75 Jahre Enrica von Handel-Mazzetti 1946
von Passau war und seine Politik unterstützte, an, mit den von ihm geworbenen Söldnern in Oberösterreich einzufallen (1610); ja er sicherte sogar den Ständer Religionsfreiheit zu, falls sie sich ihm anschließen würden. Er hatte jedoch damit keinen Erfolg, denn Matthias eroberte Prag und zwang Rudolf nun auch zum Verzichte auf Böhmen; seine Absetzung als Kaiser ersparte ihm der am 10. Jänner 1612 eingetretene Tod. Matthias hatte nun endlich das Ziel seines Strebens erreicht, doch lag die eigentliche Herrschaftsgewalt völlig in der Hand der prote stantischen Stände Inzwischen reifte in Böhmen der Ausbruch des bewaffneten Konfliktes zwischen den beiden um die Vorherrschaft in Europa ringenden Konfessionen heran. Der Prager Fenstersturz vom 23. Mai 1618 wurde zum Anlaß eines 30 jährigen Ringens, welches weite Länderstrecken in völlige Verwüstung und ins tiefste Unglück stürzte. Für die protestantischen Stände Oberösterreichs, die ganz auf der Seite der böhmischen Revolutionäre standen, schien mit dem am 20. März 1619 erfolgten Tode Matthias der günstige Augenblick zum Handeln gekommen. Unter dem fadenscheinigen Vorwande, dem weit weg in den Niederlanden weilenden Erzherzog Albrecht Gehorsam zu leisten, verweigerten sie seinem Nachfolger Ferdinand II., der ihnen als entschiedener Katholik verhaßt war, die Anerkennung. Als die revolutionären Böhmen Ferdinand für abgesetzt erklärten und an seiner Stelle Friedrich von der Pfalz zum Könige ausriefen, auf der anderen Seite aber Bethlen Gabor von Ungarn her gegen Wien anmarschierte, rückten die Stände ob der Enns unter der Führung Gotthards von Starhemberg mit ihren Truppen in Niederösterreich ein. Ferdinand hatte aber mittlerweile in Herzog Maximilian von Bayern einen tatkräftigen katholischen Verbündeten gewonnen, der allerdings für seine Hilfe nebst der Kurwürde die Auslieferung des allenfalls besetzten Landes ob der Enns verlangte. Sein Feldherr Tilly fand auf dem Vormarsche gegen Oberösterreich fast keinen organisierten Widerstand vor und konnte am 4. August 1620 in Linz einrücken, wo sich einige Wochen später die Stände zur Huldigung bequemen mußten. Maximilian von Bayern führte seine Truppen nach vollendeter Besetzung Oberösterreichs weiter nach Böhmen und vereinte sich dort mit den kaiserlichen Truppen unter Buquoi. In der Entscheidungsschlacht am Weißen Berge bei Prag (8. Nov. 1620) erlitten die Konföderierten einen völligen Zusammenbruch, der den damals noch nicht geahnten Untergang der protestantischen Ständemacht in Österreich herbeiführte. Die volle Wucht eines Strafgerichtes brach nun über den neben Böhmen bedeutendsten Hauptherd der protestantischen Nebellion, nämlich das Land ob der Enns, herein, wobei sich freilich die adeligen Führer durch eine rechtzeitige Flucht den Folgen entzogen. Am 6. März 1921 wurde Oberösterreich der bayerischen Pfandherrschaft übergeben und mußte nun all die Leiden einer drückenden fremden Besatzung erdulden. Der Statthalter Adam Graf Herberstorff ührte ein strenges Regiment, die Österreicher bekamen die viel härtere Art der Bayern zu kosten, sodaß zu dem Haß gegen die Besatzung noch durch stammes¬ mäßige Gegensätze genährt und gesteigert würde. Damals trat an die Stelle der bisher ausschließlich angewendeten Bennenung „Land ob der Enns“ im volks¬ tümlichen Gebrauch der Name Oberösterreich womit die Zugehörigkeit zu Österreich betont und hervorgehoben wenden sollte. Obwohl die Bayern ausgesprochene Ver¬ treter des katholischen Glaubens waren, kümmerten sie sich zunächst wenig um 56
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