75 Jahre Enrica von Handel-Mazzetti 1946
Hinsicht eine Umwälzung, sie bedeutete auch für die innere Struktur des Landes mit dem dadurch bedingten Untergang so vieler kultureller Mittelpunkte eine Wende, die den Aufstieg des dritten Standes, der Bürgerlichen, einleitete. Das Toleranzpatent des Jahres 1781 eröffnete dem bisher noch immer im Verborgenen blühenden Protestantismus das Recht auf freie Neligionsübung und es zeigte sich, daß die Lehre Luthers vor allem im Salzkammergut, dann noch in der Welser Heide, bei Vöcklabruck und Eferding eine große Anzahl von Anhängern hatte Die bloß zweijährige Regierung Leopold II., der im Jahre 1790 seinem Bruder in der Regierung folgte, war zunächst bestrebt, die revolutionäre Stim¬ mung, die sich als Folge der überstürzten Reformen Josef II. allenthalben gezeigt hatte, durch eine Restauration zu dämpfen, hielt aber doch an der grundlegenden Entwicklung im Sinne des aufgeklärten Absolutismus fest. Kaum hatte sein Nachfolger Franz II. die Regierung angetreten, als die Heere des revolutionären Frankreich mit ihrem Siegeszug gegen die konservativen Mächte Europas ein¬ setzten. Im Dezember des Jahres 1800 besetzten die Franzosen ganz Oberöster¬ reich und rückten bis in die Nähe von Wien; erst nach dem am 9. Februar zu Luneville abgeschlossenen Frieden verließen sie wieder unser Land. Im Jahre 1805 wollte Österreich im Vereine mit Rußland und England gegen Napoleon vorgehen; im September dieses Jahres überschritten österreichische Truppen den Inn, er¬ litten jedoch bei Ulm eine vernichtende Niederlage, sodaß die Franzosen einen Monat später durch Oberösterreich nach Wien marschierten, das am 13. November besetzt wurde. Oberösterreich blieb nach dem Preßburger Frieden bis zum März 1806 besetzt und mußte schwere Kriegslasten tragen. Unter der Leitung Erzherzog Karls erhob sich Österreich neuerdings im Jahre 1809 gegen die Herrschaft Napoleons. Nach einem im April angetretenen Vor¬ marsch bis nach München, gelang es Napoleon, die österreichische Armee zu trennen und zurückzudrängen. Ihr linker Flügel unter dem Befehle Hillers nahm den Weg über Oberösterreich wo es am 3. Mai in Ebelsberg zu einem Gefecht kam; trotz tapferster Gegenwehr der Wiener Freiwilligen und der Landwehr konnte ein weiteres Vordringen der Franzosen damit nicht aufgehalten werden. Ebenso hatten kleinere Gefechte im Mühlviertel keinen Einfluß auf den Gang der Kampf¬ handlungen. Österreich mußte am 14. Oktober 1809 zu Wien einen Frieden abschließen, der ihm neben anderen bedeutenden territorialen Verlusten auch die Abtretung des ganzen Innviertels und des westlichen Hausruckviertels kostete. Der verbliebene Rest Oberösterreichs wurde im Fänner 1810 geräumt; der abgetretene Teil von den Franzosen im September den Bayern übergeben, deren Heerführer Marschall Wrede die Herrschaften Mondsee, Suben und Engelszell als Reichlehen erhalten hatte. Nach der endgültigen Besiegung Napoleons verlangte Österreich die 1809 abgetretenen Gebiete zuruck, wozu die Bayern jedoch durch einen starken Druck gezwungen werden mußten. Gleichzeitig mit der Rückgabe des Innviertels und der Parzellen des Hausruckviertels entsprechend dem Münchener Vertrag vom 14. April 1816 kam das ehemalige Fürsterzbistum Salzburg an Österreich und wurde, obwohl es ein selbständiges Land blieb, von der oberösterreichischen Landes¬ regierung bis zum Jahre 1850 als fünfter Kreis verwaltet. Seit den Napoleonischen Kriegen blieb unser Heimatland 130 Jahre hin¬ durch glücklich von Krieg und Besatzung verschont. Die innere Erschütterung, welche das Land nach so vielen Leiden durchzitterte zeigt sich in den beiden Sekten¬ bewegungen des Seelsorgers Pöschl, die es in ihrer Verirrung sogar bis zu 63
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