75 Jahre Enrica von Handel-Mazzetti 1946

setzen, offenbar weil er wußte, daß hier der wundeste Punkt in der katholischen Macht Österreichs lag. Der Sieg Erzherzogs Ferdinands bei Nördlingen machte jedoch den augenblicklichen Aussichten wieder ein Ende. Nur im Mühlviertel ent¬ fesselte in der Gegend von Gallneukirchen Martin Laimbauer seit 1634 eine neue Bewegung, die schließlich 1636 in einen offenen Aufstand ausbrach; bei Franken¬ berg unweit von Luftenberg fiel Laimbauer nach verzweifeltem Kampf mit den vom Landeshauptmann aufgebotenen Truppen in Gefangenschaft; es hatte sich übrigens auch bei dieser Gelegenheit gezeigt, daß es vor allem die noch verbliebenen protestantischen Beamten waren, welche die Nebellion indirekt gefördert hatten. Ein Jahr darauf, 1637, segnete Ferdinand II. das Zeitliche; in der Regent¬ schaft folgte ihm sein älterer Sohn Ferdinand III., der schon König von Ungarn und Böhmen und seit 1636 auch gekrönter deutscher König war. Das Kriegs¬ glück auf dem europäischen Schauplatze hatte sich inzwischen wieder den Prote¬ stanten zugewendet; die Schweden kamen 1641 bis Regensburg und drangen dann tiefer nach Böhmen ein. Eine akute Bedrohung für Oberösterreich trat jedoch erst im Jahre 1645 ein, als der kaiserliche Feldherr bei Tabor gefangengenommen wurde. Die Schweden rückten trotz ihres Erfolges nicht direkt in das Land ob der Enns ein, sondern zogen über Mähren nach Niederösterreich, von wo aus sie Ober¬ österreich im Rücken zu bedrohen schienen; erst im Dezember war diese Gefahr ab¬ gewendet. Im Jahre 1648 gelangten die Schweden über den Lech bis an den Inn, ohne ihn infolge eines Hochwassers überschreiten zu können. Kaum war diese Gefahr vorüber, streiften nach der gelungenen Überrumpelung von Prag die Schweden durch ganz Böhmen bis an die Grenzen des Mühlviertels. Der am 14. Oktober zu Münster und Osnabrück abgeschlossene Vertrag, in welchem Bayern ausdrücklich auf Oberösterreich Verzicht leisttete, brachte endlich den lange von allen ersehnten Frieden. Es ist begreiflich, daß die Hoffnungen der Protestanten während der ganzen Zeit der schwedischen Kriegserfolge wach geblieben waren, ja es bestand unmittel¬ bar vor dem Friedensschluß wieder eine Stimmung zu einem neuen Aufruhr, der aber bloß in der Herrschaft Kammer offen aufflackerte. Die Beendigung des Dreißigjährigen Krieges gab nun den Landesfürsten die Gelegenheit, die pro¬ testantische Opposition wirksam und endgültig zu unterdrücken. So ergingen 1650 und 1652 neue scharfe Dekrete, denen zufolge alle unkatholischen Untertanen aus¬ zuwandern hätten; tatsächlich setzte daraufhin in verschiedenen Herrschaften eine lebhafte Auswanderungsbewegung ein, deren nächstes Ziel die Reichsstadt Regens¬ burg bildete, von der aus sich die Emigranten meist in Franken eine neue Heimat suchten Da Ferdinands ältestere Sohn seinem Vater im Tode um drei Jahre voraus¬ eilte, trat sein Bruder Leopold I. im Jahre 1657 die Thronfolge an. In den An¬ fängen seiner Regierung war die revolutionäre Stimmung im Lande ob der Enns noch nicht ganz verflogen, denn die Untertanen der Herrschaft Wildeneck bei Mond¬ see erhoben sich gegen die Abgabe der ihnen allzuhoch erscheinenden Steuern; eine von Soldaten unterstützte Kommission (1662) bereitete der Bewegung ein Ende, zumal den Bauern die Rückstände geschenkt wurden. Das war der letzte Ausklang einer fast anderthalb Jahrhunderte ununterbrochenen Kette von Bauernaufständen, die trotz ihrer nicht gleichartigen Hintergründe in gewisser Hinsicht als eine ein¬ heitliche Volksbewegung aufgefaßt werden müssen. 59

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