75 Jahre Enrica von Handel-Mazzetti 1946

Verborgene Mleister brei Maler aus Obeeösterreich. Dr. Justus Schmidt. Wer sich in das künstlerische und geistige Schaffen vergangener Zeiten in Oberösterreich vertieft, wird mit Erstaunen die Fülle und Mannigfaltigkeit der Leistungen feststellen, mit denen sich dieses kleine Land oftmals führend in die großen Zeitströmungen einfügte. Zu allen Zeiten hat es bedeutende Persönlich¬ keiten hervorgebracht und ist anderseits solchen, die aus der Fremde herkamen, zur neuen Heimat geworden. Ja, die einzigartige Schönheit der Landschaft hat die Schaffenskraft dieser Zugewanderten oft zur Höchstleistung erhoben. Im Bereich der Wissenschaft schwingt die Kurve von den Pionieren der Naturerfor¬ schung im Spätmittelalter Johann von Gmunden und Georg von Peuerbach über den gewaltigen Himmelsergründer Johannes Kepler bis zu den großen Arzten der jüngsten Zeit, Wagner-Jauregg und Eiselsberg. An der Dichtkunst hat Ober¬ österreich lebendigsten Anteil seit den zarten Frühlingstagen des beginnenden Minnesanges, die Innigkeit des Gefühls voll bebender Verhaltenheit hat diese Dichtungsform nie wieder erreicht, mit der sie die beiden Söhne des Landes, Dietmar von Aist und der Kürnberger, eingeleitet haben. Der oberösterreichische Meistergesang, an Ehren nicht allzu reich, kann doch die für sich beanspruchen, Lehrmeister von Hans Sachs gewesen zu sein, und im volltönenden Chor der Barockdichtung stehen Sänger wie Simon Redtenbacher und Michael Denis, der plauderhaft munteren Erzähler Matthias Abele und Johann Beer nicht zu ver¬ gessen. Das vergangene Jahrhundert jedoch wird durch das helle Dreigestirn der Dichtergestalten von reinstem Glanz Marianne Willemer, Adalbert Stifter und Franz Stelzhamer bestrahlt, wie auch das jetzige im Lichte dreier Großer teht: Hermann Bahr, Enrica Handel-Mazzetti und Nichard Billinger. Soll diese sich natürlich ergebende Dreiheit der Erscheinungen auch auf anderen Gebieten gesucht werden, so bietet sie sich gleichfalls wie von selbst auf dem der Malerei der jüngsten Vergangenheit in Oberösterreich dar. Auch diese farbenfrohe Kunst des Pinsels hat seit den frühesten Zeiten, da fleißige Mönche ihre Handschriften mit kleinen Gemälden schmückten, die an künstlerischer Kraft den großen Wandbildern nicht nachstehen, in diesem Lande köstliche Blüten ge¬ trieben. Die gotische Malerei hinterließ hier die unvergleichlichen Tafeln des Pacher-Altars zu St. Wolfgang, der Donaustil die nicht minder glanzvollen des Altdorfer-Altars zu St. Florian. In der Spätrenaissance wirkten der geniale Landschafter und Sittenschilderer Lukas von Valckenburg und der Meister des Bildnisses Jakob Seisenegger in Linz und vollends der Barock ließ die Farbenglut besonders an Deckengemälden wohl am reichsten in Oberösterreich aufleuchten. Inter den vielen Talenten ist allerdings nur ein einziges heimisches hervorge¬ treten, der aus Wels stammende Maler Wolfgang Andreas Heindl, der zudem seine reifsten Werke im benachbarten Bayern hinterließ. Die künstlerisch bedeutsame Zeit des Vormärz in Österreich hat dagegen auch in Ob der Enns eine ganze Gruppe vorzüglicher Talente hervorgebracht. 95

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