75 Jahre Enrica von Handel-Mazzetti 1946

Geschäftssinn der Direktoren, der sie in die „Provinz“ gehen hieß. Hier liegen schönste Möglichkeiten der Zukunft. Mit dem theaterfrohen Wels?s) allein wurde eine dauernde und dankbare Verbindung geschlossen, seit 1934 ist das Welser Stadttheater Linz angeschlossen; auf Steyr hingegen hat das Linzer Theater keinen nennenswerten Einfluß ausgeübt, Steyr hat sich schließlich, im Zug des industriellen Wachstums, verselbständigt. Die Versuche einer Vereinigung mit Bad Ischl liegen mehr als 100 Jahre zurück, schließlich aber geriet Ischl ganz unter den Einfluß von Wien und hatte des Sommers stets Gastspiele Großer und Größter; es würde eine nicht nur sommerliche Ergänzung zu Linz darstellen, nicht anders als Gmunden, das schon seit 1875 von Linz aus versorgt wird; diese reizend intimen Theaterchen des Salzkammerguts, wo noch alles Würde atmet und höfische Tradition, sie dürfen von kommenden Theaterplanungen nicht über¬ ehen und privater Unternehmungslust überlassen bleiben. Eine natürliche, wenn auch nur gelegentliche, Vereinigung ergab sich mit Bad Hall, weite Ausgriffe aber führten nach Budweis und Marienbad, das unter Laska Sommertheater von Linz war, nach Innsbruck, das 1922—24 unter Höller dieselbe Direktion wie Linz ertrug, und ab 1938 auch nach Passau. 1884 tauchte der Plan, Linz zum Mittelpunkt von 6 oberösterreichischen Theatern zu erheben, auf (Linz, Wels und Steyr waren als Winter-, Ischl, Gmunden und Bad Hall als Sommerbühnen jedacht) — heute sind es 24 theaterbedürftige Orte im Land, die einer Be¬ treuung harren. Eine kommende Theatergeschichte des Landes wird aber, wozu noch wenig Material gesammelt ist, all der vielen nicht berufsmäßigen Bühnen und Bühnen¬ leistungen gedenken müssen, die zusammen erst dem Wort vom Theaterlande Ober¬ österreich vollen Sinn verleihen. Vermerkt seien Liebhaberbühnen wie Krems¬ münster (das unter Ludwig Fischer-Colbrie's Leitung seine Glanzzeit hatte) oder die bis 1938. regelmäßig spielende volkstümliche Linzer Gesellenvereinsbühne, oder das auf ansehnlicher Höhe stehende Schul- und Stiftstheater (wieder Krems¬ münster, Freinberg Linz29), Petrinum, Lambach, das Gymnasium Linz), nicht zuletzt die Bühnen der Vereine und Kongregationen beachtlich z. B. die Leistungen der Studentenbühne im Alten Dom, ab 1909, die die Handel-Mazzetti mit Freuden besuchtes°) oder die der „Hochschülerhilfe“ im Redoutensaal (1924—28), der Institute und Stiftungen, gar nicht zu reden von den zahlreichen festlich¬ propagandistischen Darbietungen der politischen Organisationen aller Nichtungen. Und nochmals: Oberösterreich ist ein Theaterland. Schon deshalb war die Linzer Bühne stets Sammelplatz und Sprungbrett neuer Talente, die hier sich schulten und reiften und dann den Weg nach außen fanden, zu ruhmvoller Be¬ deutung: aus diesem Jahrhundert seien nur genannt der Komiker Josef Egger *) S. der zusammenfassende Artikel „Kulturbeziehungen unserer Bühne“ von Dr. Franz Pfeffer, Tages-Post 1940, Nr. 304 *8) Das unter dem Regietalent des Rektors P. Alfons Duschek (1922—26) besonderen Aufschwung nahm 30) Ihrem Begründer, dem theatersinnigen Schweizer Dichter P. Josef Waibel S. J., ist sie in Freundschaft verbunden. 90

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