sie erhält jedoch ihre geistige Verklärung durch jene zutiefst menschliche und künstlerische Gabe, die so selten ist: den Humor. Alois Greil, heute noch fast ebenso vergessen wie bei seinem Tod im Jahre 1902, gehört dennoch als dritter und jüngster zu den größten deutschen Künstlerhumoristen Karl Spitzweg und Wilhelm Busch. Spitzweg geht aus der Romantik hervor und wächst über sie durch seine meisterliche Beherrschung des Malerischen und durch seinen ungewöhnlichen sind durch¬ Kolorismus hinaus. Gegenstand und Stimmungsgehalt seiner Bilder wegs romantisch, der Humor geht nicht unmittelbar aus ihnen hervor, sondern ist eben auch im Sinne der Romantik eine absichtliche Hinzufügung romantische Ironie. Die noch jetzt im Wachsen begriffene Geltung Spitzwegs ist vor allem darin zu sehen, daß er ein höchst bedeutender Maler war, dem zu seiner Aner¬ kennung der ihm eigentümliche Humor eigentlich im Wege stand. Man genoß zuerst den anheimelnden Gegenstand seiner Bildchen und übersah dabei deren blendend malerische, man könnte sagen: französische Qualitäten. Busch, der fast ein Vierteljahrhundert jünger ist, hängt dennoch gleichfalls lose mit der Nomantik zusammen, wie seine ersten Münchner Bilderbogen dartun. Aus ihr hat sich der niederdeutsche Meister erhoben, indem er bei den nachbarlich nahen Niederländern Zuflucht nahm. Busch war geborener Humorist, in Wort und Bild, einer wie ihn die Welt kein zweites Mal hervorbrachte. Er hat sich mit der Zeichenfeder, welche die winzigen Kritzeleien ausführte, bis in die Höhen der Kunst erhoben. Hals, Brouwer, Teniers haben ihn dahin geleitet, jene fröh¬ lichen, munteren Niederländer, die aber im Grunde niemals echte Humoristen waren. Humor setzt einen Konflikt voraus, meist mit den alltäglichen Dingen, den Gegenständen, wie sie etwa einem Charlie Chaplin auf der Filmleinwand ent¬ gegenstehen. Vom Standpunkt des Malers gesehen, bedeutet dies zuhöchst ge¬ triebenen Realismus, ein völliges Durchdringen aller Nealität, sei sie Mensch, 96
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