75 Jahre Enrica von Handel-Mazzetti 1946

die Wiederherstellung des alten Glaubens, sodaß Ferdinand selbst im Jahre 1624 die Rekatholisierung erneut in die Hand nehmen mußte. Die protestantischen Prediger und Schulmeister wurden gezwungen das Land kurzfristig zu verlassen, das Landhaus gesperrt und eine strenge Bücherzensur durchgeführt. Die Stände, welche nach wie vor die Religionsfreiheit forderten, erklärten schließlich aber doch am 18. Februar 1625 die bedingungslose Unterwerfung, wo¬ rauf der Kaiser ein Pardonnierungsdekret ergehen ließ. Da zeigte sich plötzlich bei den Bauern ein zunächst unscheinbares Aufflackern des Widerstandes in Natternbach, dem Herberstorff zunächst keine Beachtung schenkte, dafür aber das nächste Mal, bei Frankenburg mit dem psychologisch grausamen Würfelspiel (15. Mai 1626) ungewöhnlich hart zugriff und an Stelle der nicht habhaften Rädelsführer eine Anzahl Geiseln im standgerichtlichen Verfahren hinrichten ließ. Die Stände, welche durch ihren Abgesandten Gundakar von Polheim deutlich genug erkennen ließen, welcher Gesinnung sie waren, hatten am 7. Februar 1626 die Aufhebung des Reformationspatentes gefordert. Es wäre daher verfehlt, den großen oberösterreichischen Bauernaufstand als einen bloßen elementaren Aus¬ bruch der im Bauernvolke herrschenden Erbitterung und ein für sich allein stehendes Ereignis aufzufassen. Es scheint freilich so, als wäre der Anfang von dem Aufgebote, welches die beiden Bauernhauptleute Stefan Fadinger und Christof Zeller im Hausruck und Mühlviertel ergehen ließen, eingeleitet worden. Nach einem anfänglichen Siege über Herberstorff bei Peuerbach (21. Mai) folgte die kampflose Besetzung der Städte Wels und Steyr, dann die mehrwöchige Belagerung von Linz, während der Fadinger vom Landhause aus den todbringenden Schuß erhielt (18. Juni); der vergebliche Generalansturm leitete schließlich die absteigende Kurve des Bauern¬ krieges ein. Schon sah es aus, als ob die vom Landesfürsten eingeleiteten Ver¬ handlungen zu einer Beendigung des Widerstandes führen sollten, als die Bayern, welche bei einem guten Ausgang für den Bestand ihrer Pfandherrschaft fürchteten, durch einen Bruch des vereinbarten Waffenstillstandes (18. September) ein neues Aufleben des Kampfes herbeiführten. Trotz des auch vom Gegner hervorgehobenen heldenmütigen Einsatzes der in den Gefechten zu Emling bei Eferding, Pinsdorf bei Emunden und anderen Orten, dem Tode trotzig ins Auge blickenden Bauern, endete der Aufstand mit einem völligen Niederbruch im November 1626. Recht schwierig fällt der Versuch in die Hintergründe des erschütternden Er¬ eignisses, welches das Land ob der Enns in den Mittelpunkt des politischen Interesses jener Zeit versetzte, hineinzuleuchten. Sowohl die Bayern als auch die landesfürstlichen Behörden suchten die eigentlichen Urheber der Bewegung nicht in den Neihen der Bauern selbst, die nur zum Opfer ihrer versteckt arbei¬ tenden Drahtzieher geworden waren. Schwer im Verdacht stand der freilich im allgemeinen eine äußerst vorsichtige Haltung bewahrende protestantische Landadel, von dem nächst der aktiven Teilnahme einiger Mitglieder zumindest anfangs eine oft mehr als wohlwollende Haltung zu bemerken war. Ebenso verdächtig ist die Stellungnahme der Bürger in den Städten, die einen auffallend geringen oder gar keinen Widerstand gegen die Bauernheere leisteten und sie sogar durch Liefe¬ rungen unterstützten. Noch entscheidender ist die Tatsache, daß spätestens seit an¬ fangs Juni 1626 die geistige Führung des Aufstandes an den Steyrer Stadt¬ richter Madlseder und den Steyrer Advokaten Dr. Holzmüller überging. Trotz 57

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